TBHB 1947-08-29
Einführung
[Bearbeiten]Der Artikel TBHB 1947-08-29 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 29. August 1947. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über eine Seite.
Tagebuchauszüge
[Bearbeiten][1] Vormittags traf Anneliese Wegscheider ein für einige Tage, sie kam gemeinsam mit Nina Bittner. –
Leinewand für das Selbstportät aufgespannt. Ich verwendete dazu das Tafeltuch, das ich ursprünglich für „Der Wartende“ grundiert hatte, das aber nicht glatt geworden war. Ich habe diese Leinewand nochmals naß gemacht u. dann erst gespannt, dann nochmals mit dünner Leimfarbe grundiert. Sie ist nun, nachdem ich den Rahmen rausgekeilt habe, auch ganz schön glatt geworden, nur sieht man immer noch ein wenig das eingewebte Muster. Ich hoffe, daß das beim Malen fortgehen wird.
Nachmittags war Herr Kubsch bei mir. Er war gestern in meinem Vortrag. Er ist Studienrat in Güstrow u. gleichzeitig Dirigent des dortigen Kirchenchores, eines anscheinend sehr namhaften Sängerchores. Außerdem Organist. Er ist ein ganz besonders sympatischer Mann. Zweck seines Besuches war, mich zu fragen, ob ich bereit sei, gegebenenfalls im Kulturbunde Güstrow einen ähnlichen Vortrag wie gestern über Expressionismus zu halten u. vielleicht in G. eine Ausstellung meiner Bilder zu machen. Damit rückt Güstrow abermals in das Blickfeld, nachdem vor etwa 14 Tagen ein Dr. Libau aus G. bei mir war, um sich über die Preise meiner Bilder zu informieren, da er versuchen möchte, ein Bild für Güstrow zu kaufen. Herr Kubsch verriet mir, daß Herr Dr. Libau der Stadtkämmerer von Güstrow sei. Im Sommer war auch der Intendant des Stadttheaters in G. hier, ein Herr Kähler u. seine Frau, beide sehr nett u. sehr angetan von meinen Bildern. – Ich unterhielt mich sehr gut mit Herrn Kubsch, dem ich auch meine anderen Bilder zeigte u. bei dem ich ein starkes Verständnis besonders für die religiösen Bilder fand. Güstrow scheint die lebendigste aller Mecklenburgischen Städte zu sein mit sehr viel geistiger Regsamkeit.
Abends war endlich Prof. Rienäcker mit seiner Frau da. Er ist ein sehr pedantischer Gelehrter, etwas langweilig, aber sehr anständig, leider sehr weich. Er wird das ehemals Siegert'sche Haus in Verwaltung übernehmen. – Wir sprachen über meine Affäre u. er gab mir ein Bild von Becher, das mich interessierte. Danach ist B. ein Mann, der aus innerster Ueberzeugung einen Weg des Ausgleichs mit Rußland sucht u. tief beleidigt ist, wenn jemand in irgend einer Weise solchen Ausgleich stört. Ich verstehe nun wenigstens einigermaßen Bechers Haltung in dieser Sache.
Kleinschmidt ist heute abgereist u. hat das Bild „Die Dorfstraße“ mitgenommen. Gesprochen habe ich ihn nicht mehr, er wird aber im September nochmals herkommen. – Auch Sandberg ist abgereist, ohne daß ich ihn noch gesprochen habe. Ich weiß nun nicht, ob er nach wie vor den „Leuchtturm“ reproduzieren will, oder ob er anderen Sinnes geworden ist. – Ich bin immer mißtrauisch. –