Zum Inhalt springen

Topographia Franconiae: Rotenburg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Topographia Germaniae
Rotenburg (heute: Rothenburg ob der Tauber)
<<<Vorheriger
Rotenberg
Nächster>>>
Rotenfels
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1648, S. 84–90.
Rothenburg ob der Tauber in Wikisource
Rothenburg ob der Tauber in der Wikipedia
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du unter Hilfe
Link zur Indexseite


[84]
Rotenburg / an der Tauber.

Ein vornehme Reichs-Stadt / so vorhin eigene Grafen und Hertzogen / gehabt hat. Von den Alten zwar / die von den Sicambris, und dem ersten Hertzog in Francken Genebaldo, und deß ersten Christlichen Hertzogen Gosberti II. daselbst Brudern / Cuniberto, oder Gumprechten / dem ersten Grafen zu Rotenburg / biß auff Wernerum, (so entweder besagten Gumprechen Ur-Enckel / oder auß Käyser Carls deß Grossen Geschlecht erbohren; doch aber mit Bluts-Freundschafft den vorigen Grafen zugethan gewesen / und der dem letzten Sicambrischen Grafen Ratulpho succedirt / und umbs Jahr 897. Hertzog in Francken worden / auch die ihme angefallene Graffschafft Rotenburg bekommen haben solle) hergeführet werden / hat man keinen gründlichen Beweiß / darauff man sich sicher zu verlassen hätte: Gleich wie auch noch ungewiß ist / ob Pharamundus, Marcomiri deß Andern Sohn / das Schloß / oder die Burg / Anno Christi 418. oder 19. zu Rotenburg / wider die Schwaben / erbauet / darzu Anno 515. auch die Stadt / oder derselben Erweiterung / kommen seyn solte / wie dann gleiches Bedencken auch mit Dünckelsbühel / so wider [85] die Francken / von den Schwaben: und Schweinfurt / von den Francken wider die Thüringer / wie man fürgibt / erbauet worden seyn sollen / vorfällt. In gleichem / und nicht weniger gezweiffelt wird / ob eben vorzeiten die Rotenburger Jovem, und Dianam, und nicht vielmehr andere der Heydnischen Teutschen Abgötter angebetet: ehe sie auff deß H. Chiliani Predigten / zu obgedachtes Gosberti II. Zeiten / den Christlichen Glauben angenommen haben sollen. Folgends wird Käysers Arnolphi Sohn Conradus, ein Hertzog in Francken / Hessen / und der Wetterau / Käysers Conradi deß ersten Vatter / gesetzt: und von dessen andern Kindern gesagt / daß sie / wegen viel ihres Geschlechts / und daß das Hertzogthumb / wegen der übermässigen Schenckungen / in Abgang gerathen / nur Grafen zu Rotenburg sich zu schreiben angefangen; auß denen im Jahr Christi 1098. Einhardus / der letzte Graff zu Rotenburg / zum Bischoff zu Würtzburg erwehlet worden / und gestorben Anno 1114. und seye also hiemit das mannlich Fränckische Geblüt der Hertzogen zu Francken abgangen / und das Land Käyser Heinrichen dem Vierdten heimgefallen; und habe sein Sohn / Käyser Heinrich der Fünffte / die Grafschafft Rotenburg / mit dem Hertzogthumb Francken / seiner Schwester Sohn / Conrado III. Hertzogen zu Schwaben / geschenckt / deme es aber Käyser Lotharius genommen / und dem Bischoff zu Würtzburg Erlango, geben; wiewol / nach sein deß Käysers Tod / gedachter Conradus der Dritte es wieder bekommen / und auff seinen Sohn Friederichen gebracht; den hernach sein Vetter / Käyser Friederich der Erste / auch ein Hertzog in Schwaben / weilen besagter Hertzog Friederich in Schwaben und Francken / der reiche Rotenburger genannt / keine mannliche Leibs-Erben hinterlassen / Anno 1168. geerbt / der folgends das Hertzogthum dem Bischoff zu Würtzburg übergeben / welcher ihme auch ein bloß Schwerdt / zum Zeichen deß wiederzugestellten Hertzogthums zu Francken das erstemal / vortragen lassen; und von solcher Zeit an / sich die Bischoffe deß Hertzogthums zu Francken allererst recht angemasset; und folgends Bischoff Gottfried von Limpurg sich am ersten