Spitzbuben-Sprache, oder, Wahlerey und Roth-Welsch
[1]
Wie solche von dem inhafftierten Andreas Hempeln angegeben worden.
EIn Paar Schue | Trittlinge |
Strümpffe | Streifflinge |
Hosen | Weitlinge |
Ein Hembde | Ein Gemsel |
Ein Huth | Ein Ober-Mann |
Eine Mütze | Ein Pätz |
Ein Paar Handschu | Greifflinge |
Ein Rock | Ein Stürtz |
Ein Mantel | Ein Fang |
Eine Hand | Eine Föhme |
Eine Ficke | Eine Mulde |
Die 2. Finger / womit sie in die Ficken fahren. | Scheeren |
Das Schnupff-Tuch / das sie einem aus der Ficken ziehen. | Ein weisser Schnee |
Ein Geld-Beutel | Ein Dorff |
Der Kopff | Kobiß |
Ein Scharffrichter | Ein Tammer |
Ein Mägdgen | Ein Tillgen |
Ein Knäbgen | Ein Stifftgen |
Eine Frau | Ein Mudel |
Eine Manns-Person | Ein Pincke |
Ein Büttel in der Stadt | Eine Klette |
Ein Land-Knecht im Amte | Ein Land-Puller |
Eine Henne | Ein Steffen |
Eine Gannß | Ein Breit-Fuß |
[2] Ein Löffel | ein Schuffstock |
eine Kuhe | ein Hornickel |
ein Pferd | ein Trappert |
Fleisch | Postert |
ein Gar-Küche | eine Minckel-Bude |
Butter | Schmunck |
Käse | Fändrich |
Brodt | Löben |
Korn | Maden |
ein Pfennig | ein Taul |
vier Pfennige | vier Näbgen |
vier Groschen | Qvaders Kot |
ein Orts-Thaler | ein Orts-Maaß |
ein halber Thaler | ein halber Lowen |
ein Sechzehen-Groschen-Stück | ein Sechzehen-Kotfingen |
ein Thaler | ein Lowen |
ein Ducate | eine Blüthe |
Ringe | Keuterlinge |
er hat Ringe gestohlen | er hat Keuterlinge auffgethan |
Silber-Werck | Grün |
eine Jungfer | eine Potz-Mosche oder Klonthe |
eine silberne Kette | eine Schlange |
ein Messer | ein Kautz |
eine Axt | ein Hartling |
ein Dorff | ein Gefahr |
eine Meile | eine Elle |
eine Elle | eine Meile |
eine Stadt | ein Külen |
ein Thor | ein Kuh-Fenster |
eine Büchse | ein Schneller |
ein Degen | ein Lang Michel |
ein Soldat | ein Zäncker |
ein Krug | ein Erd-Mann |
ein Tisch | ein Glattert |
eine zinnerne Kanne | ein Bleysack |
eine Stube | ein Hitzling |
Stroh | rauschert |
Heu | Grünert |
Betten | Senfftlinge |
ein Wald | ein Knackert |
Bier | Plempel / oder Brand |
gut Bier | küstiger Plempel |
[3] lose Bier | lincker Plempel |
Feuer | Funckert |
Band | Flader |
Flohr | Mohr |
schwartzer Zeug | Köhler |
eine Bude | ein Wild |
Tuch | Haarhorn |
roth Tuch | roth Flocken |
grün Tuch | grün Flocken |
ein Tuch-Hauß | ein Flocken-Kasten |
ein Rath-Hauß | ein Sturm-Kasten |
ein Hauß | eine Kütte |
ein Hauß da die Spitzbuben aus und eingehen | ein gescheide Bonne |
ein Bier-Hauß oder Gast-Hof | Ein Schwecher-Kütte |
ein grosse Stadt | ein grandin Kille |
eine Pfarre | eine Frantze |
ein Fenster | ein Scheindling |
allerley Wahren | Schuricht |
weisse Leinwand | weisser Schnee |
hingehen | hinkrauten |
allerley Wahren mausen | ein stück Schuricht schniffen |
mit einader reden | mit einander wahlen |
verkauffen | verpassen |
einer der das Geld aus der Ficke ziehet | ein Roller oder Roller-Mosche |
grossen Gedrang machen | grandigen Verdust machen |
ein Amtmann oder Edelmann | ein grandiger Sims |
Rollen | Geld aus der Ficke ziehen |
eine Ficke | eine Mulde |
eine Geld-Büchse | eine Those |
abschneiden | abfäbern |
bekannt | geknillt |
ausbiethen | anschlagen |
geben | stören |
ein Wirth | ein gescheider Kober |
Schlaf-Geld | Schlumperpicht |
Geld | Hellig |
borgen | pompen |
weinen | flösseln |
ein Spitzbube | ein Weißkäuffer |
ein Nacht-Dieb | ein Schwartzbauer |
[4] die Nacht | die Swärtze |
ein guter Jahr-Marckt | ein gut Geschäffte |
Strasse | Strehle |
