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TBHB 1944-09-12

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1944-09-12
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Entstehungsdatum: 1944
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Originaltitel: Dienstag, 12. Sept. 44.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 12. September 1944
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Einführung

Der Artikel TBHB 1944-09-12 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 12. September 1944. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Dienstag, 12. Sept. 44.     

[1]      Nachts Fliegeralarm. Vormittags abermals.

     Die 1. amerikan. Armee hat die deutsche Grenze nördlich Trier überschritten u. ist 10 km. tief vorgedrungen. Dies ist also das erste Mal, daß deutsche Grenzen überschritten wurden. Der Krieg ist nun auf deutschem Boden. Der ganze Westwall von Trier bis Aachen liegt unter dem Alliierten Artilleriefeuer. –

     Gestern bekamen wir eine kurze Nachricht von Fritz, datiert vom 24. Aug. zu welcher Zeit er immer noch in der Gegend von Clermont-Ferrant war. Er schreibt von sehr schweren Kämpfen seiner Truppe, die auch verlustreich sind u. er wundert sich, daß sie keinen Ersatz bekommen. Daraus ist zu erkennen, daß die Soldaten keine Ahnung haben, wie es steht. Er hat große Anstrengungen zu ertragen, hat 36 Stunden am Steuer gesessen. Alles das ist sehr gut für ihn, wenn er nur heil durchkommt. –

     Gestern vollendete ich das Engelbild, es ist das achte Bild dieses Jahres. Es ist sehr schön geworden, fast plakathaft in seiner geschlossenen Einfachheit.

     Heute im Garten gearbeitet, weil endlich mal wieder schönes Wetter ist. Es war in der letzten Woche überaus kalt, stürmisch u. regnerisch. Die Arbeit hat mich sehr angestrengt, ich kann körperlich nichts mehr leisten.

     Gretes Anwesenheit im Hause wirkt sich sehr gut aus. Sie macht den ganzen Haushalt, besonders das Kochen, u. hält Ordnung u. große Sauberkeit. Von Paul hat sie freilich schlechte Nachrichten, er leidet unter den Verhältnissen, hat keine saubere Wäsche usw. – Martha hat nun wieder Dienstags u. Freitags Nachmittags das Geschäft auf.

     Vom Arbeitsamt habe ich auf meine Weigerung, dorthin zur ärztl. Untersuchung zu kommen, bis jetzt nichts gehört.

     Soeben heult die Sirene, 1/2 6 Uhr, Fliegeralarm, der zweite dieses Tages. Das wird nun wohl am laufenden Bande so fortgehen. Wie gut haben wir's, daß wir nicht jedesmal in den Keller müssen.

     Daß Hitler selbst nicht mehr glaubt, daß er noch lange am Ruder sein wird, erkennt man daran, daß die Lebensmittel-Rationen immer noch nicht herabgesetzt worden sind, obgleich wir doch nun mit Ausnahme von Ungarn sämtliche Agrargebiete verloren haben u. außerdem auf unseren Rückzügen ungeheure Mengen von Vorräten in die Hand des Feindes gefallen sind. Die Ernte dieses Jahres ist eine normale Mittelernte, die keinesfalls ausreichen kann, das ganze Volk, die Soldaten u. die 10 Millionen Fremdarbeiter zu ernähren, ganz abgesehen davon, daß bei diesen ständigen Luftangriffen immer neue Vorräte umkommen. Wenn Hitler noch Hoffnung hätte, am Ruder zu bleiben, würde er bestimmt die Lebensmittel-Zuteilungen einschränken, so aber läßt [2] er diese Sache laufen, wie sie will. Er erhält damit das Volk jetzt bei der Stange, denn eine Lebensmittel-Verkürzung würde natürlich die Stimmung noch mehr drücken. Wenn dann im Januar – Februar die Vorräte aufgezehrt sein werden u. die Hungersnot ausbrechen wird, dann können die Nazis die Schuld daran denen in die Schuhe schieben, die dann die Macht haben werden, – in erster Linie also den Engländern u. Amerikanern.

     Die Evakuierten aus Stettin, die schon am vorigen Mittwoch kommen sollten, sind bis heute noch nicht da. Es scheint mir das wieder einmal eine der zahlreichen Partei=Aktionen zu sein, die nur den Zweck haben, die Leute aufzuregen u. abzulenken von den wirklichen Tatsachen.