Bischoffen zu Würtzburg / und Hertzogen zu Francken / geschrieben; die Graffschafft Rotenburg aber vorermeldter Käyser Fridericus Barbarossa, auß sondern Gnaden / und tragender Affection zu dem Fürsten-Städtlein Rotenburg / wegen seiner geliebten Herrn Vettern / zu dem Römischen Reich / mit sondern Begnadungen / gegeben und verehret / und ewig dabey zu bleiben verordnet: daß also Franckenland keine Weltliche Hertzogen / von Genebaldo an / auß dem Fränckischen / 790. und auß dem Schwäbischen Geblüt 52. Jahr lang / gehabt habe. Siehe unten Würtzburg. Es führten die alten Grafen zu Rotenburg / in ihrem Wappen / oben uffm Schild / eine weisse Tauben / mit außgespannten Flügeln / zwischen zweyen Büffelhörnern / unten / in einem blauen Schild / ein vergüldten Löwenkopff / mit zweyen gelben Sporn zwerchs auß dem Mund gehend; die Helmdecke war gelb / und roth / welches Wappen das Stifft Comberg / weiln es die Grafen von Rotenburg gestifftet / noch heut zu Tag führet. Man hat sie auch die Herren von der Tauben / oder Columba, das ist / von dem Wasser / so hernacher von den Innwohnern die Tauber genannt worden / geheissen. Die Stadt Rotenburg aber hat je / und allwegen / eine rothe Burg / mit zweyen rothen Thürnlein / oder Zinnen / in einem weissen Schild / zum Wappen gehabt / dessen sie sich noch heutiges Tags in ihrem Secret-Insigel gebrauchet. Als nun / wie vorgemeldt / Rotenburg dem Reich übergeben worden / haben die Römische Käyser / und König / damit die Stadt desto besser in Gehorsam behalten / und von den Benachbarten / als ein neuer Reichs-Stand / desto minder beleydigt / und bedrangt werden möchte / auff die alte Fürstl. Burg / und Schloß / ihres gefallens / Burggraffen / als Käyserliche Anwäld / und Praesidenten / gesetzt / und verordnet / in massen dann Reginaldus, gedachten Käyser Friederichs mit dem rothen Bart Sohn / der erste Burggraff gewesen; welchem sein Bruder Conradus, auch besagten Käysers Sohn / gefolget / der im Wald / Lussart genannt / umbkommen / und kein Leibs-Erben überlassen. Der dritte Burggraff war Walther / ein Graff von Limpurg / dessen Gemahlin ein Hertzogin zu Teck gewesen. Der 4. war Hermann von Hornburg / Ritter / ein Stiffter deß Barfüsser-Closters / lebte umbs Jahr 1280. und wurde deß H. Röm. Reichs Schlutheiß genannt. Der 5. war Leupolt von Weltingen / deß H. Röm. Reichs Putigal genannt. Der 6. und letzte / so viel man Nachrichtung hat / ist gewesen Otto, ein Graff von Flügellaw. Und hat also diß Burggraffthum bey 150. Jahren gewähret / biß es Anno 1352. der Stadt übergeben / und von Römischen Käysern / und Königen / Land-Richter dahin verordnet worden [86] seyn. Diese Praesidenten / und deß Reichs-Anwäld / haben / zu unterschiedlichen Zeiten ihre besondere Namen gehabt / als / 1. wurden sie Burggraffen genannt; darnach Reichs-Schultheissen / Reichs-Butigal / Reichs- oder Land-Richter / Reichs-Pfänder / Reichs-Amptmänner. Und waren alle dapffere / und Rittermässige Personen / so zum wenigsten Adelstands / und dem H. Reich ohne Mittel unterworffen / und Lehenbar waren; darunter gewesen die Edle Herren von Endtse / die Grafen von Hohenlohe / die Herren zu Brauneck / die Schencken zu Limpurg / die Landgrafen zu Leuchtenberg; die Kuchenmeister zu Seldeneck / und Nortenberg / etc. Als aber im Jahr 1356. an S. Lucas Tag / umb Vesperzeit / die alte Burg / durch ein grosses Erdbidem / sehr zerschüttert ward / hat die Stadt bey Käyser Carlen dem Vierdten / so viel erhalten / daß ihr solche alte Burg abzubrechen erlaubt worden. Da dann zugleich / mit der Burg / auch deß Burggraffthums Namen auffgehoben worden; das Officium und Ampt aber nicht. Dann die jenigen / so vorzeiten Burggraffen genannt worden / jetzt deß Reichs Richter geheissen / und haben gleichmässigen Gewalt / als zuvor die Burggraffen gehabt. Anno 1407. hat König Wentzel den wüsten Thurn in der Vesten / vor der Stadt Rotenburg / der Stadt übergeben. Anno 1425. hat Käyser Sigmund der Stadt / und ihren Nachkommen ermeldten Thurn / sampt den Mauren daran / übergeben / denselben Thurn / und Mauren abzuheben / niederzubrechen / und gäntzlich von dannen zu raumen / welches geschehen / und allein der Thurn stehen blieben. Im Jahr 1274. hat Käyser Rudolph der Erste die Burger von Rotenburg in sein / und deß Reichs ewigen Schutz und Schirm / genommen / und sie sonderlich begnadet / daß ein jeder / der zu einem Burger zu klagen hat / solche Klag vor ihrem Stadt-Richter thun / dessen Außspruch geleben / und vor keinem frembden Richter ziehen: Item / daß das Landgericht zu Rotenburg / nach alter / und bewährter Gewonheit / wie es bißhero gehalten / auch hinfüro gehalten werden soll. Item / da jemand / durch ermeldtes Landgerichts Acht / die Stadt Rotenburg verboten würde / sol dieselbe Acht dem Käyserl. oder Königl. Hof verkündet / in die memorialia eingeschrieben / und durch Käyserl. und Königl. Gnad nicht wieder darauß gelassen werden / er werde dann zuvor / eben an dem Ort / da er geächtet worden / der Acht entlediget. Item; daß alle Burger / und Innwohner der Stadt Rotenburg / und ein jeglicher insonderheit / die Steuer / und Bethe geben / inmassen man den vorigen Käysern / und Königen / geben hat / das ist / daß sie nicht weiters darüber sollen beschweret werden. Item / es sol kein Frembder keinen Innheimischen / oder Burger / umb was Sachen das sey / zu einem Duello, oder Kampff / außfordern. Item / sollen alle Kauff- und Handels-Leute / und sonsten alle und jede / so die drey gefreyte Jahr-Märckt besuchen / im zu- und abreisen / ein Meilwegs von der Stadt deß Reichs-Schutz / Schirm / und starck Geleyt / haben. Item / sollen der Stadt Weg / Strassen / und Weyd / nach alter Gewonheit / ohne männiglichs Eintrag / und Hinderniß / gebraucht werden.

Es hat aber die Stadt Rotenburg den Namen nicht von den roten Ziegeln / oder Schilten: dann sonsten andere Städt auch also müsten genennet werden; sondern von den dreyen Burgen / die der Enden / als eine die Engelburg jenseit der Tauber auff dem Berg: die ander auff dem Berg hinter dem Spital / der Essigkrug genannt: und die Mittelste vor der Stadt / die rothe Burg genannt / gestanden. Und weil diß Castell / oder Burg / mit der Stadt umbfangen / hat dahero auch die Stadt den Namen (und ohne zweiffel / auch obgedachtes Wappen) bekommen / und behalten; Also / daß sie neben Lützelburg / Magdenburg / und Altenburg / unter die vier Burgen deß Röm. Reichs gezehlet worden. Diese Stadt ist sonsten sehr lustig / hat ein gesunden / und temperirten Lufft / und ligt auf einer Seiten gegen Niedergang / da die Burg gestanden / sehr hoch auff einem Berg / darunter im Thal das Wasser / die Tauber genannt / gegen Mitternacht fleußt / und zu Wertheim in den Mäyn kommt. Auff der andern Seiten / gegen Auffgang / hat es ein schön ebenes Baufeld / und ist / von den Gnaden Gottes / der Boden umb die Stadt gantz fruchtbar / der Wein / Geträid / Obs / und dergleichen / reichlich gibt; daß man selten der Stadt Geträid zuführen dörffen; sondern sie noch andern hat mittheilen können. Es ist diese Stadt erstlich gar eng gewesen / als vom Burg-Thor an / biß an S. Johanns-Thor / (so nun weggebrochen ist;) von dannen den alten Stadtgraben hinauff / biß zum Büttelhauß: fürters biß zum Weissen Thurn / von dannen biß zum Thurn hinterm Teutschen Hauß / so abgehoben. Und dann fürters biß wieder zum Burg-Thor / doch das Frauen-Closter mit eingeschlossen. Im Jahr 1204. haben Burgermeister / und Rath allhie / zu sonderlicher [87] Zierd / und Wolfahrt der Stadt / die Mauren besser hinauß geruckt; Nemlich vom Johanns-Thor an / biß an den Siberthurn / von dannen biß an das Röderthor / ferners biß an das Galgenthor / und von dannen biß an das Klingenthor; und An. 1408. die Stadt vom Siebersthurn / biß ans Cobozeller / und Spitalthor / erweitert. Und seynd in der Ringmauer folgende Thurn begriffen / als 1. der eusser / und innere Burgthurn / am Thor. Todtengräbers-Thurn / Closter-Thurn / Straff-Thurn an der Ecken. 