die Rede | die Wahlerey |
ein Pferde-Dieb | ein Trappert-schniffer |
stehen | hegen |
stehlen | zopfen |
einer / so denen Dieben abkäufft | ein Paßmann |
ein rechter Ertz-Dieb. | Ein grandiger Schniffer oder Schräncker |
verrathen | verkappen |
Geld | Pun |
ein Küh-Dieb | ein Hornickel-schniffer |
die Marter oder Tortur | die Bleye |
eine Hexe | eine Finckel-Mosche. |
das Rath | der Teller |
ein Galgen | ein Thalmann |
einem den Staupbesen geben | den Kohl stecken / oder einen Kohlpotten |
Ehebrechen | Poltzerey treiben |
huren | glonthen |
jenem wird der Kopf abgeschlagen | jener wird gekobst |
die Mauserey | die Schnifferey |
Kopf | Kobß |
der Bau | Schniegeyley |
ein Hüner-Ey | ein Potzgen |
Fische | Fließlinge |
Wasser | Flossert |
Näh-Nadeln | Spitzlinge |
ein Kraut-Haupt | ein Kohlkopff |
ein Bettelmann | ein Schmaltürcher |
ein Vorlege-Schloß | ein Klitzsch |
eine Ale oder Pfriem | ein Topper |
Agtsteine | Choren |
ein Dietrich | ein Schrencker |
ein Brech-Eisen | ein Schoberbarthel |
eine Karte | ein Hader |
einer der mit der Karte umbgehen kan. | ein Freyerschupper |
ein Bauer | ein Hache |
ein Handwercksbürschgen | ein Handwasser |
spiehlen | gaunen |
verspiehlen | fallen |
ein Artz | ein Storcher |
[5] ein Sänger | ein Schaller |
ein Hurentreiber | ein Poltzmeister |
ein Hund | ein Urin |
ein Schaff | ein Kleebeisser |
ein Auge | ein Thürling |
packe dich | schuff dich |
laß stehen | laß hocken |
der siehets | der spendts |
sehen | thüren |
ein Spithal | ein Geheege |
eine Kirche | ein Tiffel |
ein Kirchen-Dieb | ein Tiffelschrencker |
ein Strassenräuber | ein Strehlenkehrer |
erschiessen | beschnellen |
ein Schuster | ein Trittlings-Pflantzer |
ein Fleischer | ein Poster-Fetzer |
ein Müller | ein Stöber |
ein Schneider | ein Klufft-Pflantzer |
ein Tuchmacher | ein Pflocken-Pflantzer |
ein Leineweber | ein Schnee-Pflantzer |
ein Goldschmied | ein Grün-Pflantzer |
ein Kupfferschmied | ein Pallert-Pflantzer |
ein Bortenwürcker | ein Flader-Pflantzer |
ein Stab | ein Stemß |
ein Stein | ein Küssen |
das Essen auffn Tische. | Pettemann |
der Wein | Plancke |
eine Wurst | ein Längling |
einer geringer Arth | ein Schransierer |
Brandtewein | Finckel-Jochen |
ein schweres Gefängnüß | eine grandige Locke |
der ist geschlossen | der ist geschränckt |
ein Wagen / oder Calesche | eine Rolle |
ein Jahrmarckt | ein Geschäffte |
die schwere Kranckheit | schwere Pille |
ein guter Jahrmarckt | ein küstig Geschäffte |
ein Verräther | eine Kapp-Mauß |
schlaffen | thürmen |
eine Scheune | eine Schabelle |
betrügen | Schuppen |
ein Geldmacher | ein Hellig-Pflantzer |
eine Silber-Bude | ein Grün-Wild |
[6] ein Zien-Bude | ein Bley-Sacks-Wild |
eine Band- oder Zwirn-Bude | ein Flader-Wild |
verweisen | verschrencken |
Haar | Flachs |
entlauffen | abfocken |
entspringen | abschrencken |
durchgehen | Kraut fressen |
zum Biere gehen | zum Schwechen gehen |
Spielleuthe | Klingfetzer |
ein Cramer | ein Wildner |
Wenn einer will in eine Bude gehen / so spricht er zum andern / du komm / da wollen wir hin krauten / und uns ein Stück Schuricht schniffen / i. e. etwas Wahren mausen. Wenn nun was gemauset worden / sagen sie weiter: Wo krauten wir nun hin / daß wir es verpassen / weissestu nicht etwa ein Gescheide Kober / (wo gehen wir nun hin / oder weissestu nicht etwa ein Wirths-Hauß / da wir die gestohlenen Sachen verkauffen können?) so spricht der andere: Mein Kober ist gescheidt / wollet ihr mit hinkrauten und es da verpassen.
