TBHB 1947-04-12
Einführung
[Bearbeiten]Der Artikel TBHB 1947-04-12 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 12. April 1947. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.
Tagebuchauszüge
[Bearbeiten][1] Nachmittags gegen 6 Uhr kam das eine Frl. Horn, furchtbar aufgeregt, u. bestellte mir, daß Frau Longard im Sterben läge. Kurz vorher war Martha hingegangen u. ich hatte gesehen, daß Dr. Meyer mit seinem Motorrad von dort herkam, er mußte also Martha mindestens unterwegs getroffen haben. Ich machte mich sofort auf den Weg. Frau L. lag im Bett u. atmete sehr stark mit offenem Munde, die Augen geschlossen, offenbar schlafend oder bewußtlos. Martha war da, dazu Erna u. die beiden Frl. Horn. Martha sagte mir, daß sie Dr. M. gesprochen hätte, der gesagt hätte, daß der Zustand sehr ernst sei, doch könne man nicht sagen, wann der Tod eintreten würde, es könne auch noch etwas dauern. Er habe ihr eine Spritze gegeben, da sie Schmerzen hatte. Ich forderte alle auf, mit mir zu beten, doch war die Ausdauer nicht allzugroß. Meines Erachtens war die Lage nicht so, daß man mit einem Sterben zu dieser Zeit rechnen konnte. Inzwischen kam auch Frau Triebsch, die sofort bereit war, die Nacht dort zu bleiben, sie ging nur nachhause, um vorher ihren blinden Mann zu versorgen. Martha u. ich gingen ebenfalls nachhause, um zum Abend zu essen u. Martha wollte von der Post aus an Dr. Longard nach Berlin telephonieren. Sie bekam auch den Anschluß u. teilte ihm mit, daß mit dem Ableben der Mutter immerhin jeden Augenblick gerechnet werden müsse. Dr. L. versprach, sofort herzukommen, aber es wird keinesfalls möglich sein, morgen am Sonntag eine Reisegenehmigung zu bekommen, ohne die man keine Fahrkarte erhalten kann. So wird er kaum vor Dienstag hier sein können. M. rief dann noch Dr. Meyer an, der aber nichts weiter sagen konnte. – Wir gingen dann abermals zur Frau L., die wir im gleichen Zustande antrafen, eher etwas besser als schlechter, sodaß es mir unwahrscheinlich schien, daß der Tod in dieser Nacht eintreten könnte. Martha u. Frau Triebsch wollten zusammen die Nachtwache übernehmen u. beide redeten mir zu, wieder nachhause zu gehen, was unter diesen Umständen in der Tat das Vernünftigste war. [2] So bin ich wieder gegangen. Der Weg zweimal hin u. her hat mich genug angestrengt, ich werde schlafen u. morgen früh für ein gutes Frühstuck sorgen, wenn M. nachhause kommt. Auch werde ich den Ofen heizen, obschon es heute etwas wärmer war u. besonders jetzt gegen Abend den Anschein erweckt, als wollte es endlich wärmeres Wetter werden.
Vormittags packte ich die letzte Bilderkiste aus, in welcher der „Aufbruch“ war. Ich brachte das Bild gleich herüber ins große Haus denn ich hatte alle Kisten in der Bunten Stube abstellen lassen u. dort ausgepackt. Ich sah, daß dieses Bild doch sehr erhebliche Mängel hat u. ich werde noch daran arbeiten müssen.