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Spottmünzen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: R. Cr.
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Titel: Spottmünzen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 1, S. 20
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[20] Spottmünzen Beißender Spott und bittere Satire geboten in dem Geisteskampfe der Reformationszeit bekanntlich zu den häufigst gebrauchten Waffen. Zu derselben Zeit, da Lucas Kranach unter dem Titel „das Passionat Christi und Antichristi“ ein geistreich ausgearbeitetes, von unerhörtem Erfolge gekröntes Kupferwerk herausgab, welches auf der einen Seite den Glanz und die Pracht des Papstes, auf der andern die Demüthigung und die Leiden Christi darstellte, und zu welchem Luther selbst die Unterschriften lieferte, gingen auch plötzlich seltsam dreinschauende Geldstücke von Hand zu Hand, bei deren Betrachtung der Jesuit Joubert sich veranlaßt fühlte: „daran zu erinnern daß man mit den echten Münzen der römischen Päpste diejenigen nicht vermengen möge, welche die Feinde des römischen Stuhls, damit sie demselben Schimpf erweisen oder wehe thun möchten, erdichtet haben.“

Von diesen „Spottmünzen“, wie sie genannt wurden, schrieb auch der Jesuit Grether in seinem Buche „De Cruce“ folgendermaßen „Wiewohl man gar viele Wege und Gelegenheiten hat, etwas unter die Leute zu bringen, so ist doch die Manier, solches durch Münzen zu thun, die bequemste, darum vornehmlich, weil das Geld bei Jedermann angenehm ist und also auch die innersten Winkel durchkreucht. Das haben die Ketzer unserer Zeiten sich wohl zu Nutze gemacht, und nicht allein mit Büchern, Gemälden und Statuen die Päpste, Cardinäle, Bischöfe, Priester, Mönche, Nonnen und insgemein alle unsere geistliche Orden auf’s Schmählichste durchgezogen und aller Welt zum Spott gesetzet, sondern auch dieses ihr unverschämtes Wesen durch Münzen allenthalben um so viel leichter ausgebreitet, je weiter das Geld zu gehen pfleget. Ich erschrecke, wenn ich der Bilder gedenke, die ich gesehen habe, und schäme mich, daß unsere Zeiten mit dergleichen schandbaren Erfindungen verunehret werden.“

Er beschreibt nunmehr eine solche Münze, deren Umschrift gelautet habe. „Falsche Lehr gilt nit mehr“, und äußert sich dann weiter. „Mit dieser Schrift hat es seine gute Richtigkeit, wenn man nur einen einzigen Buchstaben verändert, nämlich auf diese Art: ‚Falsche Lehr gilt nie mehr‘. Inmassen die falsche Lehr niemals in größerem Werthe und Hochachtung gewesen als nachdem die Abtrünnigen eine neue Lehre und neue Münze ausgehecket haben. Eine andere Münze zeiget einen Cardinal, welcher umgekehret einen Narren (das ist: einen Lutheraner oder Calvinisten!) präsentiret, mit dem Spruche des Königs David. ‚Et stulti aliquando sapite.‘ das ist: ‚Wann wollt ihr Narren doch klug werden.‘ Der Revers aber stellet vor den Römischen Papst in seiner dreifachen Krone, umgekehrt kriechet der Teufel aus einem Ey, das ist derjenige, so diese Münze verfertigt hat; und hat sich selbiger einen ihm bequemen Lobspruch beigesetzet. ‚Mali corvi malum ovum‘, das ist: ‚Ein böser Rabe legt ein böses Ey.‘ Das ist wahr. Aber du eben bist so ein grundböses Raben-Ey, und werth, daß dich die Raben fressen, ist auch Zweifel, wenn du nicht Buße gethan hast, du werdest nun den höllischen Raben zur Speise dienen.“

Wie sehr die Urheber dieser Münzen ihren Zweck erreicht, und welches Aussehen und Aergerniß dieselben im papistischen Lager gaben, beweist ferner der Umstand, daß der Herzog von Braunschweig dem Kurfürsten Friedrich von Sachsen neben der Einnahme des Bisthums Naumburg in bittersten Worten auch die Verwegenheit des Nicolaus von Amsdorf vorhielt, welcher eine Münze habe prägen lassen, deren Avers einen Cardinalskopf und an demselben umgekehrt einen Narrenkopf gezeigt habe, mit den Umschriften. „Effigies cardinum mundi“ („Bildniß der Thürangeln der Welt oder der Cardinäle“) und „Effoeminati dominabuntur eis“ („Weibische Männer werden über sie herrschen“).

