Zum Inhalt springen

TBHB 1946-05-25

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: TBHB 1946-05-25
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 1946
Erscheinungsdatum: Vorlage:none
Verlag: Vorlage:none
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort:
Übersetzer:
Originaltitel: Sonnabend, 25. Mai 1946.
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 25. Mai 1946
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


Einführung

Der Artikel TBHB 1946-05-25 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 25. Mai 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Sonnabend, 25. Mai 1946.     

[1]      Gestern an Klaus geschrieben als Antwort auf den Brief, den er Fritz an uns mitgegeben hatte u. der die Haltlosigkeit dieses Menschen in erschütternder Weise offenbart. Ich habe sehr ernst geschrieben u. ihn darauf hingewiesen, daß er Schuld über Schuld auf sich geladen habe, für die er einst Rechenschaft abzulegen habe. Sehr vieles, ja das Meiste ist überhaupt nicht mehr gut zu machen. Er hat seine Frau Irmingard, anstatt ihr Stütze u. Schutz zu sein, wirklich in verzweifelte Verhältnisse gebracht u. bei der törichten Art der Erziehung seiner beiden Jungens legt er jetzt schon den Grundstein für ein späteres, zerfahrenes u. fruchtloses Leben. Ich habe ihn sehr ernst ermahnt, endlich umzulernen, umzudenken u. Buße zu tun. [2] An dem wilden Kirschenzweig gestern weitergearbeitet. u. ihn so weit gebracht, daß er als Grundlage für ein Bild dienen kann. Die Zeichnung selbst ist zwar noch nicht gut, jedoch enthält sie jetzt Entwicklungsmöglichkeiten, die ein gutes Bild versprechen. Ich spannte dazu einen neuen Keilrahmen auf u. grundierte die Leinewand noch gestern Abend, aber die restliche Grundierfarbe, die ich noch habe, ist nicht mehr recht zu gebrauchen, sodaß die Leinewand heute morgen, nachdem sie trocken geworden war, allzu porös geworden war. Ich konnte deshalb damit nichts anfangen u. mußte sie noch einmal grundieren, fürchte aber, daß auch jetzt noch nichts daraus wird.

     Eine schlechte Nacht gehabt, viel Schmerzen im Bein. Ich machte gegen 3 Uhr Licht u. fand, daß meine Venen in auffälliger Weise sehr dick geschwollen waren, sowohl an Armen u. Händen wie auch an den Beinen. Ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat. Am Morgen war diese Erscheinung dann wieder verschwunden. Martha ist in einer rührenden Weise besorgt um mich.

     Heute sollen bereits zehn Gäste im Kurhause eintreffen. Es heißt, daß viele sehr prominente Künstler herkommen sollen. Fritz bemüht sich außerordentlich, das Geschäft auf einen ordentlichen Stand zu bringen.

     Die politische Entwicklung bewegt sich in der von mir erwarteten Weise weiter. Die pariser Außenminister-Konferenz hat sich „vertagt“, um nicht das hoffnunglose Wort zu gebrauchen, sie sei ergebnislos abgebrochen worden. Man will Frieden schließen mit den ehemaligen Feinden, kann aber nicht verhindern, daß ein Krieg der Gegensätze unter den ehemaligen Freunden ausbricht. Der Oberbürgermeister von Frankfurt meldet bereits ganz öffentlich den Anspruch seiner Stadt an, die neue Hauptstadt des Deutschen Reiches zu werden, was nur so viel bedeuten kann, daß man ein Auseinanderbrechen des Reiches in eine westliche u. östliche Hälfte für unvermeidlich hält. Damit wäre dann das Reich endgültig erledigt. Die Russen entwickeln mehr u. mehr eine Politik des Ausgleiches in der östlichen Zone, man sagt, sie wollten ihre Besatzung noch weiter vermindern, sodaß hier bei uns nur noch Rostock u. Schwerin besetzt sein sollen. Da nun in der westlichen Zone der Hunger immer größer wird, während man bei uns zur Not leben kann, gewinnen die Russen mehr u. mehr Sympathie. Sonst aber schweigt man. Es verlautet kein Wort davon, daß der Osten sich selbständig machen wird, aber ich erwarte es mit immer größerer Gewißheit.

     Wir beginnen, uns auf einen kohlenlosen Winter einzurichten. Wir werden die Zentralheizung still legen müssen u. versuchen, Kachelöfen zu bekommen. Es ist uns endlich gelungen, das alte Flüchtlings-Ehepaar Meier mit ihrem idiotischen Sohn los zu werden, sie ziehen jetzt eben um in das „Haus am Meer“, wo Frau Lenhardt sehr froh ist, daß jemand in dem leer stehenden Hause wohnt u. die verbliebenen Reste in Ordnung hält. Wir werden den Kachelofen, der in ihrem bisher bewohnten Zimmer in kleinen Hause steht, abreißen u. in mein Atelier stellen lassen, bei mir unten werde ich vielleicht einen eisernen Kanonenofen aufstellen lassen, damit ich wenigstens mein Schlafzimmer etwas anwärmen kann. Die Kohlennot bereitet mir ernsthafte Sorge.