2. Klingenthurn am Thor. S. Wolffgangs-Kirch / und die neue Pastey / Anno 1592. erbauet. Klingen- oder Fürbringers-Thürnlein. Darneben Pulverthurn. Der Henckersthurn. Kummereckthurn. 3. Galgenthurn am Thor. Thomasthurn. Weibersthurn. 4. Rödersthurn am Thor. Hochennersthurn. Faulthurn. Schwebelthurn / Ruckesser genannt. Groß- und Klein-Stern. 5. Spital-Thurn an dem Thor. Die Pastey allda Anno 1547. erbauet. Der Wißbader- und der Hunds-Thurn. Kalck-Thurn. Fisch- und Kahlenthurn. 6. Cobozellerthurn oberhalb dem Thor. Weiß-Thürnleins. Heintzlesthurn. Tauberthürnlein / im Johannser-Hof. Keß-Cammer in der Hell. Der Thurn bey deß Fürbringers Scheuren im Eck. Demnach auch die Stadt / ihrer Höhe halber / sonderlich in dürren Jahren / Mangel an Wasser gehabt / als haben die lieben Alten auch diesen Mangel ergäntzt / und den Herterich / oder S. Georgen-Brunnen / An. 1446. in die Stadt führen lassen / welcher im folgenden Jahr in einen höltzern Kasten geleitet worden; aber An. 1491. in einen steinern erstmals gangen; und Anno 1608. der jetzige Kasten von harten Steinen dahin gesetzt worden. Hält 1286. Eymer Nürnberger Eich / thut 107. Fuder 2. Eymer. An Rotenburger Eich aber 1071. und zwey drittheil Eymer / thut 89. Fuder 5. Eymer 21. und ein drittheil Maß. Ist acht Schuh hoch / und 13. Schuh tieff. Den Casten hat Michel Schenisberger Steinmetz; die Säul aber / und das Bild / Christoff Körner / gehauen. Im Jahr 1599. als man noch Mangel an Wasser hatte / und empfande / hat man den Klingenbrunnen in die Stadt führen lassen / und dem Teutschen Orden die Götzen-Mühlen / zu einem Brunnenhauß / abgekaufft. Der steigt nun 1400. Schuh hoch / vom Thal den Berg hinauff / biß auff den Klingen-Thurn / und fällt in einen Kupffern Kasten / von dannen theilt er sich in zween Hauptbrunnen. Der erste stehet auff der Capellen / der ander auff dem Viehemarckt. Sonsten seynd in der Stadt / als auffm Blönlein (dessen Kasten / sammt dem Bogen / und Trog / Anno 1607. gemacht worden;) Item in der Klinggassen / beym Schwartzen Adler / und bey dem Klingen-Thor; Item an der Johanniter-Kirchen / auch springende Bronnen / und 29. gemeine Schöpffbrunnen / ohne was die Burger in ihren Häusern haben / deren eine grosse Anzahl ist. Im Jahr 1373. hat E. E. Rath / und etliche alte erbare Geschlechter / auch andere Gottsförchtige Leut / S. Jacobs Pfarrkirchen angefangen zu bauen. Sie hat 12. Säulen / so den gantzen schweren Bau tragen; darneben zween hohe Kirch-Thürn / so 90. Ellen hoch / oben durchsichtig / und mit Gängen gezieret seyn. So ist der Obere Chor 24. Ellen hoch. Im Jahr 1453. hat man an dem hintern Chor / jetzt die Borkirchen genannt / den ersten Stein gelegt / und ist man mit solchem Gebäu Anno 1471. fertig worden. Auff dem Milch-Marckt stehet eine Capellen / im Jahr Christi 1404. vom Herren Peter Creglingern / dem ältern / Burgern zu Rotenburg / zu ehren der Heil. Jungfrauen Mariae gestifftet. Ist zuvor die alte Judenschul der Enden gestanden / und das Seel-Hauß / oder die elende Herberg / der Juden Tantz-Hauß gewesen: welches Seel-Hauß mit 2. Stuben / Küchen / und andern nothdürfftigen Dingen / darinn arme Leut / die dessen begehren / auff ein par Nächt / beherbergt werden / versehen / und wird