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TBHB 1947-07-09

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1947-07-09
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Entstehungsdatum: 1947
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Originaltitel: Mittwoch, 9. Juli 1947.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 9. Juli 1947
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Einführung

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Der Artikel TBHB 1947-07-09 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 9. Juli 1947. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über drei Seiten.

Tagebuchauszüge

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[1]
Mittwoch, 9. Juli 1947.     

[1]      Ein ereignisreicher Geburtstag. Morgens hatten wir ein schönes Frühstück mit Ei u. Bohnenkaffee, vorher einen hübschen Geburtstagstisch mit Blumen u. allerhand schönen Geschenken, darunter ein Päckchen Cigaretten u. fünf Cigarillos, eine Flasche Schnaps aus der Apotheke von Linde in Ribnitz, ganz erstklassig, zwei wertvolle Bücher u. Päckchen aus Schweden, die zufällig in den letzten Tagen angekommen waren mit sehr schönem Inhalt an Lebensmitteln u. Kaffee. Nachher arbeitete ich an meinem Bilde. Es kam Eva Küntzel mit ihrem niedlichen Kinde, das mir Blümchen überreichte, später Paul u. Grete sowie Frau Dodell. Auch die Werkstatt gratulierte mit Blumen.

     Nachmittags fand die Eröffnung der bescheidenen Ausstellung der Aquarelle von Breuer im Kunstkaten statt, zu der ich aber nicht ging, weil mittwochs Triebsch kommt u. ich nicht unter Menschen gehen wollte. Es war in den letzten Tagen hier das Gerücht umgegangen, ich hätte bei der Veranstaltung des Kulturbundes mit Prof. Rienäcker mich abfällig über die Russen geäußert. – Um 4 Uhr kam wie gewöhnlich Triebsch. Wir hatten unser Gespräch gerade begonnen, das sich um Jesus u. die Zöllner u. Sünder drehte, als Martha hereinkam, sehr aufgeregt, u. sagte, daß ein fremder Herr mich „dienstlich“ zu sprechen wünsche.

     Ich fragte: „Ein Russe oder ein Deutscher“, denn ich war auf Schlimmes gefaßt in Anbetracht jenes Gerüchtes. Als ich hörte, daß es ein Deutscher sei, war ich erleichtert, bat aber Triebsch, unsere Stunde zu unterbrechen.

     Nachdem Triebsch gegangen war, bat ich den nicht sehr sympathisch aussehenden Herrn, der in der Diele wartete, zu mir herein. Er stellte sich vor, indem er mir seinen Ausweis als Kriminalkommissar Roll von der Kriminalpolizei Rostock vorwies. Es handelte sich, wie ich erwartet hatte, um jene Angelegenheit, von der so viel geklatscht wurde u. die Anschuldigung, die mir zur Last gelegt wurde, bestand darin, daß ich Kritik an der russischen Besatzungsmacht geübt hätte. Herr Roll ersuchte mich, mich dazu zu äußern u. zeigte sich sehr genau unterrichtet über alles, was ich in jener Versammlung gesagt hatte, nur, daß alles aus dem Zusammenhang gerissen u. damit entstellt war. – Ich war außerordentlich ruhig u. überlegen [2] leugnete nichts, gab alles zu, erklärte dann aber den Zusammenhang u. wies nach, daß meine Aeußerungen keinerlei Kritik enthalten hatten, sondern daß ich Prof. Rienäcker nur um Aufklärung gebeten hätte über gegenteilige Erfahrungen.

     Herr Roll, der zuerst äußerst dienstlich war, wurde mit der Zeit milder. Er verlangte eine Schreibmaschine, die ich besorgen ließ u. verfaßte dann ein zwei Seiten langes Protokoll, das sehr zu meinen Gunsten ausfiel. –

     Nachdem ich die gröbste Gefahr auf diese Weise abgebogen hatte, unterhielt ich mich mit dem Herrn über weltanschauliche Fragen u. über Expressionismus. Schließlich bot er mir seinen Tabak an. Die Sache endete harmlos, indem Herr Roll mir versicherte, daß die Kriminalpolizei die Sache bestimmt nicht an die Russen weiterleiten würde u. daß mir wahrscheinlich auch von deutscher Seite keine Schwierigkeiten bereitet würden, da meine demokratische Gesinnung kaum bezweifelt werden könne. – So endete diese Sache harmlos, die mir, wenn sie von einem anderen Beamten bearbeitet worden wäre, der vielleicht gehässiger gewesen wäre, zweifellos eine Verhaftung durch die Russen u. ein spurloses Verschwinden eingebracht hätte. Herr Strohschnitter, Herr Jesse, Prof. Reinmöller sind auch auf solche Art verschwunden u. niemand weiß, wo sie sind u. ob sie noch leben. Es war eine ungeheure Gefahr, in der ich geschwebt habe u. die mir für die Zukunft eine Lehre sein wird. Ich habe mir vorgenommen, nie wieder an irgend einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen, nicht einmal an den Sitzungen der Sektion des Kulturbundes, da man nie vor Denunzianten sicher sein kann. In diesem Falle war die Denunziantin jene Frau Hagemann vom Verlag „Volk u. Wissen“.

     Die ganze Sache, bei der ich bis zum Schluß die volle Ruhe bewahrt habe, hat mich aber doch sehr mitgenommen. Besonders hat sich die arme Martha sehr aufgeregt. – Wir saßen abends zusammen u. tranken von dem guten Schnaps u. aßen Blaubeertorte.

     Beifolgende Gratulation von Nina Bittner ist so hübsch, daß ich sie hier aufheben möchte. –

[3]

Fischchen sind nun mal mein Reich,
drum gratuliere ich mit Fischchen gleich
wo Andre Blumen binden zum Geburtstagsstrauß,
da bring ich: – Fischchen –
und damit ist's aus!

Zum
neunten Juli
recht viel Segen
für Ihr Haus!


9.7.47

Herzlichst          
Nina.