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Teufelssteine

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Textdaten
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Autor: Friedrich Gottschalck
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Titel: Teufelssteine
Untertitel:
aus: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen, S. 134-141
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1814
Verlag: Hemmerde und Schwetschke
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Erscheinungsort: Halle
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
siehe auch Die Sage vom Lügenstein
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Teufelssteine.

Unsere guten Vorfahren, die mit festerem Glauben, als wir, an Gott hingen, glaubten auch eben so fest an das Daseyn des Teufels. Seine Einwirkung auf die Erde und ihre Bewohner war für sie außer Zweifel; denn sie fanden ja überall Spuren seines Wirkens und seiner teuflischen Kraft. Wo die Natur in ungewöhnlichen Formen erschien, wo sie groteske Bilder in ihren Schöpfungen aufgestellt hatte, da mußte der Teufel gehaust haben; denn nur ihm traute man solche gigantische Erzeugnisse zu. Wo etwas Ungewöhnliches geschehen, eine Handlung begangen war, die den Menschen entehrt hätte, oder die Ursache einer Begebenheit nicht gleich aufzufinden war, da mußte der Teufel den Namen hergeben, das wurde ihm zur Last gelegt.

Aber auch noch eine andere Ursache erzeugte jene Menge von Teufelsbenennungen, die noch jetzt Oerter, Berge, Felsen u. s. w. führen. Bei der gewaltsamen Heidenbekehrung Karls des Großen glaubten nämlich die christlichen Lehrer und Oberherren ihre neue Lehre nicht besser befestigen zu können, als wenn sie die Haine, Altäre und Götzen der Bekehrten zerstörten. Da nun aber manches davon doch nicht ganz vernichtet werden konnte, so suchten sie den Rest durch Beinamen, vom Teufel, Hexen und dergleichen, zu brandmarken. Daher jene Menge von Teufelsbenennungen in Deutschland, zu deren Erklärung man späterhin Geschichten erfand, die bis auf unsere Tage gekommen sind.

Der Teufel kam einmal zu einem Fürsten von Anhalt, der in Zerbst wohnte, und verlangte, daß er ihm die Stadt Zerbst abtreten solle. Der Fürst weigerte sich Anfangs, allein der Teufel ließ nicht nach; und da der Fürst sah, daß er dem Verlangen nicht werde ausweichen können, so bequemte er sich endlich dazu, machte aber noch die Bedingung: daß der Teufel zuvor einen am Hainholze bei Zerbst liegenden großen Stein drei Mal um die Stadt herum tragen müsse.

Der Teufel war das zufrieden, hieb mit einer Axt gewaltig in den Stein, daß sie darin stecken blieb, nahm dann den Stein auf die Schulter, und trat den Marsch um die Stadt an.

Der Fürst war unterdessen in der größten Angst. Er betete inbrünstig zu Gott um Abwendung des der Stadt bevorstehenden großen Unglücks, und sein Gebet wurde erhört.

Zwei Mal hatte der Teufel die Stadt schon umgangen, da fiel ihm beim Hainholze der Stein von der Axt. Ergrimmt darüber, verschwand der Böse, und die Stadt war gerettet. Im Steine blieb ein Stück von der Axt des Teufels stecken, das man noch heutiges Tages sieht.

Ein zweiter Teufelsstein liegt bei der Kirche des Dorfes Sennewitz, anderthalb Stunden von Halle an der Saale. An seiner Oberfläche sind fünf Vertiefungen wie Eindrücke von Fingern, die in den Stein gegriffen hätten.

Diesen Stein hat der Teufel, dem alle Gotteshäuser zuwider waren, beim Bau der Kirche in Sennewitz vom Petersberge auf sie herabgeschleudert, um sie zu zertrümmern. Der Wurf ist aber zu kurz geschehen, die Kirche unverletzt und das Felsstück daneben liegen geblieben. Aber die Abdrücke der fünf Krallen des Teufels sieht man noch darin.

Ein dritter Stein der Art liegt auf dem Wege von der Landeskrone nach der Stadt Görlitz in der Oberlausitz. Auch an ihm bemerkt man noch die Vertiefungen, wo ihn der Teufel mit seinen Klauen packte. Als dieser nämlich sah, daß in Görlitz der hohe Dom zur Ehre der Apostel Petrus und Paulus erbauet ward, gerieth er in Wuth, riß einen ungeheuren Felsblock von dem Berge „Landeskrone“ ab, und trug ihn hoch in die Luft, um ihn auf das schöne Gebäude niederfallen zu lassen und es zu zerschmettern. Aber Gott rettete das ihm geweihte Haus. Von seiner Macht gelähmt, mußte der Teufel das Felsstück früher, als über der Stadt, fallen lassen.

Ein vierter liegt auf dem Domplatze in Halberstadt. Er heißt: der Lügenstein. Der Vater der Lügen hatte, als der tiefe Grund zur Domkirche gelegt wurde, große Felsenmassen herbeigetragen, weil er hoffte, hier ein Haus entstehen zu sehen, das sein Reich mit neuen Unterthanen bevölkern könnte. Als er aber bemerkte, daß das Gebäude sich immer mehr in seiner Form erhob, die Gestalt eines Kreuzes erhielt, und daß man eine christliche Kirche erbaute, beschloß er, den Bau zu zerstören. Mit einem ungeheuern Felsstück schwebte er herab, um Gerüste und Mauern zu zerschmettern. Nur durch das Versprechen, ein Weinhaus dicht neben der Kirche zu erbauen, ward er besänftigt, und ließ den Fels auf dem geebneten Platze vor der Kirche fallen. Noch sieht man an ihm die Höhle, die der glühende Daumen seiner Hand, beim Tragen, eindrückte.

*     *     *

Es giebt gewiß noch an andern Orten solche Teufels- oder Zaubersteine. Ob die Sagen davon mit dem Vorstehenden im Wesentlichen übereinstimmen, weiß ich zwar nicht, glaube es aber fast; denn zu irgend einem bösen Zweck mußte der Teufel sich ihrer bedient haben.

Durch welche Kräfte der Stein, welcher beim Hainholze bei Zerbst liegt, dahin kam, ob ihn physische Revolutionen oder Menschenhände in diese flache sandige Gegend, wo kein Hügel, geschweige ein Gebirge zu finden ist, brachten, das möchte wohl eine nicht zu beantwortende Frage seyn. Eben so bleibt seine Bestimmung zweifelhaft. Vielleicht ist er der Denkstein eines gefallenen Helden, oder ein Opferaltar unsrer heidnischen Vorfahren, oder der Standpunkt für öffentliche Redner. Die Stücken Eisen, die man noch in ihm stecken sieht, sind wahrscheinlich abgebrochene Keile, womit man ihn vielleicht zu spalten versuchte.

Das Mährchen von ihm habe ich aus mündlichen Ueberlieferungen. Das vom Sennewitzer Stein erzählt Dreyhaupt in seiner Beschreibung des Saalkreises, Th. 2. Das von Görlitz findet sich in Grosser’s Lausitzischen Merkwürdigkeiten 1714. Th. 5. S. 12, aus denen es auch in Büsching’s Volkssagen 1e Abth. S. 177 aufgenommen wurde; und das von Halberstadt erzählt Otmar in seinen Volkssagen S. 27.