TBHB 1946-08-09
Einführung
Der Artikel TBHB 1946-08-09 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 9. August 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.
Tagebuchauszüge
[1] Das Dirnen-Bild fertig gemacht. Interessant, Gegensatz zum Propheten, die nebeneinander hängen könnten.
Herr Dr. Graepke war vormittags da. Wir besprachen das Notwendigste. Am 8. September, Mariä Geburtsfest, soll die Ausstellung in Rostock eröffnet werden. Am 3. Sept. wird Herr Dr. G. einen Lastwagen schicken, mit dem ich dann die Bilder selbst nach Rostock bringen werde. Ich werde in Rostock bleiben u. am Eröffnungstage einen einführenden Vortrag halten. Herr G. wollte gern frühere Arbeiten von mir auch noch zeigen; aber da ist ja nichts mehr da. Es kommen höchstens noch einige der kleinen Landschaften in Frage, die ich damals 1932 nach dem Autounfall auf Holz malte, sowie Zeichnungen u. Aquarelle. Ich muß da alles zusammenkratzen, was ich habe u. denke, daß es schon irgendwie gehen wird. – Ich erfuhr bei dieser Gelegenheit, daß der Rostocker Kulturbund Zeichnungen von mir nach Dresden gesandt hat, ohne daß ich davon etwas weiß. – Ich muß nun sehen, wie alles klappt u. werde viel Arbeit haben. Grade heute morgen habe ich eine Liste zusammengestellt von den Gemälden, die ich senden will, es sind 31 Stück vielleicht auch 32, wenn ich das alte Malvenbild mitschicke.
Nachmittags war die Direktorin der Museums in Schwerin da, deren Namen ich nicht weiß, eine Frau von etwa 45 Jahren, Kunsthistorikerin, aber bis dahin nie im Museumsdienst tätig gewesen. Nicht unsympatisch, klug u. anscheinend nicht ungeschickt. Sie will die [2] Bilder im Oktober ausstellen, so weit sie Platz hat. Dieser Platz ist beschränkt, da die für solche Ausstellungen notwendigen Umbauten noch nicht fertig sind. Sie wird kaum mehr wie 15–20 Bilder hängen können. Die Weihnachtskrippe möchte sie gern als Leihgabe haben zu Weihnachten. – Sie erzählte allerhand von den kleinlichen Kämpfen, die sie gegen den „Oberregierungsrat“ Venzmer in Schwerin zu führen hat, der in der Sektion für Bild. Kunst den Vorsitz hat u. auch sonst in Schwerin eine Rolle spielt, aber in jeder Weise eine Null ist. Die Ausstellung meiner Bilder würde dann mit dem Kulturbund selbst nichts zu tun haben.
Für Rostock habe ich einige kleinere Zeichnungen mit Passepartouts versehen. Ich werde ganz gut 45–50 Zeichnungen u. Aquarelle früherer Zeit zusammen bekommen, sodaß ich die Rostocker Säle gut füllen kann.
Ich zeigte heute zum ersten Male die beiden neuen Bilder „Gespenst“ u. „Dirne“ u. fand, daß sie sich ganz gut einfügen.
Heute abend soll eine Sitzung des Kulturbundes sein. Herr Dr. Burgartz wird ungehalten sein, weil die geplante Kunstausstellung hier bisher nicht zustande gekommen ist, jedoch fehlt es an Räumlichkeiten.
Abends: Die Sitzung war diesmal recht anregend, nachdem ganz unerwartet Herr Pastor Kleinschmidt erschien u. die Museums-Direktorin aus Schwerin mitbrachte, sowie einen anderen Pastor u. dessen Frau. Pastor Kleinschmidt setzte sich sehr für die Kunstausstellung ein u. brachte es fertig, daß beschlossen wurde, die Wand im alten Kunstkaten herauszureißen u. am nächsten Sonntag die Ausstellung zu eröffnen. Ich weiß zwar nicht, ob das durchführbar ist, aber der Elan ist ja groß u. es mag gelingen. –