Zum Inhalt springen

Topographia Alsatiae: Zabern

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Topographia Germaniae
Zabern (heute: Saverne)
<<<Vorheriger
Wördt
Nächster>>>
Zellenberg
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1643/44, S. 69–70.
[[| in Wikisource]]
Saverne in der Wikipedia
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du unter Hilfe
Link zur Indexseite


[T39]


[69]
Zabern / oder Elsaß-Zabern /
Tabernae Alsaticae.

Diese vier Meil von Straßburg gelegene / und dem Bischthumb Straßburg gehörige Stadt / und deß Bischoffs Residentz / ist von Natur ein vest und verwahrter Orth / so wol wegen deß nächstgelenen Bergs / deß Gewälds / als auch deß engen Passes halber. Dann bald gegen über ein hoher Berg / so die hohe Barr heisset / und ein Stück vom Waßgäu / und auff solchem Berg ein vestes Schloß ist / so die Stadt beschützet. Hereinwarts gegen der Stadt zu / ist ein enger / steinigter / rauher / ungehobelter Weg / die die hohe Zaberische Staig genandt; auff der einen Seiten ein Abgrund deß Thals / durch und durch bergicht / ein eintzige Straß / da wenig viel hundert können auffhalten. Vor-Zeiten wurde diese Stadt / so nicht groß ist / Tabernae, und Tres Tabernae geheissen / in deren Gegend die Mediomatrici, gewohnet / welche hernach von den Drey-Buchern / oder Tribocis, seyn vertrieben worden. Und hatten die Römer allda eine Schantz wider die Alemannier / und als solche von ihnen verstöret worden / hat Käyser Julianus, so die Alemanner auff dem Straßburger Boden geschlagen / sie wieder erbauet. Sie wird Elsaß-Zabern / zum Underscheid Rhein-Zabern / und Berg-Zabern genandt. Und sagt Hieronymus Gebwilerus, als / bey Regierung Käysers Augusti, Drusius ein grosses Volck wider die Teutsche geführet / seyen die Römische Knecht hin und wider auff dem Frantzösischen Boden an den Gestad deß Rheins in die Winter-Läger zertheilet worden / deren Läger noch jetzt drey berühmbte seyen / als Hiberna[1] Alsatiae, Hiberna Rheni, und Hiberna Montis, so die Unerfahrene Zabernias nennen. Hat in der Stadt auch ein Schloß / so ümbs Jahr Christi 1500. ohngefähr / sampt der Pfarr-Kirch / wieder erneuert / auch ein Capell bey der Kirch / zu einer Bischofflichen Begräbnüß / erbauet worden. Es hat allhie zwey Wasser / die Sorr / oder Sorn / und die Schwartzbach. Obgedachte Zaberische Steig (so ein Theil das Waßgäu / und Gebürgs Vosagi ist / und sich bald ausser der Stadt gegen Lothringen wärts / anfahet) hat Bischoff Wilhelmus III. zu Straßburg / ein Graff von Hohenstein / so Anno 1541. gestorben / machen lassen. Munsterus sagt / daß die Rinckmauer / so ümb Zabern gehet / so viel Thürnen habe / als Wochen im Jahr seyn / und seyen je zwischen 2. Thürnen 7. Zinnen / und also hab die Mauer so viel Zinnen / als Tag im Jahr seynd. Dickernandter Hertzog schreibet libr. 3. cap. 13. auß der Collmarischen Chronick / daß Anno 1279. allhie / mehr dann 34. Menschen von einer Mauren erschlagen worden seyen. Anno 1525. wurden bey: und in dieser Stadt etlich tausend auffrührischer Bauren / von dem Hertzogen auß Lothringen / in 3. Stunden / erschlagen. Und gleich darnach / in 3. oder 4. Tagen / schlug derselbig Hertzog / bey Scherwyler / ein [70] halbe Meil fern von Schlettstadt / auch etlich tausend Bauren zu todt; wie obgedachter Munsterus bezeuget. Als Henricus II. König in Franckreich Anno 1552. wider Käyser Carolum V. ins Teutschland zoge / hat Er allhie mit seinem Kriegs-Volck / etliche Tag verharret / die Bottschafften verhöret / und abgefertiget. Anno 1574. den 4. Januarii, haben die Frantzosen / den Graffen von Embs / welcher / als ein Obrister / 1. Regiment Knecht in Braband führte / bey Elsaß-Zabern nidergelegt. Anno 1622. ist diese Stadt von dem Graffen von Manßfeld / und von Pfältzischen / vergebens belägert worden. Anno 1634. hatten sich die Lothringer in Zabern fest gesetzt / wolten auch den Graffen von Salm / als gewesten Stadthaltern / nicht mehr allda einlassen: daher Er auff die ob der Stadt gelegene Vestung Hohenbaar / und daselbst / auff Ankunfft deß Frantzösichen Obersten de la Blocquerie, sich in