denselbigen Saltz / Holtz / und Liecht / mitgetheilt / die Bett / und Bettladen / sollen die Pfleger zu S. Jacob erhalten. S. Wolffgangs-Kirchen vor dem Klingenthor hat grossen Ablaß; und stehet ob der Kirchenthür: Römischer Ablaß auff dem Christtag / Ostertag / Pfingstag / Dienstag nach Bartholomaei / S. Wolffgang / Aller Heiligen / unser Frauen Conceptionis, Annunciationis, jegliches Fest 1240. Tag. Auff dem Tag der Kirchweyh 2480. Tag / durch das gantze Jahr / alle Tag 40. Tag. Am Dienstag Bartholomaei kommen Jährlich die Schäfer auff 3. Meilwegs in Umbcrayß zu Rotenburg zusammen / gehen in der Procession in diese Kirchen / zur Predigt / von dannen in ihr Wirthshauß zum güldenen Lamm / als ihr sonderbare Herberg / machen sich lustig / und frölich / tantzen darnach auff dem Marckt etliche Stunde / und darff kein Handwercksbursch / ohne Erlaubnuß / mit ihnen tantzen / sonsten wird er in den obgedachten Röhrkasten / den Herterich / geworffen. Es haben die Juden / wie obangedeutet / auch allhie ihre Synagogen / Kirchen / [88] Kirchhof / und Tantz-Hauß gehabt / davon der Kirchhof / in der Stadt / und die Judengassen noch den Namen hat / und behält; und werden 4. Grabschrifften im neuen Kornhauß eingemauert gelesen. Dabey zu mercken / daß der Teutschen Juden Jahr-Rechnung / vom Anfang der Welt / biß auff das 1619. Jahr / macht 5379. Jahr. Als sie die Juden anno 1397. wegen vorgehabter Verrätherey / wie man ihnen zugemessen / auß Rotenburg / am Charfreytag / verjagt / und verbrennt worden / hat man darauff den Kirchhof zu der Burger Begräbnuß gebraucht / die Capellen eingenommen / und zur reinen Maria genannt. Dieser Kirchhof / und Capellen / seyn Anno 1520. als die Juden abermals / auff beschehene Auffkündigung / außziehen müssen / geweyhet; die Capellen aber hernach in Bäurischen Auffruhr zu Grund niedergerissen / und verwüstet worden. Den Kirchhof / oder Gotts-Acker / hat man vor das Röderthor hinauß transferirt / umbmauret / und ein Kirchlein darein gebauet / zu den Leichpredigten / welcher / sampt dem Kirchlein / den 16. Julii Anno 1562. ist eingeweyhet worden.

Im Jahr 1274. hat Käyser Rudolph der Erste der Stadt Rotenburg die Freyheit gegeben / drey Jahrmärckt zu halten; als Dienstags nach Ostern / und nach Pfingsten: Item auff S. Jacobs-Tag / und sollen alle und jede / so selbige besuchen / zu / und von den denselben / auff ein Meilwegs / ein Käyserl. und deß H. Reichs starckes Geleyt haben. Anno 1282. den 6. Junii hat höchstgemeldter Käyser Rudolphus, den Jahrmarckt / so die Kirchwey genennt wird / und vorzeiten bey den Franciscanern gehalten worden / 14. Tag nach Pfingsten acht Tag lang zu halten / gefreyet / also / daß alle Handelsleut / so den Marckt besuchen / für sich / ihre Haab / und Güter / ein frey / starck / sicher Geleyt haben / und gleich anderer Frey- und Reichs-Städt Messen / privilegirt seyn sollen. Anno 1331. und 1340. hat Käyser Ludwig die Andreas-Meß / und Niclas-Marckt / zu halten vergönnt / also daß sie den Abend anfangen / acht Tag / währen / auch mit allen Rechten / und Gnaden / als andere ihre Jahrmärckt / befreyet seyn sollen. An. 1370. hat Käyser Carl der Vierdte der Stadt vergont / den S. Lorentzen-Marckt / der vor dieser Zeit zu Gevsattel / in der langen Gassen / als man von S. Lenhard dahin reitet / bey dem Igelspach gehalten worden / in der Stadt zu haben / als dardurch viel Ubel verhütet würde / auch solches dem Reich / und der Stadt nützlicher / und friedlicher wäre: weil sonderlich einsmals / wegen eines / an einem Burger / ergangenen Mords / ein Aufflauff entstanden war. Anno 1406. hat Käyser Rupertus den Bartholomaei-Marckt / daß er / biß auff Egidii Tag währen sol / wie andere Messen / und Jahrmärckt / befreyet.

