Zum Inhalt springen

Topographia Braunschweig Lüneburg: Jerxheimb

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Topographia Germaniae
Jerxheimb (heute: Jerxheim)
<<<Vorheriger
Hudemühlen
Nächster>>>
Ilfeld
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1654, S. 124–126.
[[| in Wikisource]]
Jerxheim in der Wikipedia
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du unter Hilfe
Link zur Indexseite


[124]
Jerxheimb.

Das Fürstliche Braunschweigische Wolffenbüttelsche Ampt-Hauß Jerxheimb / ist vor Jahren eine Graffschafft gewesen / vnd Grafen darauff Hoff gehalten / die man genennet die Grafen von Jerxheimb / vnd soll das Hauß Jerxheimb den Nahmen davon / vnd das Dorff Jerxheimb den Nahmen von dem Hause oder Burg haben. Dieses Hauß oder Burg ist ins gevierdte gebawet im Ansehen / an Gebäwden sehr alt / vnd drey Stöcke daran / in der Dachung mit Schiefern beschlagen.

Als das angrentzende Bruch / so von Hornburg biß an Oschersleben streichet / für Alters nur mit Rohr bewachsen / vnd dahero wenig Weide oder Wiesen vorhanden gewesen / haben der Cardinal vnd Bischoff [125] zu Halberstatt / Albertus, vnd Hertzog Heinrich der Jünger / zu Braunschweig vnd Lüneburg / hochlöblicher Gedächtnuß / Anno 1540. durch gemachte Vergleichung Heinrichen von Hoym vnd Achatzen von Veltheimb / zu Commissarien verordnet / bey Winterszeit das Bruch abzumessen / vnd in der mitte / wie das Bruch hinab streicht / durch erfahrne Teichgräber zwey newe Graben / nach Anleitung der alten Bruchgraben / jeden Graben Ruhten breit gegen einander zu machen / vnd der Wall / dahin die Erde von beyden seiten auffgeworffen / anderthalb Ruhte breit / vnd dasselbe die Landscheidung zwischen dem Stiffte Halberstatt / vnd Fürstenthumb Braunschweig seyn / vnd die Nutzung deß Walles beyden Theilen zur helffte / jedem Theile bleiben / auch in dem newen Graben / jeden an seinem Orte zu fischen berechtiget / vnd sich deß andern enthalten soll. Durch diesen Graben ist das Bruch trucken gemacht / darinne so wol für das Hauß Jerxheim / als Unterthanen / sonderlich der Gerichts-Dörffer Sölling / Jerxheimb / Beyerstaden vnd Gevensleben / Hegewiesen angeordnet / gute Weyde vor das Viehe gemacht / vnd also das Hauß Jerxheimb damit an der Viehezucht stattlich gebessert worden.

Anno 1558. ist das Vorwerck für der Burg erbawet / vom Grund biß vnter das Dach gemawert / oben vnd vnten steinern Giebel außgeführet / vnd mit einem Ziegeltache beleget worden.

Anno 1571. hat weyland die Durchleuchtigste / Hochgeborne Fürstin vnd Fraw / Fraw Sophia / Geborne auß Königlichem Stamm Polen / Hertzogin zu Braunschweig vnd Lüneburg / Gemahlin / hochlöblichen Andenckens / Wittbe / als Ihr Fürstl. Gn. das Hauß Jerxheimb zum Leibgedinge possidiret / ein Gebäwde in der Burg / ins Norden / vom Grund auß / vier Gemächer hoch / new bawen / vnd dieses Gebäwde mit Ziegeln belegen / auch sonsten in dem Stocke ins Süden werts / die Gemächer renoviren / auch die Stuben vnd Kammern anrichten lassen / wie es noch der Augenschein gibt / vnd an das newe jetztgedachtes Gebäwde oben im Platze / an das Hauptholtz / diesen Vers anhawen lassen:

Hanc Sophia Henrici Junioris Regia conjux
Struxit, adhuc deflens tristia fata, domum.

Anno 1601. haben Ihr Fürstl. Gn. Hertzog Heinrich Julius zu Braunschweig vnd Lüneburg / eine Schifffahrt von Hornburg an / biß nach Oscherschleben vnd Grüningen / anrichten lassen wollen / vnd hat zur Erweiterung der Graben im Bruche / nicht allein deß Gerichts Jerxheimb / sondern auch anderer benachbarten Aempter Unterthanen / so wol von Halberstättischen / als Braunschweigischen / in dem Landgraben arbeiten müssen / ist aber das mahl zu keiner Perfection kommen.

Dieses Fürstl. Hauß ist in der Burg in vier Ecken vmbher bebawet / vnd ausserhalb darumb das Mawrwerck biß vnter das Dach / mit einer dicken Mawre auffgeführet / hat einen trucken Graben vmb sich / vnd der Grabe ins Norden mit Schweinställen / vnd ins Osten vnd Süden mit Scheuren bebawet. Dieses Hauß vnd Burg hat von Osten vnd Norden werts / von welchen Orten das Schloß etwas am Berge liget / auch wegen der hohen gebawten Vorwercken vnd Scheunen / ein stattliches Ansehen.

