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Soli Deo Gloria!

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Autor: Johannes Deinzer
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Titel: Soli Deo Gloria!
Untertitel: Kurzer Überblick über die 50jährige Thätigkeit der Gesellschaft für innere und äußere Mission i. S. d. l. K.
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Erscheinungsdatum: 1891
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Erscheinungsort: Neuendettelsau
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Soli Deo Gloria!




Kurzer Ueberblick
über die 50jährige Thätigkeit der Gesellschaft für innere und äußere Mission i. S. d. l. K.


zur Feier ihres 50jährigen Jubiläums


von


J. Deinzer.




Druck von J. C. Reutzel in Neuendettelsau
1891.


|  Es erfüllen sich heuer fünfzig Jahre, seit, zwar nicht die Gesellschaft für innere Mission im Sinn der luth. Kirche, aber ihre vornehmste Thätigkeit: die Fürsorge für unsre nach Amerika ausgewanderten Volks- und Glaubensgenossen, ihren Anfang genommen hat.

 Da geziemt sich wohl ein Rückblick auf das, was in diesem langen Zeitraum gewollt und angestrebt und durch GOttes Gnade erreicht worden ist. Einen solchen Ueberblick will in gedrängter Kürze vorliegendes Schriftchen geben. Legen wir daher zunächst

Anlaß und Anfang der nordamerikanischen Mission

dar.

 Nicht um Bekehrung der Heiden, sondern um kirchliche Versorgung unsrer ausgewanderten Glaubensgenossen, die in den Wäldern und Prairien Nordamerikas zu hunderttausenden gingen wie Schafe ohne Hirten, ohne die ewigen Güter des Wortes und der Sakramente, handelte es sich bei dem amerikanischen Missioniswerk. Pastor Wyneken, der selbst den schreienden Notstand seiner Glaubensgenossen in Amerika täglich vor Augen sah, war es, der in einem dringenden Hilferuf der evangelischen Christenheit Deutschlands die kirchliche Not ihrer Brüder zur Kenntnis und ihre Liebesschuld gegen dieselben zum Bewußtsein brachte. Sein Aufruf hatte da und dort Teilnahme erregt, am mächtigsten aber zündete er in der Seele des seligen Pfarrers Löhe. Es hatte damals, nach dem langen Winterschlaf des Rationalismus der Eifer der Christenheit für die Heidenmission sich zu regen begonnen. Löhe aber meinte, ohne diesen neuerwachten Eifer für| Heidenmission tadeln oder dämpfen zu wollen, es sei unnatürlich und thöricht „unter den Heiden mit Löffeln wieder einfassen zu wollen, was man in Amerika mit Schäffeln ausschütte“ d. h. der Bekehrung einzelner Seelen in der Heidenwelt nachzujagen und darüber tausende von Glaubensgenossen mangels aller kirchlichen Fürsorge des geistlichen Hungertodes sterben und einem neuen Heidentum anheimfallen zu lassen. Eingedenk des apostolischen Wortes, das hernachmals auch unsre Gesellschaft in ihr Schild und Wappen genommen hat: „Lasset uns Gutes thun an jedermann, allermeist aber an des Glaubensgenossen“ (Gal. 6, 10), sann er mit seinem Freunde, dem sel. Pfarrer Wucherer, auf Mittel und Wege der Abhilfe.

 Ehe man zu einem bestimmten Entschluß gekommen war, geschah es, daß ein junger Schuhmacher, Adam Ernst aus Oettingen, dem Wynekens Ausruf in die Hände gekommen war, beim Lesen desselben von dem unwiderstehlichen Drang ergriffen wurde, sein Leben dem Dienst an dem amerikanischen Missionswerk zu weihen. Dieser Mann, der heute noch lebt, ist der Erstling unsrer gesamten amerikanischen Missionsthätigkeit geworden. Durch sein Anerbieten gewann Löhes Plan in Betreff einer Hilfe für Amerika Form und Gestalt. – Er und Wucherer hatten ursprünglich nur an Sammlung von Liebesgaben und an Anschluß an einen andern Verein gedacht; jetzt aber, zumal zu dem ersten Schüler sich bald ein zweiter, G. Burger aus Nördlingen, herzufand, erkannte man darin einen göttlichen Wink, das Werk der amerikanischen Missionsthätigkeit selbständig in die Hand zu nehmen und persönliche Kräfte für den Dienst desselben auszubilden.

 Im Juli 1841 begann Löhe mit dem Unterricht. Das Ziel der Ausbildung hatte er sich bescheiden gesteckt: zwei Schullehrer, die etwa nebenher auf einem Handwerk arbeiten und sich ihren Unterhalt selbst verdienen könnten – das war es, was er aus ihnen machen wollte. Nach etwa Jahresfrist, am 11. Juli 1842, wurden die beiden Erstlinge nach Amerika ausgesandt. „Mögt Ihr,| sagte Löhe in der schönen Instruktion, die er beiden mitgab – die ersten Schwalben sein, die einen reichen Frühling verkündigen. Mögen aus den gesegneten deutschen Gauen Scharen von Evangelisten, begabt mit mancherlei Gaben, ausziehen, auf daß auch Amerika zu den Landen versammelt werde, von denen wir singen, daß sie Seiner Ehre voll sind.“

 Löhe hatte sich für diese beiden Erstlinge eine Thätigkeit als Elementar- und Religionslehrer in Amerika gedacht. Bald erkannten sie aber, daß der Predigermangel in Amerika der größere Notstand war, und mußten daher wider Löhes und ihren eigenen Willen den Schullehrerberuf mit dem Predigtamt vertauschen. Ernst sammelte eine kleine Gemeinde, die ihn zu ihrem Pastor berief und der er, in dankbarer Erinnerung an seine geistliche Heimat, den Namen New-Dettelsau gab. Auch sein Freund Burger war, nachdem er in dem Predigerseminar von Columbus sich noch weiter ausgebildet hatte, von einer Gemeinde in der Nähe von New-Dettelsau zum Pfarrer berufen worden.