Das Regiment betreffende / obwoln allbereit in Anno 1230. diese Stadt ihre Burgermeister gehabt / so hatten sie doch auff die von dem Reich vorgesetzte Land-Richter zu sehen / biß vom Käyser Carolo IV. solch Landgericht / mit aller Zugehör / der Stadt übergeben worden / und sie also völligen Gewalt / in Geist- und Weltlichen / in Burger- und Peinlichen Sachen / gleich andern Reichs-Städten / erlangt / und biß dahero exercirt. Und bestehet der innere Rath von 16. Personen / so auß dem eussern Rath erkiest / und unter denselben fünff zu innern-Burgermeistern erwehlet werden / deren zween solch Ampt / einer von Walpurgis biß Leonhardi der ander von dar an / biß wieder Walpurgis / verwalten; deren jedem ein eusserer Burgermeister / auß dem eussern Rath / zugesellet wird. Es werden auch auß dem innern Rath zween Steurer / ein Baumeister / und ein Richter erwehlet / denen auß dem eussern Rath auch einer zugegeben wird; und sind die jenige Personen / in Handlung ihrer eygenen / oder ihrer Freund Sachen / umb ihres interesse willen / beym Rath außzutretten schuldig. Der Sachwalter selbsten / er sey Kläger / oder Antworter / der Anherr / der Vatter / der Sohn / das Enckle / der Bruder / Vatters Bruder / von eines Vatters Schwester wegen; Bruders / und Schwester Sohn / der Schweher / von Leuth wegen / die sein Sohn oder Tochter haben. Von eines solchen Schwehers / Bruders / oder Schwester wegen / der Eydam / oder Tochter-Mann. Schwager / der eines Vatters / oder eines Mutter Schwester hat. Schwager / der eines Schwester hat. Von eines Schwagers wegen / der eines Weibs Schwester hat. Endlich ein Pfleger / oder Vormund. So von jemands wegen ichts fürgelegt / gehandelt / oder gefragt wird / es sey in Rechtssprüchen / Aemptern / oder anderm / so sollen alle desselben Zunahmens / die desselben Geschlechts sind / außtretten / und nichts darinn handeln. Sollen auch in beyde Räth nicht gewehlet werden / Vatter und Sohn / nicht zween Brüder. Sonsten mögen wol darein gewehlet werden / zween die [89] nächsten Schwäger / und zwey Geschwistrigt Kind / aber nicht mehr / derselben Sipp. Auß gedachtem innern Rath werden 2. Pflegere über den Spital / und beyde Clöster; Item die Landvögt in Goi / (Göw / Gau) und Zwerchmair: (über die der Stadt gehörige Flecken / Dörffer / etc.) sampt den Kriegs- und Wildbannsherrn: Item Vormunds Verhörer / und Meelwag Herren / genommen. Den Steinern / und Schiedern / werden etliche auß dem eussern Rath / und der Burgerschafft zugeordnet. Und bestehet solcher eusser Rath in 40. Erbaren / redlichen / und unverleumbdten Personen / darauß ein inner Rath ergäntzet wird. Nach diesen beyden Rähten sind 40. erbare Personen / die nennet man Hauptleuth / und Genannte / darumb / weil sie / neben dem eussern Rath / bey Nachtzeiten / je zween / und zween / die Stadt-thor / und Mauren / auch die Wachten / besuchen / umbgehen / und erforschen: und wird mit diesen Personen der eussere Rath ergäntzet. Und weilen der Stadt Thor sechs seyn / so ist dahero die Stadt auch in sechs Wachten außgetheilet / und hat so viel Wachtbieter / und Thorwarter. Deßgleichen hat ein jedes Handwerck seine geschworne Meister: denen ein innerer Rathsherr zugegeben / die Meisterstuck zu besichtigen / und ihren Zunffttägen beyzuwohnen. So seyn auch sondere Personen verordnet / zum Fleischbeschauen / und Bierschätzen: Item Gewicht / Maaß / Ellen / Würtz / gesaltzen Fisch / Oel / Unschlit / Gold / und Silber / Zinn / Kalck / und Meel / auch allerhand Viehe / zu besichtigen. Was obangeregtes Landgericht betrifft / so diese Stadt / von unerdencklichen Jahren eygen / besonders / und dem Würtzburgischen Landgericht / mit nichten unterworffen gehabt / so ist solches unter dem freyen Himmel / auff der alten Burg (wie dann noch Anzeigungen / und der alte Richterstuhl / heutiges Tags / vorhanden) offentlich gehalten worden: wie dann auch die Hertzogen zu Francken allhie / als in ihrer ältesten / und Hauptstadt / Hof gehalten / und Hertzog Conrad der Dritte einen Thurnir allda angestellet hat. Und solches Landgericht solle sich erstrecket haben / so weit das Bistumb Würtzburg gehet / und als weit die vier Wälde / der Thüringer / Böheimisch / Schwartzwald / und die Schörnitz / oder Odenwald / begriffen seyn / und muste der Land-Richter solches mit gulden Sporen besitzen.

