Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae: Berlin
Es wollen etliche / daß diese Churfürstliche Brandeburgische Residentz-Stadt / Albertus, zugenandt der Beer / Graff zu Anhalt / erbauet habe. Johan. Angelius à Werdenhagen schreibet part. 3. de Rebusp. Hanseat. cap. 23. fol.338. daß dieser Albertus von Anhalt / Marggraff zu Brandeburg / diese alte Stadt erweitert / und mit Mauren umbgeben / und habe sie alsdann / wie man sage / den Namen nach ihm bekommen. Er habe damals auch andere Städte / und Schlösser / die seinen Namen Beer führen / als Bernau / Beerwald / Bernstein / etc. gebauet. Er hat zun Zeiten Käysers Conradii III. gelebt. Als nun diese Stadt / wegen ihres guten Lagers / der Burger Fleiß / und Arbeit / in kurtzem zimblich zugenommen; so hat sie darauff im Jahr 1380. ein grosse Feuersnoth gehabt / daß fast alle Häuser
[T12][27] daselbsten verbronnen seyn. Der aber Churfürst Sigismund von Brandeburg / hernach Römischer Käyser / so solches Land von seinem Bruder H. Wentzeln / bekommen / gewaltig wieder auffgeholffen / und sie mit mehrern Freyheiten versehen hat. Anno 1440. seynd die Burger / deß guten Glücks halber / so sie mit Kauffmannschafften gehabt / frecher worden / und haben sich / mit grossem Schaden der Stadt / gröblich an ihrem Rath vergriffen; und damit verursacht / daß Marggraff Friderich ihrer Freyheit ein Gebiß eingelegt / und ein Schloß dahin erbauet. Und haben folgends die Churfürsten von Brandeburg ihr Hofflager alhie angestellet. Es ligt Berlin an dem Fluß Spree / oder Sprea, welchen als Pirckheimerus, Dresserus, Willichius, Maginus, Bertius, etc. für deß Ptolomaei Suevus halten; so aber nicht seyn kan. Dann Ptolomaeus setzet deß Suevi Außfluß an das Balthische Meer; aber die Spree kompt gar nicht in dasselbe / sondern ergeusset sich bey Spandau in die Havel / und läuffet mit derselben bey Werben in die Elbe / und von dannen gehet sie mit der Elbe in die West-See. Und hält Micraelius lib. 1. Pomer. cap. 20. den Gellen bey Stralsunde für den Suevus, und sagt / auß den alten Pommerischen Chronicken / daß solcher vorzeiten tieffer / als jetzund / gewesen / und endlich durch der Holländer Ballast fast sehr verschüttet worden sey: welches der Stadt Stralsund nicht wenig geschadet hätte / wenn durch das Neue Tief / so durch einen Wasserriß umbs Jahr 1317. gemacht worden / ihr nicht eine Neue Fahrt eröffnet wäre. Dieser Gellen / schreibet er ferners / führet uns bey dem Denholm / und der Stadt Stralsunde / gerade durch das Neue Tieff / biß an den Ruden / welches Eyland / oder Insulchen / gerade für der Peenemünde liget / und ist gewiß / daß da jetzund das Neue Tieff ist / ein groß Stücke Land von der Insul Rügen vorzeiten gewesen / zwischen welchem / und dem festen Land in Pommern / ein breiter Fluß gegangen / der gerade biß in die Peene sich hinein gestrecket / also / daß man auß der Oder durch das grosse Haff / und die Peenemünde in den Gellen hat schiffen können. Würde also der Gellen eben der Außfluß deß Suevi seyn / und die Oder / die sich auß der Peene / beym Ruden hin / nach dem Gellen gestrecket / wäre besagter Weise der Suevus selbst. Welches auch darauß abzunehmen / daß noch heutiges Tages der Arm der Oder / der zwischen Usedom / und Wollin / ins Meer fleusset / die Schwine / oder Schwene / bey welchem die Sueones, oder Suevi gewohnet / genandt wird. Gewiß ist es / daß die alten Suevi vorzeiten haben in Pommeren / und der Marck / an beyden Seiten deß Suevi gewohnet. So fleusset aber kein groß berühmter Fluß in diesen Provincien / als die Oder / darumb haben entweder die Suevi ihren Namen dem berühmten Oderstrom gegeben / oder sie haben sich von demselben genennet. Von dem Suevo, biß zum Viadro, setzet Ptolemaeus ein wenig über drithalb Grad. So weit liget auch fast der Gellen von der Divenaw / dem letzten Außfluß der Oder. Wäre also die Divenaw unzweifentlich eben der Viadrus; und weil die Divenaw einen Arm der Oder zu sich nimpt / also folget drauß / daß die Oder auch der Viadrus sey. Und würde also der Oderstrom / beydes deß Suevi, und deß Viadri, Namen gehabt haben. Und daß dieser Suevus nicht die Spree / so Schiffreich / sondern / wie gesagt / die Oder seye / das beweiset auch Philippus Cluverius l. 3. Antiq. German. cap. 25. Aber wieder auf die Stadt Berlin zu kommen / so seynd da die Häuser auff die Art / wie zu Spandau / mit den Bäncken vor den Thüren gebaut. Seynd alle mit Gibeln vornen herauß; und die Gassen daran breit und sauber. Das Hauß / darin die alten Churfürsten vorhin Hoff gehalten / ist in der Closterstrassen / so hernach D. Raiger ingehabt. Es ist diese Stadt nicht sonderlich groß / und ist von schlechten Gebäuen. Sie hat drey Thor / alte Mauren / aber doppelte Gräben; und wird in vier Kirchen geprediget.
Gegen Berlin über dem Wasser ligt die Stadt Cöln / zugenandt an der Spree / so der Stadt Berlin Colonia, und von ihr erbauet worden ist. Man kan in beede Städt über zwo Brücken kommen. Es seyn in dieser Neuen Stadt 2. Kirchen / nemblich der Dom / zur H. Dreyfaltigkeit genandt / (auß welchem Ann. 1615. alle Altär / Tauffstein /
[28] und Bilder geraumet worden seyn; wie davon / und dem Tumult / der darüber entstanden / unter andern / auch Nicol. Helduaderus part. 2. Sylvae Chronol. p. 292. seq. zu lesen) und die zu S. Peter. Von Weltlichen gebäuen / ist insonderheit zu Cöln das Churfürstliche Schloß / und Residentz / an dem Wasser / zimlich Regalisch / und weitläufftig mit 2. Höfen erbauet / zusehen. In dem Neuenbau ist die Stallung / in welcher / vor dem nächsten Teutschen Krieg / viel schöne Pferde; in den Rüstkammern / viel Küraß / oder Küris / auf Roß und Mann / auch zum Scharffrennen; viel inventionen, und Schlitten / mit welchen man biß für die Losamenter hinauff fahren können; In der Schloß-Kirchen viel Gemählde von Lucas Kranach / und andern Mahlern gemahlet / die zuvor in der gedachten Domkirchen gewesen / zusehen waren; die neben andern Sachen / sonderlich der Schatz / als ein gantz guldener Altar / die zwölff Apostel Lebens-Grösse / von getribenem Silber; Bischöffshüte / Stolen / Stäbe / etc. alles mit Perlen versetzt / sonder Zweifel / beyzeiten / von dannen / in die beyde Churfürstliche Vestungen Cüstrin / und Spandau / geflehnet worden seyn werden. Man solle nirgends so viel Gemälde von gedachtem Lucas Kranach / als alhie / beysammen gefunden haben / so eines grossen Schatzes wehrt. Auff dem Thurn / an der Schloß-Kirche hängt ein grosse Glock / davon theils sagen / sie sey so groß / als die Erffurtische / und etwas höher: aber man muß sie tretten. In der Kirchen drinnen ist Churfürst Johansen / und seines Sohns Joachimi I. monument von Messing / in Churfürstlichem Habit / zusehen. So ligen auch da Churfürst Hans Georg / und Churfürst Joachim Friderich. Im innern Schloßhof ist ein schöner / grosser / und künstlich durchbrochener / und außgehauener Schnecken / von Quaderstucken / oben mit einer Altanen / unten mit einem Stüblein: und kan man durch verborgene Gäng und Thüren auß- und einreiten. Das alte Gebäu ist 3. Gaden / das Neue 4. Gaden hoch / hat ungefähr 40. Stuben / und Cammern. Unten herumb seynd meistentheils Hoffstuben. Unter dem grossen Thor wohnen die Wächter / und Hauß-Vögt; darneben ist ein Gewölb / in welchem obgedachter Schatz auffbehalten worden: Item die Cantzley / und Cammer zu den Archivis, oder Original: und Geheimen / auch sonderbaren Schrifften. Denen folget die Rentey. Unter dem grossen Saal sind zwo grosse Hoffstuben / auff der andern Seiten daran die Silberkammer. Dann die Capell. Zwischen der Küchen der grosse Wendelstein / da man biß in andere Gaden reiten kan. Durch den grossen Schnecken / oder Wendel / kommet man auff den grossen Saal / der so lang und breit / als das Schloß auff derselben Seiten ist / auff Art deß Saals zu Padua / und deß Lustshauß zu Stutgart / alles am Dachstul hangend. In deß Herrn Churfürsten Losamentern hiengen Käyser- König- Chur- und Fürstliche Conterfethe / vor dem besagten Krieg / alle Lebens-Grösse. Die Deckin ist gemahlet mit Emblematibus oder Sinne-Bilden; andere Losamenter von Historien / und Tugenden / in denen hin und wieder hüpsche Taflen von besagtem Luca Kranach / auch geconterfehte Bergwerck / Pferd / Hirschen / wilde Schwein / und dergleichen vorhin zu sehen waren / und villeicht theils noch. Das Neu Gebäu über dem Thor / alda auch die Rathstuben / hat fünff Tabular über einander / mit sehr schönen Gemachen / für fremde Herrschafften. Die Schloß-Apothecken ist auch zu sehen / in welcher drey Zimmer voll Büchsen / Flaschen / und Gläser / mit allerley köstlichen Sachen / gar in schöner Ordnung / mit hüpschen Laboratoriis, guten Kellern / und Springwassern / vor diesem vorhanden gewesen. Und dieses Schloß hat Churfürst Joachimus der Ander mit grossem Unkosten auffgeführt: darin man die Churfürsten von Brandeburg biß an die Brust außgehauen / und gemahlet / siehet. Hat keine Gräben herumb. Ausserhalb deß Schlosses ist der Garten / das Vorwerck / Wagenhauß / ein grosses neues Hauß / etlich hundert Schuch lang / weit / und breit; das Jägerhauß; das Ballhauß. Und wird der Orth / wo diese Sachen stehen / der Werder genandt. Es ist auch da ein schöne Wasserkunst / welche an die Altanen deß Schlosses stosset: Item ein eingefaster Platz zum Beerenhatz: und ein hübsche Rennbahn gegen der Stadt. Wir finden /
[29] daß dieser Städte Wahrzeichen seyn sollen drey grosse Linden / welche vor einer Kirchen nach einander stehen / jede auff 24. Schritt / die den gantzen Platz / so 90. Schrit lang / und 20. breit / bedecken; welche / an vielen Orthen / Alters halber / mit Ketten gebunden seyn / auff einem hültzern Gerüste ruhen / und unter solchen an der Kirchen ein Predigstul / und viel Bäncke herumb / stehen. Sonsten wird auch der S. Gertruden-Kirch ausser Cöln gedacht. Und wird in dem vierdten Theil Theatri Europaei Meriani fol. 606. gesagt / daß die in Berlin / auß Forcht vor den Schwed-Stalhansischen / die drey Vorstädte zu Cöln an der Spreu / deß Jahrs 1641. theils eingerissen / theils angesteckt / auch das Churfürstliche und andere Vorwercke angezündet / und an der Kirchen zu S. Gerdraut etwas abzutragen angefangen hatten; daß also fast nichts / als das Churfürstliche Reit- und Ballenhauß diß Orths stehend geblieben; welche beede zur defension verschantzt wurden. Dann diese beede Städte albereit vorhero in Anno 1639. erfahren / wie es umb frembde Gäste beschaffen / in deme der Schwedische Obriste Debitz / mit 4. Regiment zu Pferd / und 2. zu Fuß im Augusto / sich an die Stadt Berlin gemacht / und bey derselben eine grosse Summa Gelds gefordert / welche doch / vor beyde Städte Berlin / und Cöln / auf 16. tausend Reichsthaler / und für die Landschafft auff drey tausend / gemittelt; und er / nach solchem Accord / mit diesen 6. Regimentern / alda eingelassen; von der Obrigkeit aber hernach / im Septembri deßwegen eine starcke Inquisition zu Berlin gehalten / und ein Burgermeister nach Spandau gefangen gesetzt worden; wie hievon in gedachtem Theatro fol. 76. seq. zulesen ist. In der Frühlings Relation deß Jahrs 1629. stehet am 60. Blat / daß allhie zu Berlin sich jederzeit / so jemand auß dem Churfürstlichen Hause mit Tod abgehen sollen / ein Gespenst / in einem Weiblichen Trauer-Habit sehen / und dieses im Decembri Anno 28. wieder auff ein neues vermercken lassen / und da es zuvor stumm gewesen / jetzo folgende Wort geredet habe: VenI, JUDICA VIVos, et MortUos.