Wenn ein Roller oder Roller-Mosche ein Dorff siehet / (i. e. wenn ein Dieb einen Beutel mit Gelde siehet) so sagen sie zum andern / gehe du mit mir / und mache mir Verdust / (einen Gedrang) den Pincken will ich rollen (diesen Beutel will ich aus der Ficke ziehen) wenn ich das Dorff rollen soll / so must du mir grandigen Verdust machen / oder / wenn ich diesen Geld-Beutel mausen soll / so mustu mir einen grossen Gedrang machen.
Wenn ein Weißkäuffer einen siehet eine Geldbüchße haben / so ihm anständig ist / spricht er zum andern: Du komm / der hatt eine schöne Those / mache mir Verdust / ich will sie rollen.
Wenn die Weißkäuffere wollen ein angebundenes stück Zeug oder Leinwand angeln / so sprechen sie zu dem andern: Kraute du hin / und fäbers ab / (schneide es ab) darnach wollen wir es schniffen.
Wenn die Weißkäuffer uff den Märckten gestohlen / so gehen sie zu einen gescheiden Kober (in ein Wirths-Hauß) und sprechen unter einander: Du bist hie geknillt / schlag du an / und verpasse es ihm / so und so viel laß dir davor stöhren / i. e. du bist hier bekannt / biethe es ihm an / verkauffe es ihm / so und so viel laß dir davor geben.
Wenn sie aber nicht können mit einander eines werden / so fänget der gescheide Kober (der Wirth) an / ie lasset es immer seyn / bleibet heunte hier / ihr sollet kein Schlumperpicht stöhren / oder Schlaff-Geld geben / wenn euch der Weg vorüber trägt / sprecht mir zu / ob ihr schon kein Hellig (Geld) habt / ich will euch pompen (oder borgen.)
[7] Wenn 2. Weißkäuffer zusammen kommen / und einer zu dem andern spricht: Ich weiß ein küstig Geschäffte (einen guten Jahrmarckt) so spricht der ander / wie viel Ellen (Meilen) sind es dahin? so antwortet der andere: Es sind irgend ohngefehr 6. 7. 8. biß 10. Ellen wohin kraut man aber zu / daß man auff die rechte Strehle kömmt? (Es sind irgend 6. 7. 8. biß 10. Meilen / wo gehet man aber zu / daß man auff die rechte Strasse kömmt?) darnach geben sie einander Gescheide und lernen sich dardurch kennen.
Wenn ein paar Trappert-Schniffer (Pferde-Diebe) zusammen kommen / und etwa einen Anschlag uff ein paar Pferde haben / so sagen sie: Da hegen ein paar Trapperte / wir wollen auff die Schwärtze hin und sie zopffen / ich weiß auch schon einen guten Paßmann / der hat mit mir gewahlet / daß er uns gut Hellig davor stöhren wolle. i. e. Da stehen ein paar Pferde / wir wollen dahin reiten / und sie stehlen / ich weiß auch schon einen guten Käuffer / der hat mit mir geredet / daß er uns gut Geld dafür geben wolte.
Wenn einer Ehebruchs oder Huhrerey halben geköpft wird / sagen sie: Er ist wegen der Poltzerey oder Glonten gekobst.
Wenn sie wegen der Schniffer- oder Mauserey nicht können an den Kobß kommen / so bringet man sie an die Schniegeyley / oder Bau.