Ist sonsten wol gelegen / hat wegen der höhe gesunde Lufft / vnd befinden sich vier Brunnen darauff / da man auß kochen / brawen / vnd das Viehe nottürfftig davon vnterhalten kan. Grentzet nach dem Osten vnd Süden mit dem Ertzstifft Magdeburg / vnd Fürstenthumb Halberstatt / nach dem Norden vnd Westen mit dem Ampte Schöningen / Voigtsdahlumb / vnd Wolfenbüttel. Es liget ein Berg für Jerxheim ins Westen / der Hiese genant / ist ein Hasenbusch vnd Reißholtz / von selbigem Hieseberge / welcher hoch ist / hat man einen sehr luftigen Prospect / vnd kan man sehr weit vmb sich sehen / nach Osten ins Ertzstifft Magdeburg / nach Süden ins Fürstenthumb [126] Halberstatt / dem Brockenberg vnd Hartze / von Osten biß ins Westen / nach dem Westen vnd Norden / ins Fürstenthumb Braunschweig / nacher Wolffenbüttel / Braunschweig / vnd an dem Elme hindurch / biß Voigtsdahlumb vnd Schöningen / daß wann eine lustige Landschafft oder Gegend solte abgezeichnet werden / man sonderlich diesen Hieseberg wol erwöhlen könte.

Anno 1641. als im Majo, kurtz für Pfingsten / der Schwedischer Feld-Marschall Johann Bannier / von Merseburg mit der Armee den March ins Stifft Halberstatt gerichtet / hat sich solche Armee jenseit dem Paß Kiteitzthamb / an das Dorff Dedeleben ins Feld gesetzet / vnd daselbst ein Lager formiret / Als aber die Keyserl. Armee gefolget / vnd Mittwochens in den Pfingsten in vollem Marche vnd Schlachtordnung / Morgens frühe vmb drey Vhr Schöningen vorbey / vnd nacher Wolffenbüttel marchiret / ist die Schwedische Armee bey Dedeleben auch auffgebrochen / vnd sich hinter Wolffenbüttel / bey dem Closter Stederburg vnd Thiede wieder gesetzet. Als nun sothane Armeen bey Wolffenbüttel ein hartes Treffen mit einander gethan / ist seine Hochfürstl. Durchl. Ertzhertzog Leopold Wilhelm / Keyserl. General / mit der Keyserlichen vnd Chur-Beyerschen Armee von Wolffenbüttel wieder auffgebrochen / vnd den March auff das Hauß Jerxheimb gerichtet / seynd auch die Quartiere allbereit gemachet / vnd die Armeen anmarchiret / Seine Hochfürstl. Durchl. der Ertzhertzog vor Jerxheimb vnter einer Windmühlen Morgens Taffel gehalten / vnd gegen Mittg mit etzlichen hundert Pferden nach Schöningen geritten / der Fürstl. Fraw Wittiben zugesprochen / bald aber nach wenig Stunden wieder zurücke kommen / das in Jerxheimb gemachte Quartier verlassen / vnd die gantze Armee über den Kivitzthamb nacher Dedeleben marchiret / vnd an den Ort / da die Schwedische Armee vorhero ihr Feldlager gehabt / sich wieder gesetzet / denen die Schwedische Armee gefolget / wobey die Frantzösischen / Lüneburgische vnd Hessische Armeen sich mit gefunden / ihren March vff Jerxheimb genommen / das Hauptquartier darin gemachet / ein Feldlager formiret / vnd sich gesetzet / welches Feldlager dann hinter Beyerstett / bey deß Ampts Saltaw Mühlen sich angefangen / vnd vnter vnd im Weinberge durch den Heyneman / biß hinter die Ampts-Teiche / vnd also auff eine halbe Meil weges sich erstrecket / haben sich die Regimenter in das Winterkorn / da sehr herrlicher Weitzen vnd Roggen im reiffen gestanden / gesetzet / alles Korn im Winter- vnd Sommerfelde abgeschnitten / abgemeihet / vnd zu nichtet / daß so wol beym Ampte / als Gerichts Vnterthanen / an Korn im Felde nichts blieben / vnd seynd solche vier Armeen an Pagage-Pferden / Reuttern / Soldaten vnd gäntzlichen Troß / vff ein hundert tausent Menschen / vnd auch auff so viel Pferde geschätzet / haben die Armeen zwölff Tage stille in diesem Feldlager gelegen / wodurch das Hauß Jerxheimb vnd GerichtsDörffer totaliter ruiniret. In deß Ampts Weinberge / das Weinhauß / sampt der Weinpressen / neben noch einem kleinen Hause / alle mit Ziegeln bedecket / vmbgerissen / den Zaun / so den Weinberg verwahrlich vmbgeben / verbrant / vnd alles verderbet / auch die Ampts-Teiche / so viel die Armeen an Wasser entrahten können / abgelassen vnd verwüstet. Es seynd von beyden kriegenden Theilen Salvaguardien auffs Hauß Jerxheimb geleget / welche mit sehr schweren Kosten vnterhalten / vnd das Hauß Jerxheimb in solcher grossen Noht / für Einfall vnd gäntzlicher Plünderung behütet / aber der höltzerne Haußgeraht an Tischen / Taffeln / Bäncken vnd Schemeln / vom Hause herunter genommen / vnd im Abzuge mit weggeführet / vnd verbrant worden.

[T62]