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Simon Lord Lovatt

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Leichtgläubigkeit, Aberglaube und Fanatismus W. Hogarth’s Zeichnungen, nach den Originalen in Stahl gestochen/Zweite Abtheilung (1840) von Franz Kottenkamp
Simon Lord Lovatt
Capitän Coram
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Simon Lord Lovatt.
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LORD LOVAT.

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Simon Lord Lovatt.
(Simon Lord Lovatt.)




Dieses Blatt, wie in der Biographie erwähnt wurde, erschien in einem Augenblicke, wo ihm die politische Aufregung einen allgemeinen Erfolg sicherte, so, daß von keinem andern Blatte des Künstlers eine ähnliche Masse sogleich beim Erscheinen abgesetzt wurde. Acht Tage lang durfte die Presse Hogarth’s nicht ruhen und die Abdrücke wurden in Tausenden täglich ausgegeben. Die politische Aufregung wurde durch den Hochverraths-Proceß des schottischen Lords Lovatt unter folgenden Umständen hervorgerufen:

Bekanntlich fand der Aufstand der Jakobiten von 1745 selbst bei den englischen Tories, ungeachtet ihrer Verbindungen mit den Stuart’s, keine Unterstützung, während die Masse der Nation auf der andern Seite bereit stand, jenen Versuch eines thörichten Geschlechtes, die Krone wieder zu erwerben, mit aller Gewalt zurückzuweisen. Dies war dagegen [830] desto mehr bei den Schotten der Fall, einerseits weil die Anhänglichkeit an das Haus der Stuart’s dem größeren Theile der grundbesitzenden Aristokratie erblich überliefert war, andererseits, weil dieselbe eine Verminderung ihrer Macht durch die Aufhebung der mittelalterlichen Lehensverhältnisse in den Hochlanden befürchtete, welche sich mit der Verfassung Englands nicht vertrugen, eine Veränderung, die auch bald darauf wirklich stattfand. Als jener Aufstand einer gewaltthätigen, brutalen und unvernünftigen Partei unterdrückt war, verfuhren die siegenden Whig’s mit aller Strenge der Gesetze gegen die Besiegten. Das Martialgesetz war in Schottland proclamirt; somit wurde gegen Alle ein summarisches Verfahren beobachtet, die mit den Waffen in der Hand ergriffen wurden. Das Eigenthum der Empörer wurde eben so wenig geschont. Letztere durften um so weniger Schonung erwarten, da sie früher mit noch größerer Rücksichtslosigkeit gegen Alle zu verfahren gewohnt waren, die sich gegen das sogenannte göttliche Recht der Krone irgendwie aufgelehnt hatten. Die Häupter wurden hingerichtet, siebzehn in London, neun in Carlisle, sieben in Penryth, elf in York; eine Menge von untergeordneten Empörern wurde transportirt. Allein die englische Volksmasse empfand in Kurzem Mitleid, die Oppositionspresse griff die Sache auf, um das Volk gegen die Whigs zu stimmen, wobei unter andern Smollet durch ein Gedicht über die Verheerung Schottlands thätig war. Außerdem hatte die Zerfleischung der Leichname nach dem alten Hochverrathsgesetz, welches die Viertheilung der Gehängten befiehlt, einen widerlichen Eindruck allgemein hervorgebracht, wie man dies auch in neuester Zeit bei dem sogenannten Cato-street plot wieder gesehen hat, obgleich die Nation bei letzterer Veranlassung dem Meuchelmord eben so abgeneigt war, wie jener Empörung. Dazu kam noch ein Verfahren, welches die Nation, auch bei Schuldigen, niemals gutheißt, wie dies noch kürzlich die herrschende Partei hinsichtlich Canada’s erfuhr. Wir meinen eine Verletzung der gerichtlichen Formen. Das Parlament erließ nämlich gegen drei schottische Lords eine sogenannte Bill of Attainder, d. h. es erklärte in der Parteiaufregung das Verfahren der drei, die allerdings im höchsten Grade schuldig waren, ohne vorhergegangene [831] Untersuchung für Hochverrath. Somit wurde die Nation im Allgemeinen gegen die fernere Verfolgung der Besiegten gestimmt, und verlangte Milde gegen dieselben, so wie das Aufhören der ferneren Processe gegen einzelne Rebellen, die jedesmal mit Transportation oder Todesurtheil zu enden pflegten. Als diese Stimmung bereits allgemein war, begann das Unterhaus einen neuen Proceß, indem es den Schotten Simon Fraser Lord Lovatt vor dem Oberhause verklagte. Dieser Mensch hatte übrigens den Tod vollkommen verdient, vielleicht noch mehr, als die ehrlichen Jakobiten, die mit den Waffen in der Hand gefangen waren. Lord Lovatt war nämlich einer jener ruchlosen Charaktere, die ihr ganzes Leben hindurch nur einen Zweck verfolgt haben, nämlich Andere zu ihrem eigenen Vortheil zu betrügen, oder die Schwächen Anderer deßhalb zu benutzen, ohne auf moralische oder politische Grundsätze Rücksicht zu nehmen. Obgleich er seiner Partei nach ein eifriger Jakobit war, so daß er sogar durch seine Lebensweise als Feudalherr unter seinen Lehnsunterthanen vor allen übrigen Schotten seinen Zeitgenossen auffiel, schmeichelte er dennoch fortwährend der Regierung, stand aber zugleich mit dem französischen Hofe und mit dem Prätendenten in fortwährender hochverrätherischer Verbindung, übersandte Nachrichten u. s. w. Durch allerlei Schliche hatte er 1716, nach Unterdrückung der Jakobitischen Rebellion, wie sehr er auch schuldig war, seinen Kopf aus der Schlinge gezogen; unter dem Ministerium Walpole’s, der eine so treffliche Policei führte, daß er jeden Plan der Jakobiten erfuhr, war eine solche Milde gegen die Anhänger der Stuarts Grundsatz der Regierung, daß man sich in der Regel nur auf Warnungen comprommittirter Personen beschränkte, oder ihre Plane durch Vorbereitungen vereitelte, ehe dieselben Unheil anrichten konnten. Ueber Lord Lovatt hatte die Regierung genügende Beweise hochverrätherischer Verbindungen in Händen; Walpole hielt es aber für zweckmäßiger, den geldgierigen Schotten durch eine Pension von der Regierung zu bestechen, die derselbe auch ohne Bedenken annahm. Zugleich aber unterließ es Lord Lovatt nicht, bei dem sogenannten Jakob III. um den Herzogstitel nachzusuchen, bei der Landung des Prinzen Carl Eduard seine Lehnsleute zu bewaffnen und unter der [832] Anführung seines Sohnes dem Prätendenten zuzuschicken, damit er jenen höheren Rang in der Pairie erlange. Auf diese Weise hielt er es mit beiden Seiten und glaubte sich so gegen jeden Ausgang gesichert, ein Plan, den ihm das Unterhaus zu nichte machte. Sir William Young, einer der Commissäre (Managers), welche das Haus der Gemeinen zur Führung des Processes ernannt hatte, sagte mit Recht über diesen ergrauten Betrüger:

„Eure Lordschaften haben schon nