TBHB 1947-05-22
Einführung
[Bearbeiten]Der Artikel TBHB 1947-05-22 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 22. Mai 1947. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.
Tagebuchauszüge
[Bearbeiten][1] Ich vollendete heute morgen das neue Bild, dem ich den Namen „Passion“ geben werde. Das Bild „Vernichtung“ habe ich stark überarbeitet.
Gestern Nachmittag Herr Triebsch. Abends war für wenige Minuten Justus Schmitt da, der seine Familie im Auto hergebracht hat u. noch am gleichen Abend wieder zurückfuhr. Er scheint sich jetzt sehr ernsthaft für meine Bilder zu interessieren.
Von Dr. Tetzlaff aus Badenweiler ein seltener Brief. Er sendet mir einen Artikel, der im Winter in den „Frankfurter Heften“ erschienen war, Verfasserin: Ida Görres. Diese übt eine sehr scharfe Kritik an den Geistlichen der kathol. Kirche, legt aber zugleich ein leidenschaftliches Bekenntnis zur Kirche ab. Die Kritik an den Geistlichen ist m. E. nicht ganz gerechtfertigt. Es mag unter unserem deutschen Klerus einige bequeme, alte u. verkalkte Herren geben u. auch einige jüngere die wohl besser sein könnten, aber der Durchschnitt ist doch durchaus gut, so weit ich das beurteilen kann. Meine Kenntnisse sind freilich nicht sehr groß, Frau Görres [2] mag da bessere Einsichten haben als ich. Aber nun hat der Erzbischof von Freiburg einen Hirtenbrief in der Fastenzeit erlassen, u. dieser ist derart, daß dahinter der Artikel der Frau Görres völlig verblaßt. Dieser Kirchenfürst, der schon lange bekannt ist wegen seiner eigenartigen Meinungsäußerungen, beschwert sich, daß Frau Görres Neuerungen einführen wolle im religiösen Leben welches seiner Aeußerung nach „ein für immer zur Ruhe gekommenes, abgeschlossenes Ganze bilde“. Der Herr ist empört, daß man ihn aus dieser Ruhe stört. Ueber die Laien sagt er dem Sinne nach, daß diese in der Kirche nichts zu sagen, sondern zu gehorchen hätten. Er traut sich zwar nicht, etwas gegen die Gemeinschaftsmesse zu sagen, doch spürt man, wie unbequem ihm derartige „Neuerungen“ sind. Das war ja schon vorher bekannt. Er begründet seine Abneigung mit der eigenartigen Feststellung, daß die Christen der Katakombenzeit in Rom auch keine Gemeinschaftsmessen gehalten hätten, da dazu ja kein Raum gewesen sei, u. in den alten, mittelalterlichen Domen wäre es zu dunkel dazu gewesen, auch hätten die Leute damals noch nicht allgemein zu lesen verstanden. – So geht es in diesem Stil weiter. Der Artikel von Frau Görres hat sicher ungeheures Aufsehen gemacht u. hat eine leidenschaftliche Diskussion ausgelöst; aber dieser Hirtenbrief des Herrn Erzbischof stellt das alles weit in den Schatten. –
Abends kam Herr Mohrhaupt von der Defa, d. i. eine Filmgesellschaft. Er will einen Film von Ahrenshoop drehen u. will dazu Künstler u. ihre Bilder filmen. Er sah sich meine Bilder an. Er hat früher einmal Maler werden wollen u. hat in Dresden studiert, ist dann zum Theater u. dann zum Film gegangen. Ein netter u. manierlicher Mensch von etwa 45 Jahren.
Nachher war Frau Dr. v. Monroy bei uns. Sie ist zur Erholung hier u. bleibt über Pfingsten. Eine sehr trockene u. reichlich langweilige Aerztin aus Schwerin, Erbin des Schornschen Hauses, in dem sie für diese Tage wohnt.