Zum Inhalt springen

Topographia Hassiae: Eschwege

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
  ← Embs Eschwege Felsberg →  
aus Topographia Hassiae, Text von Martin Zeiller, Illustrationen von Matthäus Merian
        Eschwege in der Wikipedia      
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).


[T14]
[42]
Eschwege.


Diese Nider-Hessische Fürstlich. Statt Eischwiga wird mit ihrem alten Nahmen Eschenewege genannt / vielleicht von den Eschenbäumen / so deß Orths häuffig gestanden. Ist ein alte vnnd zimlich grosse Statt an einem sehr anmüthigen Ort / vnd am Vfer deß Schiff- vnnd Fischreichen Wassers Werra gelegen / auff welchem das Kraut / die Wayd genannt / so das Land Thüringen häuffig trägt / sampt der Farb darauß gemacht / ein Meyl wegs von Eschwege zu Schiff geladen / vnnd nach Münden / ferners auff der Weser nach Bremen / vnnd in das gantze Ostland geführet wird. Carolus der Grosse / soll Eschwege entweder erbawet / oder mit einer Mawer vmbfangen / vnnd auff S. Cyriaci Berg das Nonnen-Closter / darinn jetzt die Schul ist / auffgerichtet haben. Hernach als sie durch die Hungarische Krieg zerstöhret worden / vnd zu grund gangen / hat ihr Käyser Heinrich der Ander / vnd der Heilige zugenandt / wider auffgeholffen / sie mit newen Gebäwen vermehret vnd bereichert. Im Jahr 1387. ist diese Statt / in dem Krieg / welchen der Ertzbischoff zu Mäyntz / mit dem Land-Graffen geführt / an Hessen kommem: Vnd hat Anno 1581. LandGraff Wilhelm in Hessen das Fürstliche Hauß allhie auffs herrlichste / mit prächtigen Gebäwen / ernewren / vnd LandGraff Moritz Anno 95. mit kunstreichem Mahlwerck zieren lassen. Die Kirch zum H. Geist ward Anno 1433. gestifftet. Hat ein feine Pfarrkirch in der alten Statt; vnd in der Newstatt ist S. Catharinae Kirch; der Spital aber in dem Augustiner Closter. Hat auch ein feines Rathhauß / Weinkeller / vnd Kauffhauß. Die Mühl bey dem Schloß hat zehen Gäng; vnd der hohe Thurn zu S. Niclaus ist An. 1455. auffgeführt; vnd die steinerne Brück nechst bey der Statt A. 1536. die aber nechst beym H. Geist A. 1544. Wie auch A. 1578. vnd 80. das Hochzeit Hauß / vnd der Keller darunder; Item An. 1596. der newe Gasthoff / vnnd im Jahr 98. die Apotheck erbawet worden. Anno 1558. hat man einen Stollen / etlich hundert Ruthen lang / durch einen Berg geführet / ein Bronnenwasser auß dem Krötenpful / zu erhaltung eines in Fewrs Gefahr nöthigen Teichs / dardurch zu leyten. Dann es im 1555. Jar zuvor / sonderlich [43] aber Anno 1499. den grossen Holwigsbrant allhie gehabt. Hat auch in den Jahren 1559. 93. vnnd 1594. allda gebronnen. Anno 1598. ist der Gotts-Acker vor dem newen Thor erweitert / vnd mit einem Baw gezieret worden. Anno 1596. ist allhie ein StrassenRäuber / welcher / ausserhalb seiner vnzahlbaren Dieberey / 55. Mordthaten begangen / hingerichtet worden. Dilich. in Chron. Hassiae. Ens in delic. apodem. per Germaniam, pag. 221. etc. Anno 1375. zog Hertzog Otto von Braunschweig / Ott der Böß genandt / vor Eschwege auff Judica, ward aber wunderbarlicher Weiß abgetrieben / daher viel Jar auff Judica ein Bettag gehalten worden / wie J. Beccherer in Thüring. Chronic. pag. 353. erzehlet. In dem jetzigen Teutschen Krieg ist diese Statt viel innen worden / mit ihrem Schaden. Im Jahr 1632. ist sie vom Keyserl. General Pappenheim eingenommen worden / wie Meteranus lib. 49. berichtet. Als A. 1640. der Schwedische General Johann Banner zu Creutzberg / vnnd dort herumb / alles wol auffgezehret hatte / nahm er im Eingang deß alten Junij / den weg hieher auff Eschwege / vnnd bliebe daselbsten so lang still ligen / biß auch nichts mehr zu bekommen war. In welcher Zeit eine Stimme 2. Nachte nach einander / vmb den 10. 