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Theodor Körners Vorfahren

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Andreas Morgenroth, kurfürstlicher Buchdrucker 1578–1586 Theodor Körners Vorfahren (1894) von Franz Blanckmeister
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896)
Das erste Dresdner lutherische Gesangbuch 1593
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Theodor Körners Vorfahren.
Von Pastor F. Blanckmeister.


Nicht bloß für den Literarhistoriker, sondern mehr noch für den Freund der Kultur- und Lokalgeschichte ist es von einem gewissen Interesse, die Stammbäume berühmter Dichter und Denker zu erforschen, um die Heimath, den Grund und Boden kennen zu lernen, auf dem sie erwachsen sind.

Das Körner-Jubiläum von 1891 regte in dem Verfasser den Gedanken an, der Genealogie unseres berühmten Stadtkindes nachzuspüren, um so mehr als darüber nicht gerade viel bekannt war. Was sich in Akten und Kirchenbüchern fand, ist freilich wenig genug und reicht nur bis zur fünften Generation hinauf, es bietet aber doch zu dem Altbekannten einiges Neue und darf einer freundlichen Beachtung gewiß sein.

Die Geschlechter vieler unserer bedeutendsten Geister wurzeln in den untersten Schichten des Volkes, im Bauern- und Handwerkerstande. Luthers Ahnen sind „rechte Bauern“ gewesen, Melanchthons Vater war ein Waffenschmied, das Geschlecht Goethes geht gleichfalls auf einen Schmiedemeister in Artern zurück, Schillers Vorfahren waren ehrsame Bäcker, Kants Vater ein Sattler, Fichtes Vater ein armer Bandweber in Rammenau. Und so hat auch Theodor Körners ältester Ahnherr, von dem wir zu erzählen wissen, einen höchst prosaischen Beruf, den eines Bierschröters, innegehabt. Johann Körner, auch Hans Körner genannt, „wohlgelittener Bürger und Bierschröter“, auch als „Bierzieher“ bezeichnet, ist geboren im Jahre 1651 vielleicht in Leipzig, wo er in der Nikolaistraße wohnte und nach einer Notiz in den städtischen „Leichenbüchern“ 51 Jahre alt Dienstag den 10. Oktober 1702 verstarb. Seine Gattin war Barbara geb. Müncher; sie war drei Jahre älter als er, nämlich 1648 geboren, hat, wie es scheint, erst in späteren Jahren geheirathet und ihren Mann um 18 Jahre überlebt, indem sie erst am 16. Juli 1720 im Alter von 72 Jahren in ihrer Wohnung in der Nikolaistraße verstorben ist. Was nun die Kinder dieses Ehepaares betrifft, so werden zunächst „zwei Mägdlein“ genannt, die alle beide am 21. September 1696 begraben worden sind; vielleicht hat sie eine damals in Leipzig „grassirende“ Epidemie im zarten Alter dahingerafft, ihre Namen werden im Rathsleichenbuche nicht genannt. Zu diesen beiden „Mägdlein“ gesellen sich noch zwei Brüder, einer, von dem wir nicht einmal den Namen wissen, und ein jüngerer, der uns allein interessirt, da er der Stammhalter dieser Familie Körner – andere Familien desselben Namens finden sich häufig in den Leipziger Kirchenbüchern – geworden ist. Ueber ihn sind wir genauer unterrichtet. Geboren ist er nicht wie seine beiden Schwestern im Bereiche der Nikolai-, sondern der Thomaskirche, deren Kirchenbuch uns meldet, daß ein Söhnlein des Johann Körner, dessen Stand hier nicht angegeben ist, und der Barbara geb. Müncher am 12. März 1688 in der Thomaskirche getauft worden sei und die Namen Johann Christoph erhalten habe. Aus diesem Eintrage darf man wohl schließen, daß der Vater, Johann Körner, von dessen Stand und Beruf das Kirchenbuch nichts zu melden weiß, und der damals noch in der Thomasparochie wohnte, im Jahre 1688 noch nicht „Bürger und Bierschröter“ gewesen ist und erst späterhin nach der Nikolaistraße zog, wo er sein Geschäft eröffnete. Einen Blick in den Kreis seiner Bekannten eröffnet uns die [142] Reihe der Personen, die er für sein Söhnlein Johann Christoph als Pathen erwählte. Sie gehören sämmtlich dem Stande der Kleinbürger an: „1. Johann Jakob Böhme, Registrator eines hochweisen Rathes bei der Kontributionsstube hier, 2. Jungfrau Anna Katharina Rössing, des Jakob Rössing, Bürgers und Messerschmieds, hinterlassene Tochter, 3. Johann Schlevoigt, Bürger und Tischler hier.“

