Zum Inhalt springen

Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae: Königsperg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Topographia Germaniae
Königsperg (heute: Kaliningrad)
<<<Vorheriger
Justerburg
Nächster>>>
Labiau
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1652, S. 31–35.
Königsberg in Wikisource
Kaliningrad in der Wikipedia
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du unter Hilfe
Link zur Indexseite


[T69]


[31]
Königsperg / Regiomontum, Mons Regius,

Vnd von den Polen Kroleffski genant / ist die Hauptstatt deß Theils in Preussen / so einen eignen Hertzogen / und der Zeit den Herren Churfürsten zu Brandenburg / hat / der solchen Theil / sampt dieser Stadt / von der Cron Polen / heutigs Tags / zu Lehen trägt. Ist entweder vom König Premislao Ottocaro in Böheim / als Er Anno 1255. mit Marggraff Otten von Brandenburg / und dem Bischoff Brunen zu Prag und Olmütze den Creutz- oder Teutschen Herrn in Preussen / zu Hülff kommen / und die Heydnische Preussen überwunden / wie Theils wollen / selber: oder / wie Andere / und zwar / mit mehrerem Grund / schreiben / Ihme (als der erstlich das Werck angeben / und ein grose Gab darzu geschenckt hatte) zu Ehren und Gedächtnuß / von dem besagten Teutschen Orden; wie auch die Stadt Königsperg / in der Neuen Marck / Ihme / und dann dem erwehnten Bischoff / so viel Heyden damahlen bekehrt / und getaufft haben solle / zu gutem Angedencken / die Stadt Brunsperg in Preussen erbauet worden. Zwar Königsperg nicht in der Grösse / wie Sie jetzt ist / sondern es ist erstlich die alte Stadt gebauet; darzu / mit der Zeit / die übrige Theil kommen seynd. Dann heutiges Tags / ausser den Vorstätten / Königsperg insonderheit in drey Theil getheilet wird. Der Erste ist die gemelte Alte Stadt / so nicht sonderlich schön gebauet es ist aber in solcher die Pfarrkirche / so man die Alt-Städter Kirche nennet / zusehen / in der Doctor Martin Luthers ältister Sohn / Hans Luther / der als ein Fürstlicher Pommerischer Gesandter / alhie Anno 1575. den acht und zwantzigsten Octobris, wie Johann Bange / in seiner Thüringischen Chronick / pag. 184. a. schreibet / gestorben ruhet. Und diese Stadt soll vor der Brunst im Jahr tausend zweyhundert und sechszig / etwas weiters hinauß / namblich / wo jetzt S. Niclas Kirche ist / gestanden seyn. Es wird zu solcher alten Stadt / vom Hennenbergern / und andern (wiewol Theils es zum Lebenicht referiren) auch gezogen / das Fürstliche Schloß / auff einem Hügel gelegen / darinn Marggraff Georg Friderich von Brandeburg / Hertzog in Preussen An. tausend fünffhundert vier und achtzig / und folgende Jahr / biß Anno 94. einen schönen und kunstreichen [32] Bau / von Grund auß / vollführt / welcher inwendig / von einer Seiten Mauer zur andern / in der Breite 59. Werckschuh innen hat / ohne Säulen / oder Mittelständer. Im Grund ist ein schöner tieffer Keller / 199. Werckschuh lang / und 38. breit / auff welchen ein stattlich Zeughauß / und über solchem ein wolgezierte Kirchen / gebauet seyn. Auff der einen Seiten dabey / ist die Fürstliche ansehnliche Bibliotheck / alda man unter andern ein Repositorium sihet / voller Folianten / und groß Quart / so alle in Silber eingefast; und wird unter denen auch ein Buch gezeiget / welches Albertus / der Erste Hertzog in Preussen / dessen im vorgehenden offt gedacht worden / mit eigner Hand geschrieben / und darinn seinen Sohn gelehret / wie Er nach seinem Tode / Christlich / und wol regieren solte; wie M. Adamus Olearius, in Beschreibung der Neuen Orientalischen Reyse / durch Rußland / Tartarien / und Persien / am 48. Bl. berichtet. Auff der andern Seiten seyn die Fürstlichen Gemächer. Uber der Kirchen ist ein vortrefflicher kunstreicher Saal / welcher inwendig in die Länge 274. und in die Breite / zwischen der Mauer 59. Werckschuh hat / ohne Säulen / oder Ständer / so lang und breit auch das gantze Gebäu ist / alles mit Mahlwerck / und Stamm Register der Herren Marggrafen zu Brandeburg stattlich gezieret / mit schönen Auß und Eingängen / vilen welschen Gibeln / zweyen grossen Thürnen / und schönen Rundelen herumb. Es seyn nahend dem Schloß 2. See / dadurch das Wasser Katzbach / oder Kasbach / lauffet.