20. Julij / von den Schildwachten gehöret worden / die laut geruffen / Fort / Fort / Banner / Fort / nun ist es Zeit. Tom. 4. Theat. Europ. fol. 384. 392. seq. Das Schloß an sich selbsten ist gantz von Steinen ziemblich hoch / aber nicht gar weitläuffig. Gegen Nordwesten / vnd NordOsten / ist es zugebawet; hat gleichwol schöne Gemächer / vnd Säl / vnd zwar die menge / auch vnden zur Haußhaltung alle gehörige Bequemlichkeiten / vnd Zimmer. Es waren vor der grossen Verwüstung deß Jahrs 1637. so viel schöne kunstreiche Gemälde / in solcher menge beysammen / die in andern Fürstlichen Häusern nicht zu finden / die aber damaln / von den Kriegsleuten mehrentheils entfrembdet worden seyn. Gegen Sudwest / vnd Sudost / ist es offen / doch der Hof mit einer hohen Mawren / auff welcher / der Länge nach / schöne lustige Altanen seyn / verwahret. Im Sudeck / zwischen beyden Altanen / ist ein hohes viereckichtes Gebäw / dz Pavillon genennet / so in form eines viereckichten Zelts ist / vnd daher den Nahmen hat. Worinnen auch ein schön raumlicher Saal / vnd etliche Gemächer. Man kan von diesem Schloß vbers Wasser / in die ebene / vnd vollents an die Weingärten / vnderm hohen Meinhardsberge / gegen dem Eischfelde / an der Gräntze gelegen / das Hauß Griefstein vnd dz beruffene Closter Gehülfensberg / sehen. Vnd hilfft das Außsehen vermehren / der zusammenfluß deß oberhalb der Statt zertheilten Werra-strohms / wie auch das Gesichte auff die Schlacht / vnd Vachte / wordurch die grossen schweren Schiff hinauff gewunden / vnd darnach auff der Schlacht außgeladen werden. Hinterm Schloß hinumb / ligt ein grosser weit vmbfangener Lust: vnd Baumgarten / alles mit einer hohen Mawren vmbfasset; inwendig aber mit schönen steinern gehawenen Bildern / Springbrünnen / Gängen / vnd Hütten / gezieret: vnd ist ein vberauß trefflicher Vorraht an allerhand herrlichen Obstbäumen / vnd Gärten-gewächsen / allda. Zu ooberst / am ende deß Baumgartens / ligen / auff jeder Ecken / sehr lustig / erhabene / vnd gedeckte Rundelen / vnd oberhalb dem hohen gähen Vfer der Werra / ein gantz steinern Lust: vnd Gartenhauß. Das Wasser in den Springbrunnen wird durch sonderliche Kunst / auß der Werra / den Berg hinauff / auff einen Thurn / neben dem Schloß / an einem Statt-Thor gelegen / geführet; von dannen es in Teuchlen / wider zu solchem Springbrunnen herab fält. Die Statt (so der Statt Cassel / im vmbkreiß gleich seyn solle) war vorhin von herrlichen Gebäwen / vnnd schönen / stracken / vnnd breyten / reinlichen Gassen / darinn ein Bächlein durch vnnd durch leufft / insonderheit war da ein schönes gantz steinernes langes Rathhauß / vnnd ansehenlicher Marcktplatz; deßgleichen ein mehrertheils auch von Stein gebawtes Hochzeithauß / darinnen ein viereckichter Hoff / der schönen