 Diesen ersten schlichten „Nothelfern“ folgte jedoch in den nächsten Jahren eine ganze Anzahl akademisch gebildeter Jünglinge, Kandidaten der Theologie, Philologie und Philosophie aus Bayern, Sachsen und Hannover. Anfangs standen Löhes Sendlinge in kirchlicher Gemeinschaft mit den Synoden von Ohio und Michigan, lösten aber 1845 diese Verbindung, da beide Synoden ihren unionistischen Charakter nicht aufgeben wollten, und suchten Fühlung mit den seinerzeit unter M. Stephan ausgewanderten sächsischen Lutheranern in Missouri, deren geistiges Haupt schon damals Dr. Walther war. Die Erkenntnis der vorhandenen Einigkeit, der beiderseits vorhandene Wunsch nach einer völligen kirchlichen Vereinigung und das herzliche Verlangen Löhes, alle lutherischen Elemente Amerikas sich zusammenschließen zusehen, hob ihn und seine Sendlinge über gewisse Bedenken gegen die Anschauungen der Sachsen über Kirchenverfassung und -Regiment| weg. So kam der Zusammenschluß der fränkischen und sächsischen Lutheraner zustande: ein für die amerikanische Kirchengeschichte hochwichtiges Ereignis. Von da an datiert der Aufschwung der Missourisynode, dieses jetzt größten lutherischen Kirchenkörpers in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Bedeutende Geldmittel und eine beträchtliche Anzahl von Arbeitern, darunter edle Kräfte, die nachmals Zierden der Missonrisynode geworden sind, wurden in dem Zeitraum von 1846–1853 dieser Synode zugesandt, und wenn dieselbe auch später um theologischer Meinungsverschiedenheiten willen alles und jedes Verhältnis zu Löhe abbrach, so kann sie doch ohne undankbar zu sein, der in ihren Anfängen von Löhe erfahrenen kräftigen Förderung nicht vergessen, wie andernteils dieser ein Recht hatte, zu sagen: er dürfe seine und seiner Mitgenossen Arbeit zu dem nachmals so blühend gewordenen Stand der Missourisynode in ein ähnliches Verhältnis bringen wie das des Säemanns zur Ernte, des ersten Anstoßes zur Bewegung, der Ursache zur Wirkung, und dürfe sich des Gedeihens jener Synode freuen, „wie sich ein Säemann einer Ernte freuen dürfe, zu der er den Samen gestreut habe, auch wenn er nicht mit ernte und esse.“


Das Kolonisationswerk.
 Um die Mitte der 40er Jahre war im Frankenland unter dem Landvolk ein eigentümlicher Auswanderungstrieb erwacht. Löhe hatte ihn nicht hervorgerufen, auch nicht gepflegt, er wünschte ihn aber zu leiten, um die Auswanderung vor Zersplitterung zu bewahren. Er faßte den Plan der Kolonisation. Die Auswanderer sollten sich in der neuen Heimat nicht zerstreuen, sondern eine größere Niederlassung gemeinsam besiedeln, und zu diesem Zweck schon im alten Vaterland zu einer Gemeinde unter einem Pastor zusammengefaßt werden. Der jüngst verstorbene Professor A. Crämer, selbst ein geborener Franke, leitete die Wanderung der ersten Kolonistenschar nach dem| erwählten Ziel: der Grafschaft Saginaw im Staate Michigan. Von dort waren die Wege nah und leicht zu den Indianern, die damals noch in beträchtlicher Anzahl in den Urwäldern und Steppen von Michigan und Indiana schweiften. Die Mission unter ihnen fiel somit der neugegründeten Gemeinde Frankenmut von selbst als Aufgabe zu. So war es auch Löhes Absicht. Die Gemeinde in Frankenmut sollte zugleich Ausgangs- und Stützpunkt für die Heidenmission, ihr Pastor zugleich Heidenmissionar, ihre Glieder aber, größtenteils geistliche Kinder Löhes, (wie er ihnen einmal schrieb), „sein Brief an die Heiden“ sein. Wie diese Aufgabe erfüllt wurde, davon später.
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 Der Gründung der Kolonie Frankenmut im Jahr 1845 folgte im Jahr 1847 die von Frankentrost, im Jahr 1848 die von Frankenlust und im Jahr 1850 die von Frankenhilf. Noch Größeres hatte man im Sinn. Man dachte eine Fläche Landes, die etwa ein Drittel des ganzen Staates Michigan umfaßte, zu Zwecken der Kolonisation anzukaufen, um Armen zur Auswanderung und zur Gründung eines Hausstandes in der neuen Heimat zu helfen; man dachte an die Anlegung einer Reihe von Missionskolonieen in Wiskonsin, in Indiana, in Missouri. Diese großartigen Pläne kamen nicht zur Ausführung. Aber die Absicht, durch Konzentration der Auswanderung in der Grafschaft Saginaw Herde deutsch-lutherischen Lebens zu schaffen und demselben dadurch eine längere Lebensdauer zu sichern, wurde doch in gewissem Grade erreicht. Den deutschen Ankömmling, der diese Kolonieen besucht, muten sie wie ein Stück nach Amerika versetzten Mittelfrankens an. Die Kolonisten in Saginaw sind zu äußerem Wohlstand gelangt; auch der Stand des kirchlichen Lebens behauptet sich, wenn auch nicht mehr auf der früheren, so doch immer noch auf einer achtungswerten Höhe. Zwischen Amerika und der fränkischen Heimat hat sich infolge der Auswanderung so zahlreicher Stammesgenossen eine Fülle persönlicher Beziehungen gebildet, die auch dem amerikanischen Missionswerk zugute kamen. Man| wird sagen dürfen: Die Kolonisation hat daß Werk der amerikanischen Mission bei unserm Landvolke populär gemacht. Auch Löhes Teilnahme blieb den fränkischen Kolonieen Zeit seines Lebens treu, selbst nachdem im Jahre 1853 der Bruch mit der Missourisynode eintrat und infolgedessen auch die Kolonieen, die ganz Missouris Beute geworden waren, sich von Löhe lossagten. Seine Kolonisationsthätigkeit war aber damit zu Ende.


