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Theodor Storm (Gartenlaube 1887)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Victor Blüthgen
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Titel: Theodor Storm
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 37, S. 597, 610–611
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[597]

Theodor Storm.
Nach einer Photographie von Karl Andersen in Neumünster.

[610] Theodor Storm. (Mit Portrait S. 597.) In die wenig erfreuliche litterarische Gegenwart, deren unklare Strömungen ohne sichere Ziele durch einander treiben, reicht das künstlerische Schaffen von ein paar Männern älterer Schule herzerquickend hinein. Zu diesen gehört in erster Linie Hans Theodor Woldsee Storm, dessen 70. Geburtstag in dieser Zeit ein weiter Verehrerkreis mit ihm feiert.

Geboren am 14. September 1817 zu Husum an der Westküste von Schleswig, aus wohlhabender, weitverzweigter, angesehener Familie stammend, wurde Storm wie sein Vater Jurist (in Kiel und Berlin) und ließ sich in der noch dänischen Vaterstadt als Advokat nieder. Aber seine deutsche Gesinnung machte seine Stellung dort unhaltbar, so ging er 1853 nach Preußen, wurde in Potsdam Gerichtsassessor, dann 1856 in Heiligenstadt Kreisrichter, bis ihn 1864 die vom dänischen Joche befreite Vaterstadt als Landvogt zurückrief. Nach der Gerichtsreorganisation von 1867 blieb er Amtsrichter und lebt seit 1880 als pensionirter Amtsgerichtsrath auf seiner ländlichen Besitzung in Hademarschen. Seine überaus glückliche erste Ehe mit einer Verwandten zerstörte der Tod kurz nach der Rückkehr – ein Kindbettfieber raffte die Gattin hinweg; eine spätere zweite Ehe gab den Kindern wieder eine Mutter und dem Dichter eine sympathische Lebensgefährtin und Pflegerin.

[611] Storm hat Gedichte und Novellen geschrieben, durchweg ausgereifte, bis aufs Wort durchgebildete und durchgefeilte Kunstwerke, mit jeder Zeile den Duft einer ganz bestimmten poetischen Eigenart athmend. Ihm fehlt der große Schwung – aber ihm fehlt dafür auch völlig die Phrase, die wuchernde Ueppigkeit; und seine „Gedichte“, welche mehr als sechs Auflagen verdient hätten, sind von ergreifender Naturlaute. Die meisterhaft gestalteten Novellen – er arbeitet wohl ein Jahr an einer solchen – tragen einen stark lyrischen Charakter, um so mehr, je älter sie dem Ursprung nach sind; so das weitverbreitete „Immensee“, von welchem jetzt im Amelang’schen Verlag in Leipzig eine prächtig ausgestattete Jubiläumsausgabe mit 23 stimmungsvollen Heliogravüren nach W. Hasemann und Prof. Edmund Kanoldt erscheint. Die Stimmung macht neben der filigranartigen Detailschilderung den Reiz dieser Dichtung aus. Erst in den späteren Arbeiten beginnen die Gestalten plastischer, der Aufbau epischer, die innere Bewegung mannigfaltiger, leidenschaftlicher zu werden, wie in „Aquis submersus“ u. A. Die Werke Storms erscheinen in einer Gesammtausgabe, die gegenwärtig 14 Bände zählt. Mögen dem greisen Dichter noch reiche Jahre rüstigen Schaffens und beschaulichen Genießens beschieden sein! Victor Blüthgen.