Was zu Rotenburg denckwürdig zu sehen / dessen ist im vorgehendem zum theil Andeutung beschehen: und erhellet das übrige auß der Stadt Abbildung. Allein ist die grosse Glückseligkeit / und der Uberfluß / deren Nicolaus Reusnerus, in der fleissigen Beschreibung dieser Stadt / gedenckt / bey diesen betrübten Kriegszeiten langst nicht mehr vorhanden: sondern es hat Rotenburg viel Widerwärtigkeiten / und grosse Drangsalen / in vorigen Jahren / außstehen müssen / wie berichtet worden ist. Der Mangel aber an gutem Trinckwasser / davon auch er / Reusnerus, Meldung thut / ist allbereit / wie oben gesagt / ersetzt worden: wiewol man sagt / wann es dürre heisse Jahr gebe / daß man allda mehr nach Wasser / als Wein / zu schreyen habe. Es hat allhie ein schones Rathhauß / und ist der Rath der Augspurgischen Confession / wie auch die gantze Stadt / und ihre Unterthanen ausserhalb derselben (deren vor diesem Krieg viel gewesen) zugethan / also / daß obwoln im Johanniter-Hof eine Kirche / doch in derselben; wie auch in dem Teutschen Hauß / so beyde nur ihre Verwalter haben / kein offentlich Exercitium ist. Der Stadt Monatlicher Einfacher Reichs-Anschlag zum Römer- oder Türckenzug / ist 10. zu Roß / 65. zu Fuß / oder 380. Gulden. Es seyn offt Zusammenkunfften allhie angestellt worden; auch anders mehr vorgangen / davon wir aber / ausser deß obigen / keinen Bericht empfangen; finden auch sonsten der Zeit wenig davon / als daß diese Stadt Anno 1406. und 7. vom Burggraffen zu Nürnberg vergebens belagert worden seyn solle: Item / daß An. 1631. nach der Leipziger Schlacht / erstlich die Schweden diese Stadt eingenommen / hernach im Octobri / der General Graff von Tilly / nebenst dem Hertzogen von Lothringen / Generaln von Pappenheim / und andern Generals-Personen / mit vielem Volck belagert / beschossen / und endlich / als sich dieselbe auff Gnad ergeben / und ein Fußfall gethan / und ihr ein starcke Summa Gelds auferlegt worden / occupirt; gleichwol die Häuser / ausser denen / so auff dem Marckt gestanden / die Soldaten geplündert; hernach Anno 32. auß Forcht / verlassen: und darauff abermahls die Schwedischen sich deren bemächtiget haben: aber solche Anno 34. nach der Nördlinger Schlacht / wieder von den Käyserischen mit Accord erobert worden; da dann abermals ein zimlich Stuck Geld springen / und die Stadt jederweilen Käyserliche Guarnisonen halten / auch Winterquartier geben müssen / und ist es sonderlich Anno 44. hart da gestanden. Anno 1645. haben die Frantzosen [90] Rotenburg auffgefordert / beschossen / und nach schlechtem Widerstand / (weil nur 200. Chur-Bayrische / vom Creutzischen Tragoner-Regiment / darinnen gelegen) auff Gnad und Ungnad erobert / die Tragoner untergestellt / und ihren Obrist-Lieutenant in Arrest genommen / und die Stadt mit Frantzösischen Völckern besetzt. Als folgends das Frantzösische Kriegsheer wieder über Rhein gangen / so haben die Bayrischen diese Stadt / mit Accord / wieder bekommen.