Der Ander Theil der Stadt / namblich der Kneiphoff / oder Kniphoff / so der Hochmeister Winricus Kniprad / oder Weinrich Knipenrode / Ann. 1380. mehrers erbauet / hat schöne Gebäude / und seyn sonderlich in der langen Gassen sehr schöne Häuser. Ligt sonsten in einer Insel / so der Fluß Pregel machet / und an einem lettichten / sümpfichten Orth; ist aber zur Kauffmanschafft gar bequem; und gehen von solcher Stadt zwo Brücken hinüber in eine grosse Vorstadt / ausser welcher ein Hospital ist. In diesem Kniphoff ist der Dom / oder die Haupt- und Collegiat-Kirch / die vor diesem einen eignen Bischoff / namblich den Samländischen / gehabt / in welches Bezirck diese Stadt gelegen / der Zeit aber ist solches Bisthum reformirt / und unter dem Hertzoge; die Einkommen aber seyn zur Hohen Schul / und andern milden Sachen verwendet worden. Und hat gleichwol der Oberste Dom-Prediger den Titul eines Bischoffs gehabt. Hertzog Luder zu Braunschweig / gewester Trappirer und Comptur / und hernach An. 1331. zum 15. Hochmeister in Preussen erwöhlet / hat die besagte Domkirchen zubauen angefangen / wie in der Braunschweigischen Chronick / part. 1. fol. 233. stehet; auch Hennenberger damit übereinstimmet. Es seynd in solcher Fürstliche der Hochmeister / der Marggraffen zu Brandeburg / und andere herrliche Begräbnüssen zusehen. Und liget daselbst auch der berühmte Ambrosius Lobwasser / der Rechten Doctor / Fürstlicher Preussischer Rath / und Professor bey der Hohen Schul alhie / so Anno 1585. gestorben / mit dieser Grabschrifft / so Er Ihme selbsten gemacht / und die Nathan Chytraeus, in delic. Europ. p. 35. seq. setzen thut:

Expertus Mundi vanas res esse, Nihilque,
Hic quoque nunc jaceo pulvis, et umbra, Nihil.
Sed qui de Nihilo coelum terramque creavit,
Me cum carne mea non sinet esse Nihil.
Hac spe nil mortem feci, Nihil omnia feci.
Nil Nihili vermes posse nocere scio.

Es ist in diesem andern Theil / oder Kneiphof / so vorzeiten Pregelmünde genant worden / auch die Universität / oder Hohe Schul so der Erste Hertzog in Preussen / Marggraff Albrecht von Brandeburg / Anno 1544. gestifftet / und König Sigmund in Polen An. 1560. bestätiget / und derselben der Cracauis. Universität Privilegia auch verehret hat. Ihre Freyheiten setzet Hennenberger folio 214. seq. der Erste Rector war Georgius Sabinus. Bey dem nächsten Teutschen Krieg / da andere Hohe Schulen ins Abnehmen gerathen / hat diese insonderheit zugenommen. Es solle die Stadt Kneiphoff [33] auff eitel Elleren / oder Erlen Pfälen gebauet stehen / vornehmlich aber die obgedachte schöneste Gaß / so mitten durch / nach der alten Stadt gehet / breit ist / und schöne grosse Häuser auff der Dantzger Art gebauet / hat. Und thut obgedachter Fluß Pregel / oder Chronus, so auß Lithauen kommet / sich ob der Stadt in zween Ströme theilen / und ein Miel unter Königsperg in den Frischen Haff fallen.

