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Topographia Braunschweig Lüneburg: Anhang

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Topographia Germaniae
Anhang
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1654, S. 218–220.
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[218]
Beschreibung der Hertzogthümber
Anhang.
Dieses der Beschreibung der Statt Eimbeck hinzu zu thun.

In vnd ausserhalb der Statt Eimbeck seyn zwey Stiffter / als S. Alexandri, vnd B. Mariae Virginis, belegen / Was das Stifft S. Alexandri belanget / ist Fraw Gesa / geborne Gräfin von Schwalenberge / Graff Albrecht zur Catlenburg hinterlassene Witwe / Graff Dieterichs deß Eltern Fraw Mutter / (wie auch Johannes Letznerus in seinem Einbeckischen Chronico part. 5. lib. 6. fol. 59. 60. et seqq. schreibet) die erste fundatrix dieses Stiffts gewesen / welche Anno 1094. vom Pabst Vrban dem Andern / vnd Keyser Heinrich dem Vierdten / die Confirmation vnd privilegia darüber erhalten / alle ihren Fräwlichen Schmuck / sampt vielen köstlichen Kleinodien / vnd einer ansehnlichen Summen Geldes / zu dieser Canoney vermachet / auch ihrem geliebten Sohn / Grafen Dieterichen dem Eltern zur Catlenburg / auff ihrem Todtbette mit einem leiblichen Ayde verbunden / vnd ihme befohlen vnd aufferleget / Er ihr auch mit Handgegebener Trewe versprochen / in die Ehre deß Märtyrers Alexanders eine Geistliche Canoney vnd Kirchen zu bawen / der dann selbiger Zusage zu folge / mit Raht vnd Consens Ruthardi deß Ertzbischoffs zu Maintz / vnd seiner Gefreundten der Ruhegrafen zu Dassel / diß Stifft in honorem Dei omnipotentis et S. Alexandri martyris, an diesem Orte / da jetzo die Statt Eimbeck stehet / zum andern mahl zu bawen angefangen / der Kriegsunruhe halber aber nicht vollendet / biß nachgehends Fraw Gertrudis / geborne Marggräfin zu Sachsen / Marggraff Ekbrecht deß Eltern Tochter / vnd Marggraff Ekbrecht deß Jüngern Schwester / Grafen Dieterichs zur Catlenburg deß Eltern / Gemahlin / diß newe Stifft / S. Alexandri, Anno 1108. vollendet / vnd reichlich begabet / auch vom Pabst Paschale II. vnd Keyser Heinrich dem Fünfften / stattliche Confirmationes, Privilegia, Begnadung vnd Freyheit darüber erlanget / mit grossen Kosten mannicherley Heiligthumb / worunter das heilige Blut / vnd etzliche particul von S. Alexandro, das vornehmste gewesen / dabey gebracht / deren die Ruhegrafen zu Dassel / Edle Herren von Homburg / viele vornehme vom Adel / vnd andere reiche vermügende Leute trewlich geholffen / vnd mit beeden Händen mildiglich darzu gegeben / vnd ist also die klein Capelle deß H. Bluts der erste anfang gewesen / vnd nach deme ein grosser Zulauff worden / auch Pabst Gelasius II. diese Walfahrt bestettiget / dahero durch den reichlich offerirten Fertonem, die Vff- vnd Einnahme immer grösser worden / ist der hohe Chor / sampt der gewölbeten Klufft / bey obbemeldete Capellen zu erst gebawet / vnd Anno 1316. verfertiget worden. So hat Hertzog Heinrich zu Braunschweig vnd Lüneburg / Herr zu Grubenhagen / Hertzogen Albrechts deß Grossen Sohn / die Stüle vor die Canonicos oder Chorherren bawen lassen / vnd das Stifft / wo er immer gekont / verbessert vnd befordert / wie die an denenselben mit güldenen Buchstaben stehende Schrifft / Anno M. CC. LXXXIX. Dux Henricus has fedes ordinavit, bezeuget / Den mittelsten Theil hat M. Hanß Mollrümb / Anno 1404. angefangen / vnd Anno 1416. vollendet. Vnd ob wol eodem anno das Fundament zum Thurn oder Hintertheile angefangen / alle Jahr daran gebawet / vnd so weit / als im Augenschein befindlich / in- vnd außwendig fest vnd starck gnug auffgeführet vnd verwahret / ist doch diese gantz herrlich vnd schön zugerichtete Kirche / nebenst andern vielen herrlichen vnd kostbaren Gebäuden / vnd stattlichen fast zierlichen Kleinodien vnd Ornamenten / durch die vngeheure Fewersbrunst / so gar auß vnd herunter gebracht / öde / wüste vnd vngestalt worden / daß alle im Thurn verhandene Glocken zerschmoltzen / vnd die von M. Hanß Arneman / Anno 1487. in die Mauritii, in honorem S. Alexandri, gegossene / vnd Anno 1506. vff den Thurn gebrachte grosse Glocke herunter gefallen / jedoch [219] vnversehret blieben / nach dem Brande wieder an ihren Ort bracht / vnd noch verhanden.