Was ist nun aus diesem Johann Christoph Körner geworden? Eine ältere Kirchenzeitung, die Acta historico-ecclesiastica von 1736, liefert uns eine höchst dankenswerthe Lebensbeschreibung des Mannes, der sein Leben der Kirche geweiht hat. Am 11. März 1688 war er in Leipzig geboren, einen Tag darauf ward er, wie wir bereits wissen, zur heiligen Taufe gebracht. Seine Eltern hielten ihn fleißig zur Schule; und als er ungefähr 13 Jahre alt war, also um die Zeit, da sein Vater starb, wollte er die „Barbierkunst“ erlernen. Aber es fügte sich anders. Er kam nach seines Vaters Tode in das Haus des Konsistorialpräsidenten Born und genoß daselbst gelehrten Unterricht. Im 16. Jahre reifte in ihm der Entschluß, Theologie zu studiren; M. Kademann nahm ihn auf seine Stube, bereitete ihn auf die Universität vor, und im Jahre 1706 konnte sich der Achtzehnjährige inskribiren lassen. Schon im Jahre 1708 vertheidigte er eine lateinische Abhandlung, 1709 respondirte er bei einer Disputation, 1711 ward er Magister und Nachmittagsprediger an der Universitätskirche zu St. Pauli, 1716 habilitirte er sich durch eine Arbeit über das oftmals in den Psalmen vorkommende räthselhafte Wort „Sela“ und las als Privatdocent Kollegien über Homiletik und hebräische Sprache. Das Jahr 1724 brachte eine Wendung in seinem Leben. Er wurde nach Weimar als Kollaborator an der Stadtkirche berufen, als welcher er auf derselben Kanzel zu predigen hatte, auf der späterhin Johann Gottfried Herder ein Menschenalter stehen sollte. Im Jahre 1727 wurde er zum Diakonus befördert, was er bis an sein Lebensende blieb. Unsere Quelle giebt ihm das ehrende Zeugniß: „Er hatte wie in anderen Wissenschaften eines Gottesgelehrten, also vornehmlich in Hebraicis und Rabinicis eine gute Einsicht. In seinem mühsamen Amte war er unermüdet, und die Stunden, welche er davon frei hatte, widmete er den Studiis und sonderlich den Schriften Lutheri, die er mit großem Vergnügen täglich las. Seine Lehre war richtig, sein Vortrag schriftmäßig, sein Leben erbaulich und sein Ende selig.“ Gestorben ist er am 15. August 1736 an der Wassersucht, nur erst 48 Jahre alt, und hatte fünf Kinder, von denen ihn zwei Söhne und eine Tochter mit der Wittwe überlebten.