Der dritte / und letzte Theil / wird Königsperg Lebenicht genant / so umbs Jahr 1300. gebauen worden seyn solle. Das Nonnen-Closter S. Mariae, et Benedicti ist jetzt daß Fürstliche Hospital in diesem Theil / doch hat man noch etzliche arme Edel-Jungfrauen / und Bürgers-Töchter / namlich jedes Standes sechse / darinnen erhalten. Ist ein sehr grosses Gebäu / alda allerhand presthaffte Leuthe / auch andere / und darunter viel Kinder / in grosser Menge / versorget werden. Das graue Münchs-Closter ist ietzt ein Fürstliches Kornhauß / sonsten seyn nicht viel stattliche Gebäu in diesem dritten Theil zusehen; wiewol in den neülichen Beschreibungen / S. Barbara Kirch / wie auch die Neue auff dem Roßmarck / und der Kauffleuthe Trinckstuben / der Juncker-Hoff genannt / gelobet werden. Ein jede der obgedachten dreyen Städten / hat ihre besondere Bürgermeister / Richter / und Schöpffen / auch eigene Halßgerichte. Die Appellation gehet von ihnen an den Hertzogen in Preussen. Sie ligen alle in einer fruchtbaren Ebne / daß man auch gantz und gar keinen Berg herumb sehen kan. Sollen grösser / als Dantzig / seyn; welches dann die sehr grossen Vorstätte veruhrsachen. Die grossen Schiff kommen auff der gedachten Pregel / die doch über 60. Schuh nit breit ist / biß allernächst der Stadt / und Brücken-Man bringet auff solchen grossen Barcken / oder langen breiten Schiffen / auß der Lithau / und Polen / hieher Klepholtz / Aschen / Mett / Leder / Rauchwerck / Weitzen / Rocken / Gersten / Reiß / Hirschen / Hanff / Honig / Flachs / Wachs Lein. Das erwehnte Klepholtz wird auß Eichen gemacht / seind theils Stück / wie Tielen / die man in Candiam / Welschland / Engelland / etc. zu den Weinfässern / Tischler-Arbeit / etc. verführet; wie auch die Asche / so man auß Haseln / und Aschenholtz brennet / und ferners zu kleinen Stücken bereitet / und in Fässer schläget / darauß man hernach Seiffen machet. Und dieser Holtz- und Aschen-Handel soll alhie der beste seyn: wiewol man auch mit Korn / Flachs / und Lein / starck hanthieret. So wird zu Lande dieser Stadt Königsperg auß Polen / Litauen / und Preussen / von Victualien ein grosser Uberfluß zugeführet / daß manchen Tag bey tausend Litthauische Wägen / darfür 1. 2. 3. und 4. Pferde gehen / in die Städte kommen; vor welchen die Burger etlich hundert Kornhäuser haben. Auß Schweden / Engelland / und Holland / und anderswoher bringt man Eisen / Bley / Zinn / Tuch / Wein / Käse / Butter / Saltz / etc. welches die Polen / Litthauer / etc. mit Hauffen wieder abholen / also / daß die Burger alhie fast dreyfachen Gewinn haben; daher sie so grosse Hoffart treiben / daß auch die Handwercksleuthe zobelne Mützen tragen / und Manns- und Weibspersonen täglich in Sammet und Seiden / alles auffs schöneste gebrämet / gehen. Und gibt es alhi eine grosse Menge Volcks / also daß / wie man schreibt / offt in einem Hause / und dessen Kellern / in den Vorstädten 5. 6. 8. bißweilen 10. Haußhaltungen / seyn. Und wird doch so gute Anstallung gemacht / daß man vor Feuer sicher ist: darzu auch die Häuser von Ziegelsteinen auffgebauet / viel helffen. Man gebrauchet sich alhie insgemein der Teutschen Sprach. Es wird aber auch alda Polnisch / Lithauisch / Kroegesisch / etc. geredet. An schönen Gärten / und anderm / was zu Freuden / und Wollust / dienet / ist an diesem Orth allerley zufinden. Was ein jeder Theil der Stadt / oder die drey Städte / für ein Wappen führen das ist in derselben Abbildung zusehen. Die Hohe Schul aber belangende / so hat Sie zu ihren Wappen zween Adler / mit einem Helden / oder Ritter / so die studierende Musas beschützet; wie deß obgedachten Sabini Verß außweisen:

Qui regit indomito praestantes Marte Borussos
Gymnasio Princeps haec dedit arma suo:

[34]

Nempe duas Aquilas, invictum Heroaque, cujus
Aonidas forti protegit ense manus.