Es haben auch die Canonici vnd andere fürnehme Leute das beste dabey gethan / daß die Kirche in so weit restauriret / zierliche ornamenta, Altare / Leuchter / Cronen / Orgel vnd derogleichen / wieder herein gezeuget / vnd die Kirche in esse vnd Stande erhalten.

Von Antiquitäten ist noch das H. Blut in einem vergüldeten Kelche / in einem Tüchlein verwickelt / vnd mit einem Deckel / worauff ein Creutze / zugedecket / sampt dem Speer / womit deß Herrn Christi Seite soll eröffnet seyn / auch die Cronen vnd Nageln annoch vorhanden / imgleichen eine alte fast künstliche Altar-Tafel / woran nebenst der Creutzigung Christi / das martyrium deß H. Alexandri, vnd seiner Brüder Januarii, Felicis, Philippi, Silvani, Vitalis vnd Martialis, vnd ihrer Mutter Felicitatis, sehr zierlich abgemahlet / wie auch die Kelche / grosse MessingsCrone / eherne Tauff / vnd Kleinodia / so Degenhardus, ein Canonicus deß Stiffts / fundiret vnd verehret.

Es ist dieses Stifft noch zu gegenwärtiger Zeit mit einem Seniore vnd Capitularn besetzet / welche nach deß Stiffts von der Fürstl. hohen Obrigkeit bekräfftigten vnd verbesserten statutis sich richten / inmassen auch der Gottesdienst täglich vnd fleissig in der Kirchen getrieben wird.

Das vor der Statt belegene Stifft B. Mariae Virginis, oder der H. Jungfrawen Marien / hat Fraw Rixa / Keysers Lotharii nachgelassene Wittwe / vnd Grafen Heinrichs zu Northeim / vnd Gertruden / Marggräfinnen in Sachsen Tochter / in honorem B. Mariae Virginis, allererst gestifftet / vnd zu bawen angefangen / vmb das Jahr Christi 1140. aber nit vollendet / wie Letznerus in seiner Einbeckischen Chronicken / part. 1. lib. 6. cap. 9. Meldung thuet / doch aber feine Intraden / vnd jährlich Auffkommens Güter dabey vermachet / Imgleichen viel Reliquias Sanctorum, vnd Heiligthumbs von Jerusalem vnd Rom / (so die Leute zu der Zeit hochgehalten / vnd mit grosser Andacht veneriret) in diese Canoney verehret / vnd über das alles viel stattliche privilegia, Freyheit vnd Gerechtigkeit / von etzlichen Päbsten / Bischoffen / Keyser vnd Fürsten / derselben zum besten erhalten vnd außgebracht. Was aber höchstgedachte Keyserin an jetztbemeltem Stiffte / wegen deß Todesfalls / nicht hat können zu einem gewünscheten Ende bringen / solches hat 140. Jahr hernach / nemlich Anno 1280. Hertzog Heinrich der Wunderliche / Hertzogen Albrechten der Grosse genant / Sohn / ein Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / vnd Herr zum Grubenhagen / mit Befoderung vnd Hülffe seiner Gemahlinnen / Fraw Agnesen / Landgräfin zu Thüringen / vnd Marggräfin zu Meissen / vollenführet / vnd das Stifft / die Kirche vnd Gottesdienst / allererst in den Stand vnd seine rechte Ordnung gebracht / wie solches auß einem alten Calender auff Pergamein geschrieben / (der dann noch heutiges Tages im Stiffte vnser lieben Frawen verhanden) klärlich / doch ohne Jahrzahl / zu ersehen. Die Worte aber in jetztgedachtem Calendario lauten davon also: Die Virginis Reginae, obitus Illustris Principis Henrici in Brunswick Fundatoris Canoniae et hujus Ecclesiae, et Agnetis Conthoralis ejus. Also thut man diesen Hertzogen Henrichen / weil er das von der höchstgedachten Keyserinnen Richsa angefangenes Werck vollendet / vnd zum rechten Stand gebracht / vor den Fundatorn billig halten. Es ist aber dieser hochlöbl. Fürst Anno Christi 1323. selig in Gott verstorben / vnd in das Stifft S. Alexandri bestattet worden / wie Letznerus am gedachten Orte erwehnet.