Die Anstalten zur Heranbildung geistlicher Arbeitskräfte für Nordamerika.
 Die wichtigere Thätigkeit aber, die geistliche Fürsorge für die ausgewanderten Glaubensgenossen durch Ausbildung und Aussendung von Lehrern und Predigern des Evangeliums, hat nicht aufgehört, sondern ununterbrochenen Fortgang gehabt bis zu dieser Stunde. Sie ist es, um derentwillen wir heute feiern und jubilieren dürfen. Die ersten Sendlinge hatte Löhe selbst, unter Beihilfe deß Pfr. Brock in Auernheim unterrichtet. Später hielt man es für ratsam, um den Zöglingen den Vorteil unmittelbarer Anschauung der Landesverhältnisse zu gewähren, die Bildungsanstalt der zukünftigen Nothelfer nach Amerika selbst zu verlegen. So entstand 1846 daß Predigerseminar in Fort-Wayne, das von der alten Heimat aus nicht bloß mit Schülern, sondern auch mit Büchern und Geldmitteln reichlich versehen wurde. Diese Veränderung hatte die Gründung einer Vorbereitungsanstalt in Nürnberg zur Folge, in welcher junge Leute zur Aufnahme in das Fort-Wayner Seminar vorgebildet wurden. Ein Kreis von gleichgesinnten Kandidaten in Nürnberg, von denen zwei, Dekan Schmerl in Einersheim und Pfarrer Sperl in Bürglein, heute noch leben, teilte sich in den Unterricht der jungen Leute, bis der damalige Katechet, Friedrich Bauer, die Sache in die Hand nahm, um von da an sein Leben ganz dem amerikanischen Missionswerk zu weihen. Diese Anstalt war das Samenkorn, aus welchem die heute noch in gesegneter| Wirksamkeit stehende Missionsanstalt in Neuendettelsau erwachsen ist. Als nämlich das Verhältnis zur Missourisynode sich löste und von Neuendettelsau aus die Iowasynode gegründet wurde, die namentlich in den ersten Jahren ihres synodalen Bestehens fertig ausgebildeter geistlicher Arbeitskräfte bedurfte, wurde die Missionsvorbereitungsanstalt in eine vollständige Missionsanstalt verwandelt und nach Neuendettelsau verlegt, womit das amerikanische Missionswerk wieder an den Ort seines Ursprungs zurückkehrte. Zwanzig Jahre stand der selige Inspektor Bauer mit großer Treue der dortigen Anstalt vor, welche unter ihm und hauptsächlich durch seine Bemühungen in den beiden 1867 und 1870 erbauten Missionshäusern eine feste und würdige Herberge fand. Diese Anstalt ist Stiftung und Eigentum der von Löhe im Jahre 1849/50 gegründeten Gesellschaft für innere Mission, der Mithelferin und später Fortsetzerin seiner Missionsthätigkeit für Nordamerika, sie ist der örtliche Mittelpunkt der Gesellschaft und ihres ganzen Werkes, das Herz, in dem ihre vornehmste Lebensthätigkeit sich vollzieht, und der Quellort, von dem ihr Bächlein der Hilfe und Wohlthat nach Amerika und ihre übrigen Arbeitsgebiete rinnt.