deß Königs in Franckreich Schutz begeben / und demselben nicht allein dieses Schloß Hohen-Baar; sondern auch Hagenau / und Reichshofen[2] / abgetretten. Und wurden darauff diese beyde Städt / von den Frantzosen / besetzt / und gaben Ihnen auch die Lothringer Zabern auff. Die Käyserischen warffen zu Hüttingen / hart underhalb Basel / eine Schantz auff / so im Martio dieses Jahrs die Rhein-Gräffischen überkommen. Zu Gebweiler lag Obrist Mercy; zu Sennen / Marg-Graff Hermann von Baden. Anno 1635. auff dem Zug deß General Gallas nach Lothringen / und Burgund / hat Er / Graff Gallas / wo nicht die Helffte / wie etliche davon melden / und[3] die Hohen-Officirer selbst unverholen bekandt haben sollen / dennoch gewißlich zehen / oder zwölff tausend Mann / und darüber / durch Hunger / und Contagion, im Lauff gelassen; Ja noch in der Retraicte viel hundert alter Knechte seyn nidergefallen / verschmachtet / und haben ihr Leben jämmerlich enden müssen Und wann nicht dieses Elsaß-Zabern / und die Vestung Hohen-Baar / als Gallas die Breche zu schiessen angefangen / die Frantzosen / ohne Erwartung mehrern Ernsts / accordirt hätten / daß Gallas / den 16. Novembris, sich alda setzen können / seine Armée von 30. oder 40. tausend Mann / gar zu trümmern gangen were. Muste gleichwol dieselbe hin und wider außtheilen / die dannoch / an vielen Orthen wenig zu beissen fande / und Hunger leiden muste / daß viel außreissen thaten. Theils lieffen den Gallassischen auch ümbs Geldt nichts zukommen. Gedachter Herr General Gallas erfrischte sich in Zabern / ein Zeitlang / ungeachtet / daß die Pest / und das Starben / so wol under Pferdten / als Menschen / erschröcklich grassirte. Als aber die Frantzosen dahin begunten zu gehen / machte Er sich mit dem General Commissario von Ossa, den 25. Januarii Anno 36. von Zabern / auff Cron Weissenburg. Sie blieben aber daselst nicht / sondern zogen weiter: und wird berichtet / daß zwischen Landau / und Weissenburg / über tausend todte Menschen under Wegens gelegen / welche / in diesem Zug / von Hunger / und Mattigkeit / verschmachtet. Und hielt man in gemein davor / daß / seyt Gallas wieder auff Teutschen Boden kommen / Ihm / von dem Volck / so Er noch mit zurück gebracht / und bey sich herümb im Quartier bißher gehalten / zwey drittheil / durch Pest / und Hunger / gestorben. Die Hunde worden von unbegrabenen / und gefressenen Todten / wütend. Den ersten Junii dieses 56. Jahrs hat Hertzog Bernhard von Sachsen die Schantz ob Zabern / ohn einiges Manns verlust: überstossen. Darauff belägerten Er / und der Cardinal de la Valette, die Stadt Elsaß-Zabern selbsten / damit es dann ernstlich daher gegangen / und ward Ihme / dem Hertzogen / der zweite Finger / oder Zeiger an der lincken Hand / weggeschossen / und Er / durch eine Kugel / an ein Bein gesträifft. Under andern vornehmen Leuthen blieb da / im stürmen / den 9. Junii, Graff Jacob Johann von Hanau. Als man den 15. dieses / wieder stürmete / haben die Belägerten die eusserste Stadt verlassen / und sich in die innere begeben; gleichwol im abweichen / die meiste Häuser in Brand gesteckt / und in die Asche gelegt. Dessen ungeacht / logirte der Hertzog in den Steinhauffen / und galt es nunmehr den übrigen zweyen Städten. Der Obrist Wurmbrand / (Frey-Herr) hat / wegen eines Truncks / mit seinen Officirern zu Straßburg / die Convoy versaumbt / und ist den 18. Junii, als Er hieher ins Läger vor Zabern gewolt / am Kochersberg / von den Croaten gefangen worden: der Feld-Marschall Hebron aber / als Er die Werck zu besehen herümb gegangen / ward den 28. Junii, auß Zabern / durch ein Mußqueten-Schuß / in den Halß getroffen / daß Er ein paar Stunden hernach sein Leben beschlossen hat. Der Viconte von Touraine ward auch an einem Arm / aber ohne sondern Schaden / verletzet. Endlich ward diese Stadt Zabern / sampt dem obgedachten Schloß Hohen-Barr / den 5. 15. Julii, vom Hertzog Bernharden / und den Frantzosen / mit Accord erobert.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. WS: Überflüssiges Komma entfernt.
  2. WS: Im Original Reichshofeu
  3. WS: Im Original uud