Zum Inhalt springen

TBHB 1946-04-09

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: TBHB 1946-04-09
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 1946
Erscheinungsdatum: Vorlage:none
Verlag: Vorlage:none
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort:
Übersetzer:
Originaltitel: Dienstag, 9. April 1946.
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 9. April 1946
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


Einführung

Der Artikel TBHB 1946-04-09 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 9. April 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über drei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Dienstag, 9. April 1946.     

[1]      Gestern kam ein besorgtes Telegramm von Fritz, mit der Frage nach meiner Gesundheit. Es war inzwischen die erste Nachricht über meine Erkrankung in Regensburg eingetroffen. Gleichzeitig sandte er drei Hefte einer Zeitschrift „Heute“, die vom amerikan. Informationsbüro herausgegeben wird. Die Zeitschrift ist sehr gut u. vorbildlich aufgemacht. Manche Leute nennen diese Neuerscheinungen, deren es mehrere gibt, etwas herabsetzend „Propaganda“, aber eben diese Propaganda bedeutet doch nichts anderes als ein Werben um das Deutsche Volk, – u. das ist doch überaus hoffnungsvoll.

     In dem einen Heft sind Bilder des Malers Pablo Picasso abgebildet, dazu ein kurzer, sehr guter Artikel eines Engländers. Es handelt sich um die Bilder [2] einer Ausstellung, die kürzlich in England veranstaltet worden ist u. dort ungeheure Erregung verursacht hat. Es sind Bilder, die Picasso während des Krieges gemalt hat. Der Umschlag der Zeitschrift bringt ein Foto des Künstlers.

     Dieses Foto zeigt einen dämonisch wirkenden Kopf, u. das ist wohl das Ausschlaggebende. Diese Bilder sind alle dämonisch. Picasso ist wahrscheinlich der weitaus bedeutendste Maler unserer Zeit, aber seine Bilder sind auch für mich grauenerregend. Sie sind Prophetien dessen was kommen wird, u. das ist eben grauenerregend. Sie sind der genaue Gegensatz dessen, was ich male. Ich abstrahiere die Form im Sinne des Verklärtwerdens. Grade gestern las ich in der Dogmatik von Schmaus folgende Sätze:

     „Jedes Ding –, u. zwar sowohl das Einzelding wie das Welt= u. Menschheits=Ganze –, empfängt zunächst von Gott ein keimhaftes Sosein, die Anlage zum vollendeten Sosein. Für jedes Geschöpf besteht sein letztes Gutsein darin, daß es die von Gott gemeinte, vollendete Gestalt seines Soseins erreicht. Da jedes Ding um so mehr gut ist, je seinserfüllter es ist, bedeutet die Verwirklichung des anlagegemäß gegebenen Soseins zu seiner vollendeten Gestalt Wertverwirklichung. Dem Menschen ist die Aufgabe gestellt, sich auf diese Weise selbst zu „verwirklichen“ u. zugleich die Weltdinge zu verwirklichen (Kulturaufgabe). (Schmaus, Dogmatik, I Bd. S. 261)

     Damit ist trefflich die Aufgabe der Kunst ausgedrückt, wie ich sie verstehe. Wenn ich abstrahiere, so tue ich es, um den Dingen ein Sein zu geben, das diese nur anlagegemäß u. keimhaft besitzen. Ich will ihnen die eigentlich von Gott gemeinte, vollendete Gestalt geben, also eine Gestalt der Verklärung. Picasso hingegen gibt den Dingen diese Gestalt nicht, sondern jene, welche Satan den Dingen geben will. Es vollzieht sich da etwas Aehnliches wie im Alten Testament, wenn die Juden von Gott abfielen u. sich den grauenvollen Mysterien des Baal u. der Astarte zuwandten u. ihre Kinder durch's Feuer jagten. Ja, es vollzieht sich etwas ähnliches wie im Nationalsozialismus, der die Menschen zum Grauen der Konzentrationslager u. des totalen Krieges verführte u. von dem sich der Bolschewismus in nichts unterscheidet. – Das ist es, was diese Bilder Picassos so unheimlich, grauenvoll u. dämonisch macht, weil sie Prophetien einer künftigen Zeit sind, in der das Böse Uebermacht gewinnen wird u. weshalb man sich dagegen mit allen Kräften wehren muß, auch wenn diese Bilder, rein künstlerisch betrachtet, Kunstwerke von überragender Kraft sind. Sie sind Ausgeburten des leibhaftigen Antichrist. Es ist dabei interessant, daß gelegentlich der Ausstellung dieser Bilder in London der erste Protest von einer Dame ausging, welche eine Tochter des englischen Praeraffaeliten Hulman Hunt's war, also von ausgesprochen christlicher Seite. Diese Dame nannte die Bilder Picassos: „Widerlicher, als Kunst verkleideter Unrat.“ [3] Gestern bekam ich auch endlich Antwort von Dr. Tetzlaff aus Badenweiler. Er klagt, daß von Seiten des kathol. Klerus nicht genug getan wird. Er sendet mir eine Abschrift eines Briefes an den Sekretär des hochw. H. Erzbischofs Gröber von Freiburg mit, den er im November geschrieben hat, um das Gewissen aufzurütteln u. auf den er nie eine Antwort erhalten hat. Diese Herren in den Ordinariaten sind eben viel zu sehr bedacht auf ihre bequeme Stellung, als daß sie sich in Unternehmungen einlassen, die ihnen vielleicht Lasten u. Unannehmlichkeiten bereiten könnten. Sie lassen sich lieber freiwillig in die Sakristei einschließen u. sagen, daß Politik Sache der weltlichen Behörden sei. Von dieser Seite ist kaum etwas zu erwarten. Eine wirklich große Erneuerungsbewegung ist nur von Seiten der Laien zu erwarten, wenn Gott ihnen den Führer erwecken will. Es gibt in Europa noch starke Elemente der Einigung, wenigstens sehe ich drei Gruppen: die Welt der Gelehrten, die Welt der Künstler u. die kathol. Laienwelt. Diese sind bereit, den Nationalismus zurück zuweisen im Sinne einer Menschheitsgemeinschaft u. wenn Gott ihnen einen Führer erwecken wollte, dann müßte es gelingen, den nationalen u. rassischen Haß zu besiegen. Die „Uno“ –, das ist jetzt schon klar –, kann es nicht, im Gegenteil, sie stellt den Gegensatz zwischen Rußland u. den Westmächten nur um so stärker heraus. Die Bilder Picassos zeigen diese Entwicklung, sie sind wahrhaft Prophetien. Wenn Goethe sagt: „Seligem Herzen, frommen Händen ballt sich die bewegte Welle herrlich zu kristallener Kugel“, so sieht man an diesen Bildern, daß zwar auch hier die „bewegte Welle“ des Weltenablaufes sich zusammenballt, aber nicht zu einer kristallenen Kugel, sondern zu einem finsteren Gebilde voller Zacken u. krampfhafter Widersprüche. Hier ist eben kein seliges Herz u. keine frommen Hände am Werke, sondern ein unter dem Grauen u. der Angst leidendes Herz, dem der Glaube verloren gegangen ist. Diesen Händen ballt sich die Welle des Geschehens zu einer satanischen Mißgestalt.