Tarpeja
Am Brunnen überfluthet im Dämmerlicht
Der volle Krug und die Mägde merken’s nicht,
Denn Nina plaudert: „Freundinnen, wisst ihr wohl,
Daß Eine sitzt im Gestein am Capitol?
Vor ihrem runden Silberspiegel stehn,
Die sich zu Haupt das güldene Krönlein hub –
Mein Schatz, der Beppo, da er nach Münzen grub.
Er schlüpfte durch einen schmalen Felsengang,
Sie glomm in Höllenlicht! Er rief: „Wie schön!“
Die Treppe brach mit donnerndem Getön.
Sie war des römischen Castellanes Kind
Und sie verrieth die Burg und das Burggesind!
Des Feindes Helmgekrön und Schildgeschmeid!
Die Krönlein all und die Stein’ und die goldnen Ring’
Beäugelt’ sie, die in Feindes Lager ging!
Sie öffnet’ ihm ein Thor mit sünd’gem Mut
Doch da am Feinde sie die Löhnung sucht’,
Ward sie mit Hohn erdrückt und mit Schildeswucht,
Sie stürzte, von ihrem eigenen Hort entseelt,
Erstickt vom Lohne den sie selbst gewählt.
Sie sank hinunter, hinab ins Felsgestein,
Hinab, hinunter viel hundert Klafter tief
Mit ihrem gleißenden Hort, darin sie schlief.
Da seitz die arme Seele nun in Pein
Tarpeja, gieb heraus der Kettlein drei!
Wir tragen’s den Knaben zu Lust in Lüften frei!
Tarpeja, gleite durch den Felsenspalt
Drei Kettlein und drei goldene Ringlein bald!
Du nur, was du verächtlich bei Seite schiebst.
Der Beppo sagt: weil du begingst Verrat,
Bist du verdammt für deine Missethat!
Behüt’ mich Gott! In Ewigkeit verdammt!
Man hört es oft – so sagt er – wie du lachst
Wann du dich schön vor deinem Spiegel machst!
Man hört es oft – so sagt er – wie du weinst,
Weil nicht du kommst in den schönen Himmel einst!
Tarpeja, gieb die Kettlein um Hals und Brust!
Wir beten, Arge, für dich den Rosenkranz,
Du steigst empor, empor in den Himmelsglanz!“