Thiers (Die Gartenlaube 1854)
[628] Als Thiers auf einer seiner letzten Reisen im Luxemburgischen durch das Dorf kam in dem er aufgewachsen und in die Schule gegangen war, suchte er seinen alten Schulmeister auf, der noch am Leben war.
„Kennt Ihr mich?“ fragte er ihn.
„Nein.“
„Wie, Ihr kennt den kleinen Adolph Thiers nicht mehr?“
„Ach, meint Ihr den kleinen Taugenichts?“
„Ja wohl, der bin ich.“
„So, so, nun es freut mich, Euch wieder zu sehen. Es geht Euch doch gut?“
„O ganz wohl, und wie steht es mit Euch?“
„Ja, mir geht es nicht besonders. Ich habe wenig Schüler und Mühe, durchzukommen.“
Thiers gab ihm darauf einige Goldstücke. Der Alte bedankte sich und sagte: „Verzeiht mir die Frage, aber sagt einmal, was seid Ihr? Banquier, Kaufmann oder sonst was?“
„Ich habe mich vom Geschäft zurückgezogen,“ erwiederte Thiers. „Ich war Minister.“
„So,“ meinte darauf der Alte. „Hoffentlich seid Ihr doch Protestant geblieben?“
Als ihn Thiers auch darüber beruhigt hatte, schieden sie freundschaftlichst und der Alte bot Thiers reichlichen Stoff, lachend über die Gebrechlichkeiten des menschlichen Ruhmes nachzudenken.
Der alte Schulmann erinnert lebhaft an die noch schlagendere Anekdote von der alten Hökerin, die vor dem Eingange in Sanssouci Aepfel feil hielt und mit der Friedrich der Große zu reden pflegte. Als er dies auch nach seiner Rückkehr aus dem siebenjährigen Kriege that, fragte ihn die Frau:
„Na, wo ist Er denn so lange gewesen?“
„Im Kriege, weiß Sie denn das nicht?“ erwiederte der König.
„Ach, wie soll ick det wissen,“ sagte darauf die Alte. „Pack schlägt sich und Pack verträgt sich.“
Die Frau sollte in Elihu Burrit’s „Olivenblättern“ als wahrste Repräsentantin der Friedenspartei paradiren.