Dies führt uns auf die Familienverhältnisse Johann Christoph Körners. Früh vaterlos und seit 1720 auch mutterlos, hatte er sich in Leipzig gern an befreundete Familien angeschlossen. Zu diesen gehörte die Familie des Professors der Theologie D. Gottfried Olearius. Der Verkehr mit ihm mochte den jungen Magister öfters mit der ältesten Tochter des Hauses zusammengeführt haben, er vergaß sie nicht, und als er in Weimar in der Lage war, einen Hausstand zu gründen, holte er „Jungfer Christina Elisabeth Oleariussin“ als sein eheliches Gemahl heim. Am 25. Juni 1725 fand die Trauung in Leipzig statt und zwar „auf allergnädigsten Befehl in des Herrn Schellhafers Hause in der Klostergasse 2 Treppen hoch, mittags 12 Uhr“. Nach allem, was wir von der Gattin unseres Magisters wissen, scheint sie eine Frau von ungekünstelter Frömmigkeit, nicht gewöhnlicher Bildung, häuslichem Sinne und natürlicher Heiterkeit gewesen zu sein. Sie verstand die Kunst der Hausfrauen aus der guten alten Zeit, mit einem überaus bescheidenen Einkommen hauszuhalten, und dies war für das Haus um so nöthiger, da es sich bald mit Kindern füllte. Von den fünf Kindern interessirt uns der zweite und dritte Sohn weniger, da sie beide in ihrer Kindheit im Mai 1730 starben. Auch der dritte Sohn Johann Christoph Körner, der 1795 starb und von dem der noch in Dresden lebende Kaufmann Theodor Göldner abstammt, sowie die Tochter Christiane Sophie Körner, später verehelichte Ayrer, sei hier nur mit einem Worte berührt. Dagegen verfolgen wir das Leben dessen genauer, der den Stammbaum bis auf Theodor Körner fortführen sollte, des ältesten Sohnes: Johann Gottfried Körner.

Dieser ward geboren den 16. September 1726 in Weimar und den 17. getauft. Seine Pathen sind sämmtlich Leipziger, stammten doch beide Eltern aus Pleißathen. Zu den Freunden des Vaters gehörte der berühmte Philolog Johann Matthias Gesner. Er bemühte sich, schon dem Kinde in der Wiege eine gute Aussprache der Buchstaben beizubringen, um aus ihm später einmal einen tüchtigen Redner zu machen; denn daß das Knäblein dem Berufe des Vaters folgen müsse, stand von vornherein fest. Frühzeitig übergab man das Kind der Schule. Im Herbste 1732 schrieb Rektor Kiesewetter vom Weimarer Gymnasium in die Schulmatrikel: „714. Joannes Godofredus Corner, Vinariensis, natus annos 53/4 in classem IV. introductus est.“ Der Knabe gedieh. Nach dem Tode seines Vaters leitete die Mutter die Erziehung. Zu Michaelis 1743 konnte der siebzehnjährige junge Mann gründlich vorbereitet die Universität Leipzig beziehen. Noch ist im Körnermuseum in Dresden ein Brief vorhanden, den die treue Mutter dem jungen Studiosus der Theologie nach Leipzig nachsandte; er ist wegen seiner gelungenen Form ein Denkmal des heiteren Geistes der Körnerin, wegen seiner Einzelheiten von kulturhistorischem [143] Interesse. Von Verwandten und guten Freunden unterstützt, lag Körner fünf Jahre lang eifrig den Studien ob, ward 1748 Baccalaureus, dann Magister der Philosophie und trat 1750 als Katechet an der Peterskirche in den Kirchendienst der Stadt. Bald an die Thomaskirche versetzt, rückte er von Stufe zu Stufe, langsam aber stetig, empor, 1768 erhielt er die Würde eines Licentiaten der Theologie, 1770 den theologischen Doktorhut. Nachdem er schon 1752 die Stelle eines Universitätspredigers und Professors in Göttingen abgelehnt hatte, erhielt er 1775 einen Ruf als Generalsuperintendent nach Wittenberg, lehnte aber auch diesmal ab und zog es vor, Archidiakonus zu St. Thomas zu werden. Schon ein Jahr darauf stieg er zur höchsten Würde empor, indem er Superintendent und Pfarrer an St. Thomas, Assessor des Leipziger Konsistoriums, ordentlicher Professor der Theologie, später auch Domherr des Hochstifts Meißen ward. Am 4. Januar 1785 starb er im 59. Lebensjahre an einem „Steck- und Schlagfluß“. Von seinem schriftstellerischen Fleiße zeugt eine lange Reihe gelehrter theologischer Schriften, wie er denn z. B. die ganze Bibel mit Anmerkungen versehen herausgegeben hat. Seiner theologischen Richtung nach hält er die Mitte zwischen der alten lutherischen Orthodoxie und dem damals aufkommenden Rationalismus. Näheres über Charakter und Theologie des in jeder Beziehung untadeligen und würdigen Mannes darf der Verfasser hier um so eher übergehen, als er sich im 7. Bande der „Beiträge zur sächsischen Kirchengeschichte“ eingehend über Johann Gottfried Körner als Menschen und Theologen verbreitet hat.

Die Gattin Körners war seit 1755 Sophie Margarethe Stirner, die älteste Tochter eines angesehenen, kinderreichen und wohlhabenden Leipziger Kaufmannshauses. Eine Schwester der jungen Frau heirathete den Professor der Theologie Thalemann, der mit Gellert innigst befreundet war. Eine andere Schwester ward dem Aktuar Weber von der Leipziger Juristenfakultät vermählt, dessen Sohn Karl Gottlieb von Weber der bekannte Verfasser des Sächsischen Kirchenrechts und Präsident des Landeskonsistoriums, dessen Enkel Direktor des Dresdner Hauptstaatsarchivs war, letzterer also mit Theodor Körner „Andergeschwisterkind“. Durch seine Gattin überdies, sowie durch große Einnahmen in seinen zahlreichen Aemtern und ausgezeichnete Verwaltung dieser Einkünfte war Superintendent D. Körner allmählich in den Besitz eines beträchtlichen Vermögens gekommen. Mit diesem Vermögen, welches nach dem Tode beider Gatten 1785 in den Besitz des einzigen Kindes, des damaligen Oberkonsistorialraths D. Christian Gottfried Körner kam, ward es diesem möglich, seinen Freund Schiller jahrelang auf das Freigebigste zu unterstützen und späterhin seinem Sohne Theodor Körner die Mittel zu gewähren, seiner künstlerischen Ausbildung und seinen dichterischen Neigungen bequem sich zu widmen. So kamen also die Schätze, die der alte Superintendent gesammelt hatte, theilweise einem sehr edlen Zwecke zu Gute, der deutschen Nationalliteratur.

Doch damit sind wir der Geschichte vorausgeeilt und holen nach, was über Christian Gottfried Körner zu sagen ist. Er war der einzige Sohn seiner Eltern und ward am 2. Juli 1756 in Leipzig geboren. Zu seinen Pathen zählte der alte Johann Matthias Gesner. Ein Jahr darauf ward dem Elternpaare noch eine Tochter geschenkt, Johanne Sophie, die aber nach wenig Monaten wieder starb. So vereinigte sich denn die elterliche Pflege und Liebe auf den Sohn, der, nach sorgfältigem Unterricht in Leipzig, von 1769 bis 1772 auf der Landesschule zu Grimma für die Universitāt sich vorbereitete, die er, noch nicht sechzehnjährig, bezog, um die Rechte zu studiren. Bis 1777, wo er Dr. juris ward, lag er in Leipzig und Göttingen den Studien ob, machte dann eine Reise durch die Niederlande, England, Frankreich und Deutschland und hielt seit 1778 als Privatdozent in Leipzig nicht gerade zahlreich besuchte juristische Vorlesungen. Schon nach drei Jahren, 1781, ward er als Konsistorialadvokat in Leipzig angestellt, während er 1783 eine Stelle als Supernumerar-Oberkonsistorialrath in Dresden mit 200 Thalern Gehalt erhielt, die er zugleich mit dem Amte eines Assessors bei der Landeskommerzien-Deputation bekleidete. In dieser Stellung heirathete er 1785 seine „Minna“, Anna Maria Jakobina Stock, die zweite Tochter eines Leipziger Kupferstechers. Der alte Superintendent war zwar von der Neigung seines Sohnes zu einer Künstlerstochter wenig erbaut gewesen und hatte dem Sohne sein Mißfallen darüber in deutlicher Weise ausgedrückt, indem er ihm einmal das Bild seiner Braut – dasselbe, das heute als eine der schönsten Zierden des Körnermuseums bewundert wird – vor die Füße warf; aber der junge Körner hatte sich in keiner Weise beirren lassen und ist seiner Erkorenen treu geblieben. In einem Gartenhäuschen fand die Hochzeit statt, und der Dichter der Räuber hat dem jungen Paare das Hochzeitscarmen gedichtet. Wie glücklich der „Supernumerar-Oberkonsistorialrath“ mit seiner schönen und gutherzigen Gattin geworden, welch heitere Tage er mit ihr im Kreise gleichgesinnter Freunde und Freundinnen in Dresden und Loschwitz verlebte, welch schönes Glück insonderheit Schiller im Körner’schen Hause genoß, das alles ist zu bekannt, als daß es in diesen Blättern weiter ausgeführt zu werden brauchte. Als Oberkonsistorialrath ward unserm Körner außer einem früh verstorbenen Sohne Eduard seine Tochter Emma geboren. Als ihm am 23. September 1791 sein Sohn Karl Theodor geschenkt ward, war er bereits Appellationsrath, ein Amt, das ihm [144] 1790 mit 1000 Thalern Gehalt übertragen worden war. Im Jahre 1798 ward er Geh. Referendar im Geh. Konsilium mit 1200, seit 1801 mit 1500 Thalern Gehalt, im Jahre 1811 ließ er sich an das Appellationsgericht zurückversetzen. Das Jahr 1814 brachte eine Wendung, indem er unter General von Miltitz Beamter des russischen Gouvernements ward mit der gerade für ihn sehr passenden Aufgabe, über die Kunstinstitute, die Hofkapelle, die italienische Oper und das bis dahin nur subventionirte deutsche Theater zu wachen. Daß sein Wirken höheren Ortes anerkannt wurde, beweist die Verleihung des Annenordens II. und des rothen Adlerordens III. Klasse.

Längst hatte Körner den Wunsch gehabt, von Sachsen zu scheiden. Als seinem Sohne auch die Tochter im Tode gefolgt war, da riß er sich von der alten Heimath los und übernahm eine Stellung im preußischen Staatsdienste, die er durch seines Freundes Wilhelm von Humboldts Vermittelung gewonnen hatte. Am 3. Mai 1815 ward er zum kgl. preußischen Staatsrathe mit einem Gehalte von 2400 Thalern ernannt, ein Titel, der später in den eines Geheimen Oberregierungsrathes verwandelt ward. Bis an sein Lebensende in seinem Amte treu und eifrig thätig, ernst gestimmt durch den Verlust seiner beiden Kinder, doch gehoben von der Liebe des Weibes seiner Jugend und der Freundschaft auserlesener Geister – so lebte er in Berlin noch sechzehn Jahre bis zum 13. Mai 1831, während ihn seine Gattin noch um 12 Jahre überlebte. Sie ruhen beide neben ihren Kindern unter der Körnereiche zu Wöbbelin.