Dieser Stadt Reichs-Anschlag ist Monatlich an Geld 380. Gulden / und zu Unterhaltung deß Cammer-Gerichts / Jährlich / ordinariè 90. cum augmento aber 150. fl. den Thaler zu 69. kr. zu rechnen. In der Beschreibung dieser Stadt / die Herr Limnaeus tom. 4. de J. publ. p. 300. seqq. setzet / stehet / unter andern / daß der status Reipublicae, auß der Aristocratia, und Democratia, vermischt seye; doch also / daß die Aristocratia den Vorzug habe; gleichwol die vornehmsten / oder der Innere Rath / von den Bürgern deß eussern Raths / erwehlt; und / zu Anhörung der Stadt-Rechnung / auch etliche von der Burgerschafft beruffen werden; und der eussere Rath Macht hat / auch ihme obligt / sich umb das Leben / Sitten / und Regiment / deß Innern Raths zu erkundigen / und solchen zu reformiren. So wird ein Burgermeister deß Eussern / einem Burgermeister deß Innern Raths / zugegeben; und sitzen auch sonsten von der Burgerschafft etliche bey den vornehmsten Aemptern. Der Burgermeister deß eussern Raths fragt erstlich den regierenden Burgermeister / umb seine Meynung / und so fort an die andern Herren deß Innern Raths. Er aber saget seine Meynung nicht. Uber das / so schweeret der Innere / dem Eussern / und hergegen der Eussere / dem Innern Rath / Jährlich. Es können allhie auch Frembde / Rathsherren / und Burgermeister werden. Es währet aber eines Burgermeisters Ampt ein halbes Jahr; und bestehet der Ordinari / oder Innere / und rechte Rath / von 16. Personen; darunter 5. Burgermeister seyn; bey welchen der gröste Gewalt in der Stadt ist. Im Eussern Rath sitzen 40. von der Gemeind / und andern Bürgern / so die gantze Stadt repraesentieren. In Sachen / daran viel gelegen / ist der Ordentliche / oder Innerliche Rath / verbunden / den Außschuß von der Burgerschafft / und die jenige / so solche vertretten / zusammen zu beruffen / und sie umb ihren Consens, oder Einwilligung / zu ersuchen, Und so viel auß wolehrnernanntem Herrn Limnaeo, der auch p. 307. seqq. unterschiedliche dieser Stadt privilegia, und statuta, setzet; davon / und der Bestellung deß Raths / auch andern Sachen; Item / der Stadt Gebieth / und dergleichen / auch in obberührtem unserm Text / und was sie vor Jahren / für Herren gehabt / und ihren Geschichten / zu lesen ist. Anno 1585. als ein starcke Pestilentz allhie sich erregt / und etlich hundert Personen hinweg genomen / ist nicht einiger unter allen Schülern / deren auff die 500. damaln gewesen / daran gestorben; wie M. Georg Albertus, in deß D. Jacob Killingers Leichpredigt meldet. Anno 1631. als im Octobri, der Herr General / Graff von Tilly / Rotenburg einbekommen / ward der Printz von Pfaltzburg / deß Hertzogen von Lothringen Feldmarschall / in die Stadt gelegt. Daß aber Graff Bisaccioni lib. 2. histor. p. 178. also schreibet: Tilli andò, e prese Rottemburgo, la diede à sacco, e poi la condannò al fero, et al fuoco etc. das ist nicht geschehen. Dann ob es wol ohne Plünderung nicht gar abgangen; so hat man doch mit Feuer / und Schwerdt / als dieser Graff schreibet / da nicht gewütet: wie Herr Johan-Georg Styrtzel / von Augspurg / wolverdienter Burgermeister allhie zu Rotenburg / und hochgelehrter Herr / mich / vor Jahren / mündlich allhie / in Ulm / berichtet hat. Anno 34. haben Strozzi, und Joan de Werth, vor dieser Stadt nichts außgericht. Aber / nach der Nördlinger Schlacht / eroberte der Herr General Piccolomini, den 8. Septembrs, sie mit accord. Was dabey Kemnitzius, im 2. Theil vom Schwedischen Krieg / am 584. b. erinnert / und berichtet / mag man bey ihme selbsten lesen; und die der Sachen Wissenschafft haben / davon urtheilen.