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Thüringer Sagenbuch. Erster Band/Die verschwundene Burg

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Die Cameels-Kammer und der Cameelsbrunnen Thüringer Sagenbuch. Erster Band
von Ludwig Bechstein
Teufelsstein
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[43]
28.
Die verschwundene Burg.

Wenn man von Themar den Wiesgrund hinauf nach Lengfeld geht, so sieht man, noch in ziemlicher Entfernung, einen langen und auch etwas hohen Berg, durch einen [44] Sattel gleichsam in zwei Hälften getheilt, hinter dem Dorfe sich erheben, der mit Fichten bewachsen ist, aber viele größere und kleinere leere Stellen zeigt, und dieser Berg wird die Burg genannt. Die linke Hälfte dieses Berges weist die größte und schon in weiter Ferne sichtbare kahle Stelle, wo der Boden ganz mit Steinen bedeckt ist, und auf diesem Platze soll in uralten Zeiten eine Burg gestanden haben. Es hatte aber die Burg, weil sie allzuhoch lag, keinen Brunnen und alles Wasser, so viel nur die Bewohner bedurften, mußte auf Eseln von den Lengfelder Brunnen den Berg hinauf geschafft werden. Einstmals wurde auch eine Ladung Wasser mit Eseln auf die Burg gebracht und der Treiber ging hinterdrein, um seine Lastthiere anzuregen. Als er sich an der Mitte des Berges befand, that plötzlich einer der Esel einen ungeheuer lauten, gräßlichen und noch nie gehörten Schrei, der Treiber aber achtete nicht weiter darauf und trieb zu. Ueber eine Weile ließ sich von dem Esel wieder ein ähnlicher Schrei hören und noch über eine Weile wieder einer, da fiel es dem Treiber doch auf, weil dieser Esel nach dem dritten Schrei auch stehen blieb und nicht weiter gehen wollte. Mit Schlägen trieb er nun den Esel an, aber er hatte große Mühe, ihn fortzubringen, denn er schlug mit seinen Füßen hinten aus und blieb lange trotz der Schläge stehen. Endlich gelangte der Eselstreiber mit seiner Wasserladung, nach manchen Hindernissen, auf den Scheitel des Berges, aber wie erstaunte er, als von der großen und schönen Burg keine Spur mehr zu sehen war: Sie war von der Erde verschwunden und nur einzelne Steinbrocken lagen auf dem Boden umher. Wohl hatte der Esel ihren Untergang geahnet.

[45] Unter dem Dorfe Lengfeld am Fahrwege nach Themar stand an einem Rain, woran von oben Aecker stoßen, in einem Nußheckengesträuch ein ohngefähr dritthalb Fuß hohes, mosiges Steinkreuz, das erst vor noch nicht langer Zeit weggerissen worden ist. Unter diesem Kreuz liegt, der Sage nach, ein Reitersmann sammt seinem Roß, denen beiden im dreißigjährigen Krieg an dieser Stelle der Kopf abgehauen worden ist, begraben; und allnächtlich in der zwölften Stunde besteigt der Reiter sein Roß, das wie er selbst ohne Kopf ist, und reitet langsam um das Kreuz herum, aber mit dem letzten Glockenschlage ist er auch wieder spurlos verschwunden.