Auch nach dem Scheiden von Dresden blieben Körners noch lange Jahre mit Dresden verbunden, da sie bei ihrem Weggange ihre Besitzungen in der sächsischen Residenz nicht hatten verkaufen können. Ein Blick in die Geschichte der Körnerschen Grundstücke gewährt zugleich interessante Aufschlüsse über das Körnersche Vermögen. Im Jahre 1785 hatte Körner, der mit seinem jungen Weibe in der heutigen Körnerstraße, wo Theodor geboren ist, zur Miethe wohnte, den Loschwitzer Weinberg für 1100 Thaler gekauft, 1798 kaufte er für 10 000 Thaler das heute noch stehende Haus in der Schloßstraße und 1801 für 15 060 Thaler das beim Bau der König-Johannstraße gefallene palaisartige Haus in der Moritzstraße. Verkauft wurde von Körner selbst im Jahre 1823 das Haus in der Schloßstraße für 13 000 Thaler und 1826 der Weinberg für 1900 Thaler, während die Wittwe erst 1834 das Grundstück in der Moritzstraße für 21 500 Thaler veräußerte. Daß Körners über ein so beträchtliches Vermögen verfügten, rührt z. Th. von dem Umstande her, daß sie wiederholt namhafte Erbschaften gemacht hatten. So hatten sie z. B. nach dem Tode der Tante Ayrer in Zerbst im Jahre 1808 auf einmal nicht weniger als 18 042 Thaler geerbt.

Werfen wir zum Schlusse auf Theodor Körners Vorfahren einen Rückblick, so können wir es unterschreiben, was ein deutscher Gelehrter, Karl von Hase, von seiner Familie gesagt hat: „Es ist auch eine Gottesgabe, einer Familie anzugehören und ihre Geschlechter zu übersehen, welche seit Jahrhunderten in ihrer bürgerlichen Einfachheit sich ehrlich durchgeschlagen hat.“ Der Gewerbtreibende, der Handwerksmann, welcher die Ahnenreihe eröffnet, bestätigt nur, was wir schon bemerkt haben, daß die Wurzeln unserer hervorragendsten Männer in Kunst und Wissenschaft im Volke liegen. Die beiden Theologen, der Diakonus in Weimar und der Superintendent in Leipzig, belegen von neuem das bekannte Wort Gustav Freytags: „In Deutschland ist seit der Reformation selten ein bedeutender Mann aufgestanden, der nicht unter seinen Vorfahren einen Geistlichen zählt.“ Und wenn der eine dieser beiden Geistlichen nur eine bescheidene Stellung einnahm und keiner von beiden neue Bahnen in der Wissenschaft einschlug, so sind sie doch beide treue Diener der Kirche gewesen, Musterbilder der Frömmigkeit, Gelehrsamkeit und Charaktertüchtigkeit. Was aber Christian Gottfried Körner betrifft, den Juristen, so würde er eine Stelle in der Geschichte des deutschen Geisteslebens einnehmen für alle Zeiten, auch wenn er nicht Theodor Körners Vater geworden wäre. Er war der Busenfreund Schillers, das sagt genug, und hat auf den jungen Dichter in der Zeit seiner Entwickelung einen tiefen und nachhaltigen, auf alle Fälle höchst segensreichen Einfluß ausgeübt. Eine Natur wie Wilhelm von Humboldt, ist er ein hervorragender Beamter gewesen und hat durch sein Beispiel gezeigt, daß man ein vorzüglicher Oberkonsistorialrath, Appellationsrath und Staatsrath und zugleich ein vorzüglicher Kenner der Kunst und Wissenschaft sein kann. Sein Charakter ist über allen Tadel erhaben. Man kann über ihn kein besseres Urtheil fällen, als wie es der evangelische Bischof Neander, sein Freund, an seinem Grabe gefällt hat: Jedem von uns ist er bisweilen erschienen wie ein ehrwürdiger Mann des Alterthums, beseelt, gehoben und getragen vom christlichen Geiste.

Zu höchsten Ehren freilich hat den Namen Körner unser Theodor gebracht, der deutsche Tyrtäus, „zugleich ein Sänger und ein Held“. Ueber ihn zu sprechen, ist hier nicht meine Aufgabe. Ohnehin ist Theodor Körner eine der populärsten Gestalten der deutschen Dichterwelt. Das Bild des Heldenjünglings steht nicht nur, in Erz gegossen, dort vor der altberühmten Gelehrtenschule unserer Stadt, sein Bild lebt im Herzen eines jeden Dresdners und eines jeden Sachsen, ja in jedem deutschen Herzen.