Kirchen / vnnd Clöster / zu geschweigen; deren es 4. in dieser Statt hatte / als zu S. Dionysii vnnd Catharina / so Pfarrkirchen; vnnd zu S. Augustin / vnnd Cyriaco, so Clöster. Es hat auch bey dem Closter S. Augustini, in dem Hospital / ein sehr schöne hohe Kirchen gehabt; Aber es ist alles in obgemeltem 1637. Jahr / in den grund abgebrant worden / [44] das von tausend Fewerstätten / vnnd vorgedachten stattlichen Kirchen / vnnd Stattgebäwen / mehr nicht vbrig stehen blieben / als die Kirche zu S. Catharinen / vnd auff dem Berge / so in der Statt ligt / das Closter Cyriaci, welches zur Schulen gebrauchet wird; Item / das Hochzeithauß / vnd sonst noch etliche wenige Häuser / hier / vnd dar / in der Statt. Der schöne Thurn zu S. Niclas ist auch biß auff den vndersten Vmbgang herunder gebrant / vnd die schöne Glocken zerschmoltzen; vnnd ist sonderlich grosser Schade vor die schöne gezierte Kirchen zu S. Dionysio gewesen. Jenseit der Brucken / (so gantz von Steinen / vnnd darüber eine starcke Landstraß gehet / solche aber / vmb deß vnderschiedenen Flusses deß Werrastrohms willen / in 2. oder fast 3. theile getheilet ist) liget eine Vorstatt / mit etlichen Lohe: vnnd andern Mühlen; welche stehen blieben / vnnd wunderlich erhalten worden seyn; die schöne / herrliche Mühl aber in der Statt / von eylff Mahlgängen; vnnd die Wasserkunst / so alle zu nächst vnderm Schlosse gelegen / seyn auch eingeäschert worden. Zu verwundern ist es / daß das Fewer nicht auch das Schloß / daß doch voll mit Stroh gewesen / ergriffen hat. Es hat sonst diese Statt einen vberauß trefflichen Frucht: vnnd den besten Weinwachs / welcher auch / in guten Jahren / den Francken: vnnd theils Rheinischen Wein vbertrifft; Item / ein sehr stattliche Gewerbschafft. Sie ligt in einem gantz weiten Felde / massen es nicht allein allhier / sondern fast am gantzen Werrastrohm / wenig Gehöltze / sonderlich hohe Wälde / gibt / wegen des Saltzwercks zu Allendorff / in Soden / dahin das Holtz gebraucht wird. Das Ampt Eschwege ist eines der grösten im Lande / in etlich vnnd zwantzig Dorffschafften bestehend / so seinen absonderlichen Nahmen Bielstein hat / wegen eines alten Schlosses dieses Nahmens / so darinn am Kupferbach / auff einem hohen scharpffen / vnnd gähen Felsen / gelegen / vnnd welches Hauß / vnnd Ampt / Bielstein / dabevor eine sonderliche Graffschafft / vnnd Vestung / gewesen / da gegen vber / Jenseit der Werra / das Schloß Fürstenstein / den Dieden zuständig / ligt. In diesem mehrentheils zwischen dem starcken Fluß Werra / vnnd dem sehr hohen Berg Meißner / gelegnen Ampt / wächset auch viel stattliche Frucht / vnd sein die Vnderthanen mehrertheils Fuhrleuth / welche von einer grossen Statt / zur andern / fahren / Wein / vnnd allerhand Wahren / ins Land; dagegen das Saltz häuffig hinauß führen. In dieser Gegend ligt auch dz alte Closter Germeroda / so aber nicht erbawet. Zu nächst an diesem Ort ist vorermelter hoher Berg Meißner gelegen; welcher vor den allerhöchsten / vnd vnnd grösten / im gantzen Lande / gehalten wird. Ist wol zu sehen / erstlich wegen seiner höhe / vnnd trefflichen Prospects; darauff man nicht allein das gantze Nider-Fürstenthumb Hessen; sondern auch das Thüringische / Eischfeldisch / vnnd