Zum Inhalt springen

Strickende Schäferin

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: P.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Strickende Schäferin
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 43, S. 725, 739–740
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[725]

Strickende Schäferin.
Nach dem Gemälde von Max Liebermann.

[739] Strickende Schäferin. (Zu dem Bilde S. 725.) Trübe Herbststimmung beseelt dieses Bild, das für die Landschaft, die es uns vorführt, wie für den Maler, der es geschaffen hat, gleich bezeichnend ist. [740] Im schärfsten Gegensatz zu der Hirtenidylle der klassischen wie der romantischen Kunst, zu den realistischen Bildern aus unsrer deutschen Gcbirgswelt, auf denen gesunde Volkskraft sich voll Anmut und Frohsinn äußert, zeigt uns Max Liebermann hier die armselige Oede einer unwirtlichen Gegend, deren spärlicher Graswuchs Schafen und Ziegen zur Nahrung dient, belebt mit wenigen dieser Tiere und einer jungen Hirtin, die der anmutigen Reize ebenso ermangelt wie ihre Umgebung. Hinter dem welligen Boden dieser kargeu Weidetrift haben wir eine der Dünen Nordhollands zu suchen, welche die kulturfeindliche Brandung der Nordsee bespült. Wie schon bei früherer Gelegenheit an dieser Stelle ausgeführt wurde (vergl. „Gartenlaube“ Jahrg. 1894, S. 484), gehört Liebermann zu den entschiedensten Vertretern jener Richtung der modernen Malerei, welche aus Antipathie gegen alles Zurechtgemachte, Glatte, Einschmeichelnde in der Kunst die Natur gerade da am liebsten belauscht und zu unmittelbarster Darstellung bringt, wo sie rauh, herb, und sogar nach dem herkömmlichen Begriff – häßlich ist. Der Berliner Max Liebermann geriet in diese Richtung aus eigenem Antrieb, längst ehe dieselbe die Gunst der Mode genoß. Er war von den deutsehen Malern der erste, der bei den bahnbrechenden französischen Meistern, die wie François Millet in der Umgebung von Barbizon sich ansiedelten, um in freier Tagesbeleuchtung ihre Bilder treu nach der sie umgebenden Natur zu malen, direkt in die Schule ging. Holland bot dem aus Berlin stammenden Künstler dann diejenigen Anregungen und Vorbilder, die seinem Geschmack am meisten zusagten. Seit Jahren verbringt er fast jeden Sommer in dem kleinen Zantvoort an der holländischen Küste. Jn der Beschränkung, die er sich selbst auferlegt, und in der Eigenart, die seiner Natur entspricht, hat es Liebermann zu einer Meisterschaft gebracht, die sowohl im Ausland wie neuerdings auch in der Heimat durch Preise und Galerieankäufe hervorragende Anerkennung gefunden hat. Für seine Fähigkeit, mit geringem Aufwand der Mittel das Charakteristische einer Gegend, eines Stück Volkstums zu treffen, und der Natur auch da noch einen malerischen Reiz abzugewinnen, wo sie herb und spröde ist, zeugt auch diese „strickende Schäferin“: in ihrer Unverdrossenheit und Treue, wie in ihrem freudlosen Ausdruck, das echte Kind ihrer von den Stürmen des Meeres beherrschten Heimat, in deren dürrem Weidegras keine Blumen gedeihen. P.