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Stunden der Andacht/Gebet einer unglücklichen Ehegattin

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« Gebet einer Mutter, deren Sohn in Militärdiensten stehet Stunden der Andacht Gebet einer Frau, deren Mann auf Reisen ist »
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Gebet einer unglücklichen Ehegattin.

„Ich ermüde vor Seufzen, netze die ganze Nacht
mein Bett mit Thränen,
Es dunkelt vor Gram mein Auge, altert vor
lauter Kränkung.”
 (Ps. 6, 7 u. 8.)

Von des Kummers Last gebeugt, stehe ich vor dir, mein Gott, dir mein schmerzerfülltes Herz zu öffnen, vor dir auszuschütten mein bitteres Leid und Weh! Ach, der Gram, der mich drückt, er darf mir nicht auf die Lippen treten außer vor dir, mein Gott; mein Kummer ist nicht derart, daß ich ihn durch Mittheilung mir erleichtern könnte; vielmehr verbergen muß und will ich ihn vor den Augen der Welt, nur das Auge Gottes mag mitleidsvoll darauf niederschauen!

Gattin bin ich; mit dem Manne, den deine Allweisheit mir bestimmte, habe ich vor deinem Angesichte die heiligen Schwüre der Liebe und Treue gewechselt, doch ein eheliches Leben, wo der Gatten Herzen nur für einander schlagen, ihre Wünsche nur freundlich sich begegnen, wo Friede und Liebe wohnt und thront, dies ist ein Glück, wozu, o Gott, du nur deine Auserwählten erkoren hast, mir, ach, ward es nicht zu Theil. – In meinem Hause weilt nicht die Liebe, wohnt nicht die Freundlichkeit und das wechselseitige Entgegenkommen: nur der düstere Geist des Zwistes [93] und der Zwietracht, nur die Mißstimmung und das Mißverständniß mit seinen traurigen Geburten wandelt und waltet darin.

O, mein Gott, was ist ein Leben ohne Liebe, ohne diese pflichtgetreue, gottgesegnete Liebe, die der Gatten Bahn ebnet und mit Rosen schmückt, die eine Welt voll seliger Freuden in ihr Haus führt! Diese Liebe, die ewig sanft und mild die gegenseitigen Fehler mit ihrem Mantel bedeckt, die gegenseitigen Verdienste erhebt und mit Kronen umflicht, die im Opferbringen ihre Freude findet, und im Tragen und Gedulden an Kraft und Feuer wächst: – wo sie fehlt, da giebts nur sündige Triebe, Leidenschaften, die das Herz verzehren, oder es schrumpft das Gemüth unter dem starren, eisigen Hauche der Gleichgiltigkeit zusammen. Weh mir, daß ich unter einem solchen Loose seufzen muß! Unter bitterm Weinen steigen meine Klagen zu dir auf, mein Gott, erbarme dich deiner Magd, Vater, vergib mir, wenn ich vielleicht durch eigene Schuld mein Leid veranlaßt, mein trauriges Geschick mir selbst heraufbeschworen habe. Vor deinem heiligen Angesichte gelobe ich mir’s, hinfort über mich zu wachen, über mein Fühlen und Denken, über mein Thun und Lassen. In dem Streben nach ehelicher Zufriedenheit will ich willig jedes Opfer bringen und jedem Vergnügen entsagen, wo sie es erheischt; ich will still und geduldig meinem Hause, meinem Berufe, meinen Pflichten obliegen, und Milde und Sanftmuth entgegensetzen dem bittern Tadel, dem gereizten verletzenden Worte, und so mein Herz und das meines Gatten bezwingen.

O Vater im Himmel, segne meine Vorsätze, daß ich sie mit Kraft und Ausdauer zur That bringe, daß ich nicht in ohnmächtigem Ringen ermatte und meine Hoffnung sinken lasse, daß ich, mein Ziel stets vor Augen habend, muthig ihm entgegenschreite, und ein glücklicher Erfolg mein Streben lohne. O, du Allmächtiger, der du die Herzen lenkest wie Wasserströme, wende unsre Herzen einander zu, daß unsre Gefühle in Liebe und Einigkeit sich begegnen und in einander fließen. Der du die verborgensten Saiten unsres Innern kennst, laß darin die Herzenstöne erklingen, die in einander greifend sich vereinen zur beseligenden Harmonie, daß jede Mißhelligkeit von uns weiche, daß der Friede wieder sein Himmelsdach über unser Haus breite, und gegenseitiges Vertrauen und wechselseitige Achtung als mächtige Stützen es umranken, und jubelnd will ich dir danken und deinen Namen preisen für und für. Amen.