Steinböcke im Züricher Wildparke
[500] Steinböcke im Züricher Wildparke. (Zu dem Bilde S. 493.) Nur die tüchtigsten Kletterer und mutigsten Springer unter den Säugetieren können das Hochgebirg über der Waldgrenze zu ihrem Wohnsitz erwählen. Dort „wechseln“ die flüchtigen Gemsen auf schwindelnden Pfaden, auf welchen ihnen kein noch so geübter Jäger folgen kann. Und doch gebührt den Gemsen keineswegs die Palme im Ueberwinden der steilsten Hänge in tollkühnen Sprüngen über gähnende Abgründe; es giebt noch eine Ziegenart, die ihnen in diesen Künsten weit überlegen ist. Es sind dies die Steinböcke, stattlich gebaute Tiere von etwa anderthalb Metern Leibeslänge und achtzig bis neunzig Centimetern Höhe. Schon die äußere Erscheinung verrät Kraft und Ausdauer und auffallend ist das Gehörn, das namentlich bei alten Böcken eine bedeutende Größe und Stärke erlangt. In unseren Alpen lebte einst der Alpensteinbock (Capra ibex) in größerer Zahl, aber die Menschen haben ihm zu eifrig nachgestellt und so geht die Art dem gänzlichen Untergange entgegen; man begegnet ihr nur noch in den Hochthälern um den Montblanc, wo König Viktor Emanuel vor einigen Jahrzehnten die Tiere mit einem besonderen Schutz umgeben hat. Von dort kommen zuweilen verschiedene Pärchen in unsere Zoologischen Gärten und Wildparkanlagen, wo sie auf das Publikum eine große Anziehungskraft ausüben. Geradezu erstaunlich sind nämlich die Turnkünste, welche die Tiere zum besten geben. So sprang einmal ein junger Alpensteinbock, der in Bern in der Gefangenschaft lebte, ohne Anlauf zu nehmen, einem Manne auf den Kopf und hielt sich daselbst mit seinen vier Hufen fest; andere Steinböcke wählten die Spitze eines Pfahles zu einem erhöhten Standpunkt, andere wieder verstanden, sich auf den Draht zu stellen, der ihre Einzäunung bildete; manche stiegen im kühnen Anlauf an senkrechten mehrere Meter hohen Mauern hinauf!
Seit einigen Jahren befindet sich eine Kolonie von Steinböcken im Züricher Wildparke bei Langenburg und unsere Illustration führt uns dieselbe in naturgetreuer Darstellung vor. Ursprünglich bestand sie aus einem jungen Bocke, einer alten und zwei jungen Geißen. Leider gingen die jungen Steingeißen nach einiger Zeit ein; es gelang aber, den Steinbock mit gewöhnlichen Ziegen zu paaren, und auf diese Weise erhielt man zwei Blendlinge, die gut gedeihen. *