Zum Beschluß dieser Beschreibung / wollen wir auch etlicher der letzten Geschichten / so sich alhie zugetragen / gedencken; als / daß umbs Jahr 1410. Königsperg von König in Polen eingenommen worden. An. 1454. ist die alte / und neue Stadt / oder Lebenicht / von den Polen / wieder zu dem Teutschen Orden gefallen / Kniphoff aber ward belagert / und endlich auch erobert. Anno 1520. ist Königsperg / vom König in Polen / vergebens belagert worden. Anno 1551. hat alhie / und in Preussen / Andreas Osiander / der fürnehmste Professor bey der Hohen-Schul / und Pfarrer in der alten Stadt / mit seiner Lehr / daß der Mensch durch die wesentliche Gerechtigkeit / die GOtt selbst ist / und in demselben wohnet / gerecht würde / grosse Ungelegenheit verursachet; darüber Er gleichwol Anno 52. und folgends auch seine Discipuli, oder Lehrjünger / gestorben. Und hörete darumb dieses Unwesen nicht auff / sondern es muste auch Doct. Ioachimus Mörlinus, Prediger im Dom / weil Er sich den Osiandristen wider gesetzt / Anno 53. von hinnen weichen / biß die Sach Anno 1566. zwischen dem König auß Polen / dem Hertzoge / und Ständen in Preussen / endlich verglichen / und Er D. Mörlinus darauff / An. 1567. wieder von Braunschweig geholt / und zum Samländischen Evangelischen Bischoff gemacht worden ist. Anno 1558. haben die Fleischhauer / oder Metzger alhie / die Wurst umbgetragen / die ist damals 198. Elen lang gewesen. A. 1583. haben Sie / nach alten Gebrauch / auff dem Neuen Jahrstag / wieder eine herumb getragen / so von 36. SchweinenSchuncken zugerichtet gewesen / am gewicht 434. Pfund / und in der Länge 596. Elen gehalten / daran 91. Personen getragen. Sie haben solche / ihrer Gewonheit nach / den Becken verehret; die hergegen grosse Strützel / oder Wecken / in zweyen Backöfen an einander gesetzt / und mit einem Loch in der mitten gemacht / gebacken / und auf der H. drey KönigTag / Wurst / und Strützel / mit einander verzehrt haben. Man machet aber solche Würst von den kleinen Schweinsdärmen / und werden Sie / wie gemelt / mit gutem lautern Schweinen-Schincken-Fleisch gefüllet / auff den Achseln getragen / und von dem Ersten / und Letzten etlichmal umb den Hals gebogen / oder gewunden. Es werden aber solche Würst nunmehr nicht alle Jahr bereitet / weil Sie zuviel kosten: auch andere Ursachen bißweilen mit unter lauffen daß man dieselbe zu machen unterlässet; wie Hennenberger fol. 191. erinnert. Anno 1635. hat ein junger Knecht / von 21. Jahren / auß dem 7. Meilen von Königsperg abgelegnen Dorff Grinwalde bürtig / Nahmens Andreas Grünheude / den 28. Maji / ein Messer von zimblicher Länge hinab geschluckt; welches Ihme alhie zu Königsperg / durch einen Schnitt / den 9. Julij wieder aus dem Magen gezogen / und Er zu seiner Gesundheit gebracht worden; wie solche Histori / Operation, und Curation, D. Georgius Lothus, Churfürstlicher Brandeburgischer Medicus, und vornehmer Professor alhie / in den Druck geben hat. Anno 1636. hat das Wetter in einen Pulverthurn geschlagen / daß das gantze Schloß / vnd die Stadt darüber erschüttert der Thurn auß dem Fundament verderbet und zu nicht gemachet / auch woll hundert Häuser beschädigt worden seyn; wie Micraelius lib. 5. Pom. p. 348. bezeuget. Siehe von deme / was gesagt worden / P. Bert. lib. 3. Rer. German. p. 651. Georg Brunnenim 3. Theil seines Städtbuchs / C. Ens. in delic. apodem. per German. p. 295. Werdenhagen part. 3. Rer. Hanseat. cap. 24. fol. 346. David Frölich part. 2. Viatorii, lib. 1. pag. 332. das Itinerarium Germaniae part. 1. et 2. (da zwar 1. Theil man sich in etwas / und auch wegen Königsperg in Francken / so in der Neuen Marck heissen solte / wider Bertium, verstossen) vom Osiaudrischen Auffstand / den Chytraeum l. 17. Saxon. fol. 444. seqq. et lib. 21. fol. 559. et seqq. ferners Martin. Crom. an unterschiedlichen Orthen / und theils der Autorn / so oben angezogen worden / und sonderlich den Caspar Hennenbergern / in Erklärung der grössern Preussischen Land-Tafel / im Buchstaben K. welcher gar weitläufftig / von den Geschichten / so sich alhie [35] begeben / schreibet / und daß Anno 1505. der Stadt Königsperg Länge / von dem eussersten Sackheimischen Kruge an zurechnen / biß auf den Haberberg / da die neuen nassen Garten ein Ende / von 1222. Meßruten / gewest seye / sagen thut.