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Sonntagsnachmittag im Dekansgarten

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor:
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Titel: Sonntagsnachmittag im Dekansgarten
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 8, S. 245, 259–260
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[245]

Sonntagnachmittag im Dekansgarten.
Nach einer Originalzeichnung von Paul Hey.

[259] Sonntagnachmittag im Dekansgarten. (Zu dem Bilde S. 245.) Das ist ein Fest für die Frau Dekan: der erste Sonntagnachmittag im Frühjahr, der die ganze Familie wieder draußen im Garten um den Kaffeetisch versammelt sieht! Drinnen im alten stattlichen Pfarrhaus sind ja die Wohnräume groß genug, um der ganzen Familie, wenn am Sonntag Kinder und Enkel am festlichen Tische sich vereinen, recht gemütlichen Aufenthalt zu gewähren. Wie ganz anders aber kann sich das Familienleben in dem herrlichen Garten entfalten! Wie behaglich sitzt es sich im Duft des blühenden Flieders, in der natürlichen Wärme des Sonnenscheins, während die erwachsenen Töchter mit ihren jungen wackeren Männern sich aufs neue in den schattigen Laubgängen ergehen, in denen sie sich verlobten, und die kleinen Enkelkinder jubelnd herumspringen, daß die Augen leuchten und die Wangen in frischer Röte prangen! Und wie um Jahre verjüngt, nimmt der Herr Dekan an dem Treiben der Jugend teil. Er hat immer darauf gehalten, daß von seinen Kindern solche Spiele gepflegt werden, die alt und jung das gleiche Vergnügen bereiten. Seine vielberufene Meisterschaft im Wurfkegelspiel hat er gleich heute wieder in den ersten Partien bewährt. Nun aber ist der Herr Amtsbruder aus der nächsten Kreisstadt mit seiner Gattin zu Besuch gekommen. Der kinderlose alte Herr hat sonst wenig Gelegenheit, sich in solchen Dingen zu üben. Die frische Lust der anderen wirkt aber ansteckend auf ihn. Wohl erinnert er sich, daß er schon bei früheren Besuchen vergeblich versucht hat, sich als Kegler hervorzuthun, er mißtraut auch dem „Baumelschub“, denn die Kugel nimmt aus seiner Hand immer einen ganz anderen Lauf, als es seiner Absicht entspricht – aber warum soll es nicht in diesem wunderwirkenden Lenz einmal über ihn kommen? Die Frühlingsluft macht ihn unternehmungslustig und thatenkühn. Aber nicht ohne Bedenken [260] sieht der erfahrene Herr Dekan, daß auch diesmal der liebe alte Herr Collega auf dem Kegelbrett keinen Ruhm ernten wird. Eifrig unterweist er ihn in den Feinheiten der Kunst: wie man gehörig nach links werfen muß, wenn die Kugel beim Rücklauf die vorderen Eckkegel rechts treffen soll. Der alte Herr wird sicher sein Bestes thun. Sollte er aber dennoch nichts treffen, so wird ihn das wenig verstimmen. Vergnügt wird er später den Heimweg antreten, vergnügt und erfrischt – ist er doch wieder einmal jung mit der Jugend gewesen!