Wir führen heute unseren Lesern das Bild der berühmtesten aller Spottmünzen vor, deren Original in Luther’s Geburtshause zu Eisleben aufbewahrt wird. Haben wir die Umschrift derselben in „Die verkehrte Kirche trägt das Gesicht des Teufels“ und „Weise sind zuweilen Narren ähnlich“ verdeutscht, so bedarf die Münze eines weiteren Commentars nicht, und haben wir nur noch hinzuzufügen, daß dieselbe auch mit dem Kopfe des Herzogs Alba (statt des Cardinals), wie auch ferner mit den Sprüchen: „DES . BAPST . GEBOT . IST . WIDER . GOT . MDXLIII . - DER . DVCK . D . ALBA . DVRCH . SEIN . NARHEIT . HAT . NICHTS . AVSGEBRICHT . DAN . BOSHEIT .“ in Umlauf war.

Dieselbe Erfindung mit den umgekehrten Gesichtern ward übrigens später auch mit Bezug auf Cromwell und Fairfax, zur Zeit des preußisch- österreichischen Krieges auf Gablenz und Benedeck, 1870 auf Leboeuf, Napoleon und Andere angewandt. Zur Erheiterung unserer Leser geben wir ferner noch eine kleine Auswahl anderer satirischer Münzen.

Daß Actienschwindel und Krach nicht eine Erfindung unserer Tage, zeigt auf einer kupfernen Medaille ein Mann mit einem Vergrößerungsglase, der vor sich auf einem Tische Actienbillets mit der Zahl 100 liegen hat. Eins derselben besieht er durch das Glas und die 100 vergrößert sich in 1000. Die Umschrift lautet: „Vergrösrungs Glas thuts hier und an so vielen Enden, das sich die Klugsten auch durch Geldsucht lassen blenden.“ Ernster ist die Kehrseite des Stückes. An rauschendem Flusse steht ein dürrer Baum, an dem sich ein Mann erhängt. Perrücke, Hut und Degen liegen zu Fuße des Stammes. In dem Flusse hat ein zweiter den Tod gesucht: ein Anderer steht im Begriffe, hineinzuspringen: ein Vierter läuft davon. Die Umschrift lautet. „Das Spiel ist nun entdeckt, das Blatt hat sich gewend, so machet der Betrug ein schreckenvolles End.“ Im Abschnitt stehen die Worte: „Der Actien Betrug und List, der ganzen Welt ein Denkmal ist. 1720

Selten wird ein Jud ein Christ, er hab denn was begangen, auch thut ers meist umb Geldt, dass er nicht hängen darff, denn wenn er anders stiehl, so strafft man in zu scharf.“ So erzählt eine Medaille, die einen Geistlichen zeigt, der am Meere einen Juden tauft. Der dabeistehende Küster will den Juden, dem ein Mühlstein am Halse hängt, in’s Meer stoßen, denn „So bleibt er am beständigsten“, wie die Unterschrift lautet. Die Randschrift heißt. „Wenn die Maus die Katze frisst, dann wird ein Jud ein wahrer Christ.

Ueber einer ein Geldstück haltenden Hand einer anderen Münze stehen die Worte: „Kömmstu mir also“ - Revers. „So komm ich dir so“ über einem durch die Finger sehenden Brustbilde.

Ein kleines Stück in Zinn ist ein „Denk an das schreckliche Heuschreck-Heer“, auf dessen Vorderseite zwei Heuschrecken auf der Erde sitzen, während in der Ferne eine ganze Wolke heranzieht. Das sind, wie der Revers besagt. „Morgenlands Heuschrecken, welche aus Türckey kommende, im Augusto v. September 1693. durch Ungarn, Ostreich, Schlesien, Böhmen, Voigtland und Osterland in Thüringen gezogen, allda sie erfrohrn und dem Vieh zur Speise worden.

Eine ganze Menge ähnlicher Münzen erschien zur Erinnerung an Wassersnöthe, Kometen, Friedensschlüsse, gute und böse Jahre, auf naturgeschichtliche Ereignisse etc.; selbst die Vorführung außereuropäischer Thiere im vorigen Jahrhundert war wichtig genug, die Grabstichel der Stempelschneider in Bewegung zu setzen, wie die Inschrift einer zu Nürnberg gefertigten, ein von der Sonne beschienenes Nashorn zeigenden Münze beweist: „Dieser Rhinoceros ist 1741 durch den Capitain David Hout von der Meer aus Bengalen in Europa gebracht und ist im Jahr 1747 als es 8 1/2 Jahr alt war 12 Schuh lang und 12 Schuh dick und 5 Schuh 7 Z. hoch gewest. Es frist täglich 60 Pf. Heu 20 Pf. Brod und sauft 14 Eimer Wasser 1748.

R. Cr.