Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae: Naugarden
Diese Stadt ligt beym Fluß Wolchow / oder Wolchda / so Fischreich / sub. elev. Poli. 58. 23. viertzig Teutscher Meilen von Narva / 36. von Plescau / und 120. von der Stadt Moscau. Wird / zum Unterscheid anderer diß Nahmens / Groß-Naugarten genandt. Casp. Ens in delic. apodem. per German. p. 316. darff sagen / daß sie grösser als Rom / aber meistentheils hültzerne Gebäw habe. Es seye die Landschafft herumb viel kälter / als die Moscau selber / da gleichsam ein stätiger [35] Winter / und sehr lange Nächte. In deß Königs Friderici II. in Dennemarck Gesandten nach der Moscau Reiß-Verzeichnuß stehet / daß sie die Hauptstadt in Reussen / gantz von Holtz / wie andere Städte in Reussen auch / gantz von Holtz / gebauet seye; sehr viel Kirchen / und Clöster habe / gar schön / und eben lige / überflüssig Geträid / schöne Wiesen / Weyer / Wasser / und andere Gute Gelegenheiten habe. Chytraeus sagt / daß Johannes Basilides, Großfürst in Moscau / Anno 1581. diese Stadt am ersten mit Wällen / und Bollwercken / durch einen Römischen Baumeister / habe befestigen lassen. Und dann so schreibet Adamus Olearius, in seiner neuen Orientalischen Reise / durch Rußland / Tartarien / und Persien / daß diese Stadt auff ein Meil Wegs im Umbkreiß habe: Die Häuser / wie auch die Wälle / und Bollwercke / seyen im Jahr 1636. als er sich allhie befunden / gleich den meisten Städten in gantz Rußland / mit Dannenholtz / oder Balcken / auff einander geschichtet / und auffgebauet gewesen. Vor der Stadt / disseit deß Wassers / lige ein grosses Schloß / mit steinern Mauren umbgeben / auf welchen der Weywode / und ein Metropolit residiren. Auff jenseit deß Wassers / ligt ein groß / und herrlich Kloster / gegen dem Schlosse / welches sie S. Antonii nennen / und sagen S. Antonius lige darin noch unverweßlich. Biß hieher dieser. Es war aber / vor Zeiten / Neugarden ein freye Stadt in Reussen / welche / wie andere Respublicae / durch ihre eygene Obrigkeit ist regiert worden: Und ist so reich / mächtig / und berühmt / in allen Mitternächtigen Landen / und eine solche Handels-Stadt gewesen / daß die Inwohner allda / vor Zeiten / sagten; Wer kan wider Gott und Neugard seyn; wie Waremundus de Erenberg. lib. 1. de Foederibus, p. 59. schreibet. Die Hansee-Städt in Teutschland hatten allda ihr Cöthorium, wie mans nennt / oder der Kauff-Güter Niederlag. Warumb aber der allgemeine Handel von dannen kommen / erzehlen Regkman in der Lübischen Chronick lib. 2. fol. 90. und Werdenhagen de Rebusp. Hanseat. part. 5. fol. 107. Es sollen gleichwol Anno 1620. die gedachte Hansee-Städt beym Großfürsten erhalten haben / ihr Universal Gewerb allda wieder anzustellen / und Häuser / an einem gewissen ihnen darzu deputirten Orth / zu erbauen. Obgemeldter Joh. Angel. à Werdenhagen hat ein Carmen von der weyland gewesten Magnificentz / und grossen Reichthumb dieser Stadt / in part. 4. Antegressu, fol. 515. seq. eingebracht. Es hat aber erstlich Alexander Vitoudus, Groß-Hertzog in der Lithau / sie gedemütigt / und bezwungen / daß sie selbigem Groß-Hertzogen Jährlich hundert tausend Gülden / wie Vapovius, oder Cirlos, so man ins gemein Rublos nennet / wie Dlugossus berichtet / geben muste. Cromerus lib. 19. rerum Polon. fol. 426. schreibet also: An. 1428. Vitoudus, Lithuanorum Magnus Dux, Novogrodensibus Russis, libero