mehrertheils Braunschweigische; wie auch Ober Hessen / vnd biß in das hohe Waldeckische / vnd Cöllnische Gebürge / vnd hinauff ins Stifft Fulda / vnnd Francken / sehen kan. Dieser Berg ist als eine sehr stattliche Wildbahne gewesen / aber / auff bitt der Vnderthanen / denen das Wildprät vbermässigen schaden gethan / veröset worden: doch gibt es daran noch viel Reher / zu weilen wilde Schweine; dabevor auch Beeren. Oben auff dem Berge hat es einen Raum / fast drey viertel Meyl wegs lang / vnd viel tausendt Acker breyt Wiesen / auff welchem schönes Graß / so fast einen Menschen bedecket / wächst / vnnd daher / in Friedens Zeiten / an diesem Berge / eine treffliche Viehezucht ist. So wachsen auch allerhand stattliche Kräuter / an diesem Berge / in den Gebüschen / zur Artzney / als auch im Lustgarten / dienlichen / deren theils von den Alten / Andere aber noch nicht beschrieben seyn. Oben vff diesem Berge hat es auch stattliche Brunnen / vnd Quellen; welche mit grossem Geräusch / durch die vielen Steinklippen / hinab fallen: in den Gründen aber werden darinnen stattliche Forellen gefunden / als sonderlich die Vierbach / die Kupferbach / Riederbach (welche sich in die Wohra ergiessen /) vnnd Linderbach / so sich hernach mit der Gelster vermischet. Gedachte Wohra / ob Sie zwar nicht vnter die Ströhme zu rechnen / ist Sie doch nicht zu vergessen. Sie entspringt im Ampt Liechtenau / beym Dorff Rommeroda / am Hirschberge / gegen [45] dem Meißner vber gelegen. Vnnd weil dieser Meißner vnden so weit vmb sich greifft / vnd viel Vorgebürgs hat / muß die besagte Wohra vmb ihn / biß auff ein vierten theil nahe herumb lauffen / ehe Er in die Werra fället / welches eine halbe Meyl vnder Eschwege / bey dem Dorff Niedern Hohna geschiehet. Vmb solches wunderbaren weiten vmbflusses willen / verursachet diese Wohra / auff jener seiten / ein vberauß grosses weites Thal / welches fast den halben theil Landes / zwischen der Werra / vnd Fulda / in sich zeucht / darinnen das Ampt Sontra / dabey mehrentheils die in selbigen Orths Beschreibung gedachten Edelleuts-Gerichte; theils Ambts Spangenberg; die Statt Waldcapell / vnnd die meisten Dörfflein deß Ambts Liechtenau / gelegen seyn. Vnd hat ermelter Fluß viel andere starcke Fischreiche Bäche in sich fallen; Er selber auch gibt allerhand Gattung stattlicher Fische. Ferners / hat es auch oberhalb vorermeltem Closter Germeroda / ein sehr tieffes wolerbawtes Kolen Bergwerck / welche Steinkolen ins Saltzwerck geführet / vnnd darzu verbraucht werden. Diese Kolen führen einen sonderlichen Schwefel mit sich / doch kan man darbey schmieden / so bey andern Steinkolen nicht zu thun stehet; Von dem Schwefel aber / durch welchen die Natur die Steinkohlen zu wegen bringet / hat sich / vor Jahren / der Berg entzündet / daß man das Fewer / vnnd Dampff oberhalb den Stollen / noch heutiges Tages / sehen kan / sonderlich / wann eine Veränderung deß Wetters vorhanden / reucht man diesen grewlichen Brand noch gar eben; man sihet auch / zwischen einem Wacken-Felsen / deren es viel hat / einen Dunst / oder dünnen Rauch / auffsteigen. Bey dem Hauß Bielstein / hat es auch Kupffer-Bergwercke / dahero der daselbst vorüber fliessende Bach / den Namen hat.

  ← Embs Eschwege Felsberg →