Die Gründung der Synode Iowa.
 Ein neuer Abschnitt in der Geschichte der amerikanischen Missionsthätigkeit trat im Jahr 1854 ein. Im Jahr 1853 hatte sich nicht ohne schmerzliches Wehe das Verhältnis zwischen Löhe und der Missourisynode gelöst. Meinungsverschiedenheiten in der Lehre von Kirche und Amt, die auch durch die persönliche Anwesenheit zweier amerikanischer Delegaten, Walthers und Wynekens, in Deutschland nicht gehoben, von Löhe übrigens als offene Fragen geduldet, von den unduldsamen Missouriern aber zu der Bedeutung einer kirchentrennenden Scheidewand emporgeschraubt wurden, führten den Bruch herbei. Löhe ging den friedsamen Weg Abrahams und wich, obwohl er in der Grafschaft Saginaw das unstreitig größere Recht hatte,| dem missourischen Widerpart. „Geht nach Iowa, dort haben wir noch keine Gemeinden“ – so hatte sich im Eifer der Rede der missourische Synodalpräses gegenüber den beiden Pastoren Großmann und Deindörfer, den letzten Vertretern Löhe’scher Anschauungen in Saginaw, vernehmen lassen. Und wirklich lautete die bald daranch eintreffende Weisung Löhes: Auf nach Iowa!
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 Nach unsäglichen Mühen und Entbehrungen, aber unter augenscheinlichen Beweisen speziellster göttlicher Fürsorge und wunderbaren Erfahrungen göttlicher Durchhilfe gelangte die kleine Schar der Auswanderer im Herbst des Jahres 1853 in Dubuque am Mississippi an. Großmann ließ sich mit dem Seminar (d. h. mit zwei aus dem Schullehrerseminar in Saginaw mitgebrachten Zöglingen) in dieser Stadt nieder und sammelte nach und nach um dasselbe eine kleine Gemeinde, während Pastor Deindörfer weiter landeinwärts zog und in einer anmutigen Gegend, wo Wald und Prairie abwechselte, eine Kolonie gründete, der er zum Andenken an seine fränkische Heimat den Namen St. Sebald am Quell gab. Die Anfangszeiten waren kümmerliche: es ging in Dubuque wie in St. Sebald durch heiße Nöten hindurch. Man kann sich von der Geringfügigkeit und Aermlichkeit der äußeren Verhältnisse, unter welchen die „Synode von Iowa“ in’s Leben trat, eine Vorstellung machen, wenn man hört, daß es vier, sage vier Mitglieder im ganzen waren, die durch ihr Zusammentreten am 24. August 1854 die Synode von Iowa gründeten, von denen übrigens damals einer totkrank darniederlag. Das Versammlungslokal war ein kleines Zimmerchen mit rohen Bretterwänden: Kirche und Studierzimmer des Pastors zugleich. Wahrlich hier mußte alles auf Glauben gebaut werden. Dazu hatte die kleine Synode von Anfang an mit einer für sie beträchtlichen Schuldenlast sich zu schleppen. Kaum geboren, hatte sie nämlich zur Erziehung eines eigenen geistlichen Nachwuchses ein Seminar gegründet, dessen Unterhaltung ihr schwere Sorgen schuf, sodaß man sich schon im Jahre 1857 aus Ersparnisrücksichten| genötigt sah, die Anstalt von der Stadt auf das Land zu verlegen, wo sie in der Nähe von St. Sebald durch Bearbeitung einer Farm einen Teil ihrer Unterhaltungskosten zu erwerben trachtete.[1] Eine besondere Gnade aber war es, daß GOtt der jungen Gemeinschaft gleich von Anfang ihres kirchlichen Daseins an etliche Männer schenkte, die durch Charakter und Gabe zur Leitung wie zur wissenschaftlichen Vertretung der Synode in besonderem Maße tüchtig waren und zum Teil jetzt noch ihre Säulen sind. So der Präses der Synode, Pastor Großmann, dem die Achtung seiner Amtsbrüder seit 37 Jahren das Steuer der Synode ununterbrochen anvertraut hat, und sein würdiger Stellvertreter, Pastor Deindörfer, der Vicepräsident der Synode; ebenso die beiden Professoren, S. und G. Fritschel, von denen der erstere 1854, der andere (leider vor zwei Jahren verstorbene) 1857 nach Amerika entsandt wurde: zwei Brüder, die sich trefflich ergänzten, die der Synode in den drei Jahrzehnten ihrer vereinten Thätigkeit ein ganzes Geschlecht von Pastoren herangebildet und durch ihre Leistungen ihrer Synode und sich selber einen geachteten Namen in der lutherischen Kirche diesseits und jenseits des Oceans gemacht haben.
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 Der Gegensatz zu der Synode von Missouri, welcher den äußeren Anlaß zur Gründung der Iowasynode gegeben hat, hat der letzteren auch von Anfang an ihre eigentümliche Richtung aufgeprägt. Missouri hält die Lehrentwicklung der luth. Kirche seit dem Jahr 1580 für abgeschlossen, fordert uneingedenk des alten Wortes: „im Notwendigen Einigkeit, in dem noch Zweifelhaften Freiheit, in allem aber Liebe“ eine vollkommene Lehreinheit, eignet sich allein den Ruhm der Rechtgläubigkeit| zu, spricht allen andern luth. Kirchen das Recht auf den lutherischen Namen ab und verengert so in sektenhafter Weise die Grenzen der Kirchen- und Abendmahlsgemeinschaft. Im Gegensatz zu diesem starren unduldsamen Luthertum bekennt sich die Iowasynode zu einem Luthertum, welches treu an allen Errungenschaften der Väter, d. h. an den Lehrentscheidungen der Bekenntnisse festhält, daneben aber ein Gebiet offener Fragen anerkennt, die einzelne Punkte der Lehre von Kirche, Amt und letzten Dingen betreffen, welche durch die Kirche der Reformation noch nicht zum völligen Abschluß gelangt sind. In diesen Stücken glaubt sie einstweilen noch Meinungsverschiedenheiten tragen zu müssen, wofern sie nur nicht gegen die Aehnlichkeit des Glaubens verstoßen, solange, bis der Heil. Geist auch hierin die Kirche zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis geführt haben wird. Gewiß der einzig richtige Standpunkt, der auch allein die Hoffnung giebt, daß unter Seinem Panier die zerstreuten Kinder GOttes in den luth. Freikirchen diesseits und jenseits des Oceans, die sich lange genug befehdet haben, endlich sich sammeln und Eine Herde bilden werden. Daß die Missourisynode diesen Standpunkt verketzerte und die Vertreter desselben aufs leidenschaftlichste bekämpfte, kann bei ihrer Art nicht wundernehmen – doch übermocht hat sie die Iowasynode nicht.
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 Löhe selbst erlebte noch und freute sich über das allmähliche Erstarken der Iowasynode; er hat von ihr auch dann seine Teilnahme und Hilfe nicht abgewendet, als er von den Angelegenheiten des Diakonissenhauses in Anspruch genommen von dem amerikanischen Missionswerk sich notgedrungen mehr zurückzog. Er konnte dies, da er die Fortführung des amerikanischen Missionswerkes in treuen Händen ruhend wußte. Lag dasselbe ja der ganzen Gesellschaft für innere Mission am Herzen, insbesondere ihren hervorragenden Gliedern: Bauer, Wucherer, Stirner etc., nicht zu vergessen Einen Mann, von dem Löhe selber sagte: die amerikanische Mission und im besondern die| Synode von Iowa habe in Deutschland keinen treueren und wärmeren Freund als ihn (seinen jetzt hochbetagten Bruder, der heute noch der Rechnungsführer der Gesellschaft ist). –

 Die Feier des 25jährigen Jubiläums der amerikanischen Missionsthätigkeit im Jahr 1866 rief ihm noch einmal lebhaft die Vergangenheit und die Anfänge dieses Werkes in die Erinnerung zurück. Nicht ohne Wehmut, vielleicht etwas zu wehmütig, redete er damals in seiner Festpredigt von dem vielfachen Mißlingen in dem amerikanischen Missionswerk, neben welchem nur ein teilweises Gelingen einhergegangen sei. Als das herrlichste rühmte er den Segen, mit welchem GOtt die ursprüngliche und eigentlichste Thätigkeit der Gesellschaft gekrönt habe: die Ausbildung und Aussendung von Predigern des Evangeliums, durch deren Dienst tausende von in der Zerstreuung gehenden Gliedern unserer Kirche um Wort und Sakrament gesammelt und für JEsum und das Glück eines kirchlichen Daseins gewonnen worden seien. Und hoffnungs- und zukunftsfreudig schloß er mit dem Gebet, daß der HErr, nachdem Er Seinen Knechten Seine Werke gezeigt habe, ihren Kindern seine Ehre (das immer herrlichere Gelingen ihrer Arbeit) sehen lassen und das Werk ihrer Hände auch fernerhin segnen wolle. Seitdem sind weitere 25 Jahre vergangen: Jahre, in denen freilich die Gründer und ursprünglichen Pfleger des Werkes fast alle heimgegangen sind (Löhe 1872, Bauer 1874, Wucherer 1881), das Werk selber aber unter GOttes Segen nicht nur Bestand, sondern Fortgang gehabt hat. Der alte Stamm ist nicht nur gewachsen, sondern hat auch zwei neue Schößlinge getrieben: ich denke an die Thätigkeit, die wir in Australien innerhalb des Gebiets der Immanuelsynode üben, und vor allem an den jüngsten Sproß unserer Wirksamkeit: die Heidenmission in Elim und Neu-Guinea.

 Trotz dieser Ausdehnung unseres Wirkens auf andere Arbeitsgebiete ist auch die ursprüngliche, angestammte Thätigkeit in Amerika fortgegangen. Die Iowasynode| konnte im Jahr 1879 bereits das 25jährige Jubiläum ihres Bestehens feiern, bei der auch der Schreiber dieses Festberichts zugegen sein und mitsamt der jubilierenden Synode dem HErrn ein Eben-Ezer des Dankes errichten durfte. Seitdem sind wieder 12 Jahre verflossen, während welcher die Synode nicht stillgestanden, sondern immerdar zugenommen hat in dem Werk des HErrn. Sie ist den finanziellen Nöten ihrer kümmerlichen Anfangszeit längst entwachsen – in den letzten beiden Jahren betrug die Summe der von den Gemeinden der Synode für kirchliche Synodal- und Wohlthätigkeitszwecke aufgebrachten Geldmittel rund 240000 Doll. (etwa 1 Million Mark) –, sie besitzt seit zwei Jahren ein prächtiges Gebäude für ihr theologisches Seminar in der Nähe von Dubuque, wo vor 38 Jahren, vom Mississippi umrauscht, ihre Wiege gestanden hatte; sie hat sich inzwischen über 13 Staaten der nordamerikanischen Union ausgedehnt und zählt nach den statistischen Angaben vom Anfang dieses Jahres 287 Pastoren und Professoren[2], 30 Lehrer und 493 Gemeinden. Von den Pastoren ist über ein Vierteil von unserer Anstalt aus der Synode zugesandt worden. Alles in allem können wir doch nur dankerfüllten Herzens auf dieses Wachstum der Synode Iowa zurückblicken. Segnet der HErr sie ferner in gleicher Weise, dann ist die Hoffnung nicht zu kühn, daß die Synode, die im Staate Washington bereits eine Vorpostenstellung inne hat, ihre Zeltseile gar bis an’s Gestade des äußersten Meeres (den stillen Ocean) ausdehnen wird. Der HErr lasse sie wachsen in tausendmal tausend.


Wirksamkeit in der Heimat.
 Wohl war Amerika das vornehmste, keineswegs aber das einzige Feld, auf dem unsere Gesellschaft thätig war. Wo irgend in Deutschland im Kampf mit uniertem Wesen| konfessionell lutherisches Leben sich regte und zu freikirchlichen Bildungen sich gestaltete, da trat die Gesellschaft f. i. M., Löhe vornean, ratend, teilnehmend und helfend ein. So wurde in Hamburg ein kleines Häuflein von Lutheranern, die sich von der Staatskirche getrennt hatten, in der Person des Pastor Meinel mit einem Hirten versorgt, der seit dem Jahre 1851 bis heute die dortige Gemeinde bedient. Diese Gemeinde war, solange die Auswanderung aus Franken über Hamburg ging, gewissermaßen die äußerste Vorhut der Gesellschaft nach Nordamerika hin und ist jetzt ihr einziger Missionsposten in Deutschland. Früher war es nicht der einzige. Auch die neu entstandenen Gemeinden in Nassau waren Gegenstand ihrer Fürsorge und Pflege. Sie förderte die lutherische Bewegung in Baden, gründete eine lutherische Kirche in Köln a./Rh., unterstützte die lutherischen Bestrebungen Molnars in Böhmen, unterhielt eine Mission unter Ungarn und Slovaken etc. Wo überall damals (mit Löhe zu reden) neben den müden, gegen die sie erdrückenden Mißstände „wie Laokoon mit den Schlangen“ ringenden Landeskirchen konfessionell lutherisches Leben zu neuen, von Staatsformen freien Bildungen drängte, da war die Gesellschaft, wie Löhe einmal sagte, Geburtshelferin gewesen. Es war auch damals eine Zeit schönen frühlingsmäßigen Webens und Lebens in der lutherischen Kirche, von dem Löhe sagen konnte: „Der Thau des HErrn ist ein Thau des grünen Feldes und er fällt (gegenwärtig) den neuen luth. Gemeinden zu. Keine Kirche ist in unsern Tagen (1851) so voll Lebensregung und Bewegung als die lutherische, und wenn man sagt, es sei heutzutage nirgends mehr eine Kraft zu gebären und zu schaffen, so ist sie doch im Himmel und kommt von dort zu der zertretensten und geschlagensten Gemeine, über die 300 Jahre alle Wetter gingen, zu der lutherischen.“ Freilich gar manche Blüte von damals ist verkümmert, auf andre ein verderblicher Frost gefallen. Wo dies nicht der Fall war, verloren doch die verschiedenen lutherischen Kreise| die lebendige Fühlung mit und Teilnahme an einander und blieben mehr auf sich beschränkt. Auch die Gesellschaft f. i. M. mußte in der Folgezeit aus ihrer vielseitigen, ökumenischen Thätigkeit sich in eine gewisse Enge und Begrenztheit begeben, weil es mehr und mehr galt, die Kräfte auf die Hauptaufgabe zu beschränken. Sie konnte dabei sich wenigstens dessen getrösten, daß dieses von ihr verlassene Arbeitsfeld (die Unterstützung der notleidenden Glaubensgenossen in der alten Heimat) nach einer Weile von einem andern Arbeiter im Weinberge GOttes, dem ihr nächstverwandten lutherischen Gotteskasten, in Angriff und Pflege genommen worden ist. GOtt schenke diesem ihrem Nachfolger Wachstum und viel Segen!


Ein neues Arbeitsfeld in Australien.
 Im Jahre 1875 eröffnete sich uns unerwartet ein neues Arbeitsfeld in Australien. Im Jahr 1838 war, um den Bedrückungen der Union zu entgehen, eine Anzahl von preußischen Lutheranern aus Klemzig in der Uckermark unter Pastor Kavel nach Australien ausgewandert und hatte sich in der Nähe von Adelaide niedergelassen. Diese Auswanderer und ihre Nachkommen bilden den Grundstock der Gemeinden, die sich später zu der südaustralischen Immanuelsynode zusammenschlossen. Der längst heimgegangene Pastor Kavel, den die Gemeinden der Immanuelsynode in dankbarer Pietät heute noch als ihren geistlichen Vater verehren, ein Bekenner lutherischer Wahrheit im Kampf gegen die Union, war zugleich – im Geiste Speners oder im Sinne des heutzutage sogenannten biblischen Luthertums – ein Anhänger der schriftmäßigen Hoffnungslehre gewesen. Neben der Treue gegen das Bekenntnis der lutherischen Kirche ist es denn auch vorzugsweise die Liebe zum prophetischen Wort, die Wertschätzung der biblischen Hoffnungslehre, die er auf seine Gemeinden vererbt hat. Eben aus diesem Grunde fühlten| sich diese zu der Richtung des sel. Löhe, als sie durch ein ihnen in die Hände gefallenes Schriftchen des sel. Inspektors Bauer „über den Chiliasmus“ mit derselben bekannt geworden waren, sofort hingezogen. So richteten sie denn im Jahre 1873 ein Schreiben nach Neuendettelsau, in welchem sie unter Beilegung ihrer Kirchenordnung den Wunsch aussprachen, mit der dortigen Missionsanstalt in Verbindung zu treten und aus derselben die nötigen Arbeitskräfte beziehen zu können. Doch erst im Jahre 1875 konnte ihren immer wiederholten dringenden Bitten willfahrt und ihnen in der Person des leider inzwischen verstorbenen Sendlings Stolz eine erstmalige Hilfe gesandt werden. Ihm folgte im Lauf der Jahre noch eine Reihe weiterer Arbeiter, und mit Einrechnung der heurigen Sendlinge ist die Zahl der von uns der Immanuelsynode zugesandten Nothelfer bereits auf 14 gestiegen, von welchen allerdings jetzt nur noch 11 teils als Pastoren an deutschen Gemeinden, teils als Heidenmissionare im Dienst der Synode stehen.

 Die kirchlichen Zustände Australiens und die Beziehungen der lutherischen Synoden zu einander, ähneln sehr denen Amerikas, nur daß die großartigeren Verhältnisse Amerikas in Australien in sehr verjüngtem Maßstab wiederkehren. Die Immanuelsynode steht im Wesentlichen auf demselben kirchlichen Standpunkt wie die Iowasynode in Amerika, sie hat wie diese, Gegner zur Linken und zur Rechten: die konfessionell unentschiedenere Victoriasynode auf der einen, und die australische Synode, das getreue Ebenbild der amerikanischen Missourisynode, auf der andern Seite. Zwischen ihnen steht die Immanuelsynode in der Mitte, das Panier des bekenntnis- und bibeltreuen Luthertums erhebend, nach rechts und links zur Verantwortung, wenn nötig auch zum Kampf, noch lieber zum Frieden in der Wahrheit bereit. Daß Immanuel, nach Dem sie sich nennt, mit ihr gewesen, beweist der ganze Verlauf ihrer bisherigen Geschichte; im Vertrauen auf Ihn wird sie auch fernerhin nicht zu Schanden werden.


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Die Thätigkeit der Gesellschaft aus dem Gebiet der Heidenmission.

 Die Verbindung mit der Immanuelsynode brachte uns auch wieder in nähere Berührung mit der Heidenmission. Nie hat unsre Gesellschaft gegenüber der Heidenmission sich ablehnend verhalten oder einen ausschließenden Gegensatz zwischen innerer und äußerer Mission statuiert. „Innere Mission führt uns zur äußeren“ hatte Löhe schon bei Beginn des amerikanischen Missionswerks gesagt. Wie konnte man auch in Amerika die Heidenmission vergessen, wo einem nicht bloß „das Gedächtnis des Indianers, sondern der Indianer selbst so häufig begegnet?“ Die in Amerika aus geistlicher und kirchlicher Verkümmerung selbst erst zu rettenden und zu sammelnden Gemeinden sollten nach Löhes Absicht auch ein Segen für die heidnischen Ureinwohner ihres neuen Vaterlandes werden, und das Vorbild für ihre Pfarrer sollten jene irischen Missionare sein, die das (von der Römerherrschaft her noch vorhandene) sterbende Christentum in Deutschland auffrischten und zugleich das Evangelium in die heidnische Wildnis unseres Vaterlandes trugen. In der That ist die älteste Kolonistengemeinde, Frankenmut, der Ausgangspunkt einer Heidenmission unter den Indianern Michigans geworden, die lieblich erblühte, aber leider keine bleibende Frucht brachte. Man mußte bald einsehen, daß die Mission unter den Indianern sich kein anderes Ziel stecken konnte als dies: „einem sterbenden Volk mit der Fackel des Evangeliums heimzuleuchten zum ewigen Frieden.“

 Ein neuer Anlauf zur Mission unter den Upsaroka-Indianern wurde von der Iowasynode gemacht, scheiterte aber an dem Mißtrauen und Haß der Indianer gegen die Weißen. Einer unsrer Missionare, Bräuninger, erlitt am Powder-River den Märtyrertod. Die hernach unter den Cheyennes eröffnete, verheißende Missionsthätigkeit wurde durch den großen Indianeraufstand 1864 jäh unterbrochen. Alle Weißen, zuletzt auch die Missionare,| mußten aus den Indianergebieten fliehen. Drei Indianerjünglinge, ihre Schüler, gingen mit ihnen: ihre ganze für JEsum gewonnene Beute.

 Längere Zeit ruhte nun die Thätigkeit unsrer Gesellschaft auf dem Gebiet der Heidenmission. Erst durch unsre Beziehungen zu der Immanuelsynode in Australien kamen wir wieder zu einer gewissen Anteilnahme an diesem Werk, indem wir der genannten Synode im Jahr 1878 auf ihr Begehr für ihre unter den Eingeborenen Australiens geübte Missionsthätigkeit einen Sendling unsrer Anstalt, den jetzigen Missionar Flierl in Neu-Guinea, zuschickten, dem bald andere folgten, und indem wir das dortige Werk nach Maßgabe unsrer Kräfte auch finanziell unterstützten. Wir hegen deshalb für diese Mission, deren Frucht ein heidenchristliches Gemeinlein auf der Station Bethesda von ca. 30 Seelen ist, eine besondere Teilnahme, obgleich sie nicht unser, sondern der Immanuelsynode Werk und Eigentum ist.

 Dagegen betreibt unsre Gesellschaft seit dem Jahre 1886 auch eine selbständige Missionsthätigkeit unter den heidnischen Schwarzen im Nordosten Australiens, in der Kolonie Queensland, wo sich die zwei Stationen Elim und Hoffnungsthal befinden, und in dem deutschen Schutzgebiet von Neu-Guinea, dieser größten Insel der Welt, wo unsre Missionare in Simbang, nahe Finschhafen, und auf den nahegelegenen Tami-Inseln Stationen begründet haben. Elim, d. h. die dortige Missionsarbeit ist uns ungesucht, um nicht zu sagen: wider unsern Willen zugefallen. Als nämlich Deutschland im Jahre 1885 eine Kolonialmacht (oder wie jemand sich ausdrückte: aus einem Vaterland ein Mutterland) geworden war und allenthalben in der deutschen Christenheit der Eifer erwachte, den neuen Reichsgenossen das beste Gut des Mutterlandes, das Evangelium, zu bringen, da glaubten auch wir, die wir dem neuerworbenen Reichsgebiet räumlich mit am nächsten waren, uns berufen, an unserm Teil an der Abtragung dieser Liebesschuld (Röm. 1, 14) der deutschen Christenheit uns| zu beteiligen. Da aber Missionar Flierl, in Cooktown angekommen, geraume Zeit auf Einlaß in Neu-Guinea warten mußte, folgte er, um in der unfreiwilligen Wartezeit nicht völlig brach liegen zu müssen, der Aufforderung der Regierung von Queensland und übernahm es, auf einer nahe Cooktown gelegenen Reservation, wo etwa 400 bis 500 Schwarze streiften, eine Missionsstation zu errichten. So kam es zur Errichtung der Station Elim, der dann im nächsten Jahr diejenige der Station Simbang folgte.

 Von dieser unserer jüngsten Thätigkeit, durch welche wir in die Reihe der selbständig Heidenmission treibenden Gesellschaften eingetreten sind, gedenken wir hier nicht viele Worte zu machen, zumal sie wohl hoffnungsvolle Ansätze, aber noch keine Früchte aufzuweisen hat. Es wundert uns das nicht. Was sind 5 Jahre Arbeit in der Heidenmission! Wir wissen, daß vor allem der Heidenmission, die (mit dem Prediger Salomos 11, 1 zu reden) ihr Brot über das Wasser fahren läßt, ein Gewinn erst „in langer Zeit“ in Aussicht steht. Darum warten wir sein in Geduld. Unsere Hoffnung für Elim und Simbang beruht auf der Jugend und auf der Arbeit der Schule und des heil. Geistes an den jungen Herzen. Wir haben in Elim ca. 25, in Simbang über 30, auf Tami 9–10 Schüler. Unser Missionspersonal besteht aus 7 (und mit Hinzurechnung unseres jüngsten heurigen Sendlings) aus 8 Missionaren, wozu noch 2 Missionarsfrauen und 2 Missionsgehilfinnen kommen. – Wolle der HErr auch unsere Arbeit am Werk der Heidenmission segnen, uns aus der Fülle Seines nie versiegenden Brünnleins und aus den Händen fröhlicher Geber auch allezeit zufließen lassen, was wir an materiellen Mitteln bedürfen und uns zu Seiner Stunde auch auf diesem Felde unsrer Thätigkeit ernten und mit Freuden Ihm unsere Garben bringen lassen.

 In allen übrigen Unternehmungen hat Er uns ja gesegnet, und es ist daher nicht Ruhmrätigkeit, sondern schuldige| Dankbarkeit, wenn die Jubilarin des heutigen Festes, die Gesellschaft f. innere Mission im Sinn der luth. Kirche, mit dem Erntekranz um die Stirne heute am 29. Juli 1891 in die Vorhöfe des HErrn einzieht mit der Stimme des Lobens und Dankens, um den HErrn zu preisen für allen Erntesegen und alle Erntefreude, die Er ihr beschert hat. Mit den heurigen Sendlingen beläuft sich die Zahl der von uns ausgesandten oder doch in Verbindung mit uns ausgegangenen Arbeiter für das Reich GOttes auf 284. Der Segen aber, der durch sie gestiftet worden ist in 3 Erdteilen, läßt sich in den Rahmen von Zahlen und statistischen Angaben nicht einspannen; ihn ermißt nur das Auge des HErrn. Auch den irdischen Gottessegen, den wir gehabt, können wir nicht zählen noch messen, sonder nur dankbar rühmen. Es ist wie ein Wunder vor unsern Augen, daß GOtt der „armen“ Gesellschaft ob auch durch viel Nöten, Sorgen und Glaubensprüfungen hindurch geholfen und ihr die Mittel zu ihren Werken aus Seinen unsichtbaren Schatzkammern im Laufe dieser 50 Jahre immer dargereicht hat. Unpopulär durch ihre konfessionelle Richtung, nicht getragen von der landeskirchlichen Strömung, kaum je von einem Strahl kirchenregimentlicher Huld beschienen, nicht gefördert durch Empfehlung von oben, bemißtraut von der einen, ignoriert von der andern Seite, kann sie wohl sagen wie Paulus vor Agrippa: „Durch GOttes Hilfe ist mirs gelungen und stehe ich bis auf diesen Tag.“ Wobei ja nicht geleugnet, sondern vielmehr mit herzlichem Dank anerkannt werden soll, daß seit dem Beginne ihrer Thätigkeit für die Heidenmission bei Geistlichen und Gemeinden der Landeskirche ein höheres Maß von Teilnahme als früher ihr sich zuwendet.
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 Wie lange sie noch die Werke GOttes wirken darf, ehe für sie der Feierabend kommt, das weiß nur Der, zu welchem der Psalmist betet: „Meine Zeit steht in Deinen Händen.“ Wenn sie nur das Panier des reinen Wortes und Sakramentes auch ferner hochhält, die Gemeinschaft| pflegt und die Zucht übt, wenn sie nicht durch Untreue ihrer Glieder in Lehre und Leben den Lebenszusammenhang mit Christo und die Natur und Kraft des guten Salzes verliert, dann wird ihr auch noch eine Zukunft und eine Aufgabe für die Zukunft beschieden sein, dann wird sie noch ferner in den Vorhöfen GOttes grünen, und obwohl alt, dennoch fruchtbar und frisch sein. In dieser Zuversicht wollen wir in den neuen Abschnitt ihres Daseins hineingehen mit dem hoffnungsfreudigen Wort:
„Ich werde nicht sterben, sondern leben und des HErrn Werk verkündigen.“ Psalm 118,17.
Amen, das werde wahr!





  1. Die Gesellschaft für innere Mission in Bayern half zwar nach Vermögen, aber ihr Vermögen war eben nicht groß. Es galt und gilt heute noch von ihr, was Löhe sagte: „ Wir sind ein armes Wasser Siloah. Wenn der HErr uns nicht segnen wollte, würden wir gar vertrocknen.“
  2. Anm.: Jetzt über 300.