Sonst hat diese Stifftskirche vor der Statt Eimbeck / ausser dem Tiedexerthor / allernechst an dem Stattgraben / an dem Krummenwasser / an einem sehr lustigen vnd fruchtbaren Orte / wie bekant / gelegen / Es ist aber die schöne Kirche / wie folgen wird / jetzo ruiniret / vnd der Erden gleich gemacht. Der Antiquitäten sollen von der mehrhöchstgedachten Keyserinnen Richsen / diese Canoney gar viel zugebracht / vnd verehret worden seyn / vnter welchen / secundum Letznerum, unser lieben FrawenHaar vnd Milch in grossem Ansehen vnd Würden [220] sollen gewesen seyn / also daß das Volck in grosser Frequentz / vnd mit keiner geringen Devotion / Walfahrten dahin angestellet / damit sie solches zu sehen bekommen / vnd Gnade vnd Vergebung der Sünden dadurch erlangten / worüber dann der Zulauff in S. Alexandri Stifft / wie groß er auch gewesen / gar sehr abgenommen. Von sothanen vermeynten Reliquien hat man heutigs Tages nichts mehr auffzuweisen / dann die außgewichene Catholische Canonici, so jemals bey dem Stiffte davon etwas verhanden gewesen / auß sonderbarer Devotion dasselbe mit sich / als ein Heiligthumb / weggenommen haben.

Denckwürdig ist / was Anno 1547. sich mit dieses Stiffts Kirche zugetragen vnd begeben. Dann als im gedachten Jahre auff dem Teutschen Boden an vielen Orten grosse Kriegs-praeparatoria, vnd sonderlich in der Nachbarschafft angestellet worden / also vnd derogestalt / daß die von Eimbeck dieserwegen sich eines schleunigen Vberfalls besorget / haben sie die Kirchen Vnser Lieben Frawen / weil ihnen dieselbe so gar nahe an dem Stattgraben vnd der Vestung gelegen / gefährlich vnd schädlich seyn möchte / (doch mit Consens vnd gnädiger Erlaubnuß ihres Landesfürsten / Hertzog Philips deß Eltern / vnd der Herren selbiges Stiffts / als sie über 200. Jahren nach der ersten Erbawung gestanden) auff ihren eigenen Vnkosten eingerissen / vnd abgebrochen / dabey aber ein Erbar Raht der Statt Eimbeck sich obligiren müssen / daß in künfftigen Zeiten bey wiederauffbawung der demolirten Kirchen Sie wolten vnd solten das ihrige dazu thun helffen. Wie dann auch Anno Christi 1566. würcklich geschehen / in deme erwehnter Raht mit Gelde / vnd anderer Notturfft an Holtz vnd Steinen / zur Erbawung dieser Kirchen / der Verpflichtung nach / ist herbey gekommen. Ist also eine feine zierliche Kirche damals an demselbigen Orte wiederumb / wiewol mit grossen Vnkosten deß Stiffts erbawet worden. Es hat aber diese newe erbawete Kirche / als sie kaum 60. Jahre / vnd etwas darüber gestanden / Anno 1632. gleiche demolition vnd ruin erfahren vnd außstehen müssen / dann als im gedachten Jahr die Statt Eimbeck sich einer Belagerung / wie Anno 1547. von dem Keyserl. General Papenheim befürchten müssen / vnd Sorge dabey getragen / es möchte der Feind zu seinem Vortheil sich dieser Kirchen / so nahe an der Vestung gelegen / in seiner Approche gebrauchen / Als hat der Raht dieser Statt / auff vielfältiges vnterthäniges Ansuchen / vnd endlich darauff erhaltenen gnädigen Consens deß Landesfürsten / Hertzogen Christians zu Braunschweig vnd Lüneburg / hochseel. Angedenckens / diese wolerbawete schöne newe Kirche / vnd die darumb herligende Stifftshäuser herunter gerissen / vnd der Erden gleich gemacht / daß also nicht mehr / als die blossen rudera bey jetziger zeit davon zu sehen / vnd ist sonderlich notabel vnd zu observiren dabey / daß zum offtern das Fewr vergebens angeleget worden / ehe vnd bevor diese gute Kirche hat können in den Brand gesetzet werden.

Anjetzo wird der Gottesdienst von den anwesenden Capitularn in S. Alexandri Münster / nebenst selbigen Stiffts Capitularn / zugleich verrichtet.