Wenn ein Weißkäuffer auf dem Marckte was mausen will / und siehets einer / so spricht der andere: Schuff dich / laß hocken / der spents. (Gehe fort / laß es stehen / der siehets.) Wenn sie nun von dem Stande weggehen / und der so sie gesehen hat / ihnen nachsiehet / und mit dem Cramer redet / so sprechen sie: Sehet doch / wie der Schnauffer kappt / i. e. verräth.
Wenn die Weißkäuffere auf der Strassen zusammen kommen / fragen sie einander; Hast du auch ein gut Geschäffte gehabt? Da antwortet denn der andere: Ach nein! ich habe ein linck Geschäffte gehabt / es ist nicht küstig gewesen / es waren gar zu viel Kapp-Mäuse da. (ich habe keinen guten Marckt gehabt / es waren zu viel Verräther da.) Wenn einer etwas aus einer Bude stehlen will / rufft er den andern zu: Kraute doch herbey / hier wollen wir was aufthun oder zopffen.
Wenn die Freyer-Schupper oder Kartten-Spiehlere einen Bauer oder Handwercks-Burschen sehen / und mercken / daß er viel Geld bey sich habe / instruiren sie einen von denen Freyer-Schuppern / daß er den Bauer oder Handwercks-Bürschgen anreden und fragen muß / wo er hinwolle? bittet ihn / er möchte doch mit da und da hin gehen / er wolle eine Kanne Bier vor ihm bezahlen / und ob er ihm nicht ein Briefflein an seinen Bruder oder Schwester nehmen? Wenn nun der Bauer nebst dem Freyerschupper in ein Bier-Hauß kommen / so [8] sitzen derer letztern schon ein Stück 3. oder 4. übern Tische / und reden den Bauer oder reisenden Handwercks-Pursch an: Freund / wo kommt ihr her / und wo wollet ihr hin? Wenn nun der Frembde zur Antwort giebet / da hat mich der ehrliche Freund gebethen / ich möchte ihm doch ein Briefflein mit zu seiner Schwester nehmen / alsdenn spricht derjenige / so den Frembden ins Wirths-Hauß geführet hat: Freund / wollet ihr hier nicht ein wenig warten / ich will hingehen / und mir ein Briefflein machen lassen? Unterdeß aber bringen jene die Karte übern Tisch / und bereden den Frembden daß er mit spiehlen muß / wenn nun solches geschiehet / legen sie die Karte darnach / daß der Fremde nichts darvon bekommen kan / unter deß aber hilfft ihm einer derer Freyerschuppere ein / und animiret ihn / daß er immer mehr dran setzen solle / er müste gewiß und unfehlbar gewinnen. Wenn nun der Frembde das Geld verspiehlet / fänget einer derer Freyerschuppere an: Gib mir dein Bündel / Degen / oder was du hast / ich will dir 3. oder 4. Thl. drauff leihen; Wenn nun dies geliehene Geld auch weg ist / weisen die Spitzbuben die Karte auff / damit der Frembde sehen kann / daß sie 2. oder 3. Augen mehr als er gehabt / und so nun der Frembde wegen des verspielten Geldes oder Bündels kläglich thut / so fänget der Freyerschupper / welcher dem Frembden Vorschub gethan / auch an zu lamentiren / sagende: Ach daß GOtt erbarme! wo kriege ich nun mein geliehenes Geld wieder? Ihr müsset mir das Geld schaffen / oder alles mit ein ander geben / was ihr am Leibe habt / das könnet ihr euch leichtlich einbilden / daß ich mein Geld haben muß / und es euch nicht schencken werde! Will nun der Handwercks-Pursche bezahlen / so muß er alles hingeben / war er an hat. Nach diesem kömmt jener mit dem Brieffgen gegangen / und wenn er siehet oder höret / daß der Frembde wegen des verspiehlten Geldes / kläglich thut / beklagt er selbigen und spricht: Freund / ach / daß GOtt erbarme! Wie gehet es euch denn so übel / ihr armes Mensch / ach hätte ich euch doch immer lassen hingehen! Weil ihr aber durch mein Brieffgen in so grossen Schaden kommen seyd / da habt ihr 8. Gr. nehmet mir doch dieses Brieffgen mit. Lebet wohl / und seyd GOtt befohlen.