populo, praetextu controversorum finium, bellum intulit, superataque praeter spem cormu, difficultate itineris, cum ad Oposcam castra haberet, supplicibus, et ingentia dona afferentibus, pacem dedit. Hernach kam Jwan Wasiliwitz Grodzin, Großfürst in der Moscau / welcher zwar ein grosses Land / von seinen Vor-Eltern bekommen; aber solches ist den Tartarn / welche jenseit deß Wassers Rha oder Volga / wohnen / Zinßbar gewesen; welches er / Johannes, nicht leiden können / sonderlich weil ihme sein Gemahlin / eine Griechin / stäts in Ohren lag / solcher Dienstbarkeit sich zu entschütten; So er dann durch Waffen gethan; auch die benachbarte Reussische Fürsten / seine Blutsfreunde / mehrers mit List / als Gewalt / unter sich gebracht / und viel Schlösser in Weiß Reussen so dem Groß-Hertzogen in Litauen gehörten / erobert; sonderlich aber sich an diese gewaltige reiche / Frey- und Handels-Stadt / Anno 1477. gemacht / dieselbe eingenommen / beraubt / und / mit der Burger Reichthumb / seine Stadt Moscau / und die Schatzkammer / angefüllet hat. Man schreibet / daß 300. der vornehmsten Burger seyen erwürgt / und ihnen alles genommen; den übrigen Bürgern aber nur der dritte Theil ihres Vermögens gelassen; endlich deß Ertzbischoffs Schatzkammer / so mit Gold / Silber / Edelgestein / Perlen / und allerhand Gütern / von vielen Jahren her gesamlet / gantz voll / und sehr reich gewesen / geplündert / und allein 300. Wägen mit Gold / Silber / Edelsteinen / [36] und Perlen / beladen / hinweg geführet worden; die andere Wägen auff denen der übrige Haußrath geladen / seyen unzahlbar gewesen. Sein einer Sohn / der vielgedachte Tyrann Johannes Basilides Natalitius, hat hernach Anno 1569. der Stadt den Garauß gemacht. Sihe vorernanten Cromerum lib. 29. rer. Polon. fol. 631. seq. Guagninum tom. 2. rer. Polon. Matth. de Michovia lib. 4. c. 72. fol. 343. und Paul. Oderborn / in des jetztbenamsten Tyrannen Leben lit. A iiij / und lit. B. ij. seq. Von der Stadt / und wie grausamlicher mit den Neugartern verfahren / P iiii berichtet Salomon Henning / in der Liffländischen Chronic part. 2. p. 51. daß / vor Jahren / die Moscowiter die Inwohner von Groß-Neugarden / auff jenseit der Moscau viel Meilen verführt / da sie ihnen den Moscowitern / ein neu Castell / und Stadt / erbauen müssen / welches noch heutigs Tags Kloppigrod / das ist / Slavenburg / Castrum Mancipiorum genannt werde; und daß hergegen Neugarden mit groben ungeheuren Moscowitern besetzt worden seye; da vorhin die rechten Inwohner sehr freundliche / und gar ehrliche Leute gewesen. Anno 1573. den 12. Aprilis / hat Hertzog Magnus von Holstein / allhie / mit des vorernannten Großfürsten und Tyrannen in der Moscau / Johannis Basilidis, Bruders Tochter / Hochzeit und Beylager gehalten / dabey er / der Großfürst selber / mit etlichen jungen Mönchen / an statt des Brautliedes / das Symbolum Athanasii, außwendig gantz fertig gesungen / daß es ihme die Mönch auch auß einem Buch / nicht nachthun kundten; daher er sie mit dem Stecken / damit er den Tact gehalten / auff die geweyhete Köpff geschlagen / daß man ihnen die rothe Noten daran sehen / und kennen können; wie Henning in seiner Chronic fol. 55. b. berichtet. In dem nechsten und letzten Moscowiterischen Krieg / haben die Schweden diese Stadt erobert; aber bey den Friedens-Tractaten / dieselbe Anno 1617. dem Großfürsten in Moscau wieder zugestellt.