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Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Verrufene Stellen

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Die Gleichensche Doppelehe Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Der milde Herr Augustin
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[307]
426.
Verrufene Stellen.

Nahe bei dem Vorwerke Freudenthal unter Burg Gleichen ist ein öder Platz, wo einige wilde Birnbäume stehen; dieser Platz heißt der Mordgarten. Ein Steinkreuz mit jetzt erloschener Inschrift kündete früher dem Wanderer, daß vor Zeiten hier ein blutiger Zweikampf stattfand, in welchem ein Herr von Bose das Leben lassen mußte um einer Liebe zu einer schönen Arnstädterin Willen, welche auch noch von einem andern Cavalier geliebt wurde, den jene verschmähte. Dieser Nebenbuhler von Bose’s suchte Anlaß, letztern zu reizen, man entzweite sich beim Spiel und eine Aufforderung erfolgte kurz vor dem bereits angesetzten Hochzeitstage. Schon hatte jene Jungfrau ihrem Geliebten das übliche Brauthemde zugesendet; er fiel im Zweikampfe, und das Brauthemde wurde sein Todenhemde. Die trauernde Braut ließ ihrem Geliebten dann an jener einsamen und seitdem verrufenen Stelle des Mordgartens jenes Kreuz setzen, mit Namen und Datum, und einem Gedenkverse.

Zwischen Wandersleben und Wechmar ist auch eine unheimliche Stelle, an der ein Mord verübt wurde, und [308] zwar durch einen Reiter, der zur Nacht ohne Kopf dort herum galloppirt, und in der Rechten ein großes blankes Schwert hält. Es ist nicht gut, zu dieser Zeit ihm zu begegnen. Einst hatte ein Bauernknecht aus Wandersleben Malz nach Wechmar zu fahren, und zwar in der Nacht, und kam just zur Geisterstunde nahe der Apfelstädt an einen Graben, als plötzlich die Pferde standen und alles antreibens und peitschens ohngeachtet nicht wieder zogen. Der Knecht wandte alle Mühe auf, die Pferde fortzubringen, allein er mühte sich vergebens, bis die Glocke in dem nahen Wechmar Eins schlug; da zogen die Pferde an, aber der Knecht bekam von unsichtbarer Hand ein Paar Ohrfeigen, die ihn ganz betäubt machten.