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Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Das alte Brautpaar

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Bergentrückungen in den Kiphäuser Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Der Schmied von Jüterbogk
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[257]
389.
Das alte Brautpaar.

Ein Beispiel noch längerer Bergentrückung that sich kund an einem jungen Brautpaare aus Tilleda, das Hochzeit feiern wollte, aber nicht einmal so viele Geräthschaften besaß, um einigen geladenen Gästen das Essen auftischen zu können. Da sprach der Vater der Braut halb im Scherz zu den Brautleuten: Ei geht doch hinaus aus den Kiphäuser und borgt euch was von der verzauberten Prinzessin. Und die jungen Leute gingen wirklich hinauf und oben trafen sie auch schon die Prinzessin an, als habe sie ihrer geharrt; sie winkte beiden, ihr in den Berg zu folgen. Da bekamen sie so viel Gutes an Essen und Trinken vorgesetzt, daß das reichste Hochzeitmahl in Tilleda nicht stattlicher hätte ausgerichtet werden können, und wurden beladen mit so viel Hausrath, daß sie ordentlich schwer davon zu tragen hatten, als sie frohen Herzens den Berg verließen, und wieder herunter nach Tilleda stiegen. Aber gar seltsam erging es ihnen da. Der Ort war ganz verändert, so daß sie meinten, sich in ein fremdes Dorf verirrt zu haben. Das Häuschen des Brautvaters stand nicht mehr, an seine Stelle war ein großes Oekonomiegutshaus erbaut. Die Leute hatten ganz andere Tracht, und staunten sie ob ihrer seltsam uraltmodischen Tracht an. Da kam auch der Geistliche des Ortes und sprach liebreich mit ihnen, und fragte sie, woher sie denn kämen? Das Brautpaar sagte ihm, daß es ja erst heute Nachmittage hinauf zum alten Friedrich spatzieren gegangen, und wüßten nicht, warum alles in Tilleda so anders wäre und lauter fremde Menschen? – Der Pfarrer hieß beide mit ihm gehen, und schlug nach im Kirchenbuche, und da stand [258] es, daß vor 200 Jahren ein junges Brautpaar hinauf auf den Kiphäuser gegangen und niemals zurückgekehrt. Da weinten die so alt Gewordenen und ließen sich vom Pfarrer einsegnen, und suchten den Kirchhof auf, wo ihre Verwandtschaft von 200 Jahren ruhte, und blieben dort allein, denn das junge Geschlecht scheute sich vor den beiden Alten, und nach drei Tagen fanden sich auf dem Kirchhofe die Leiber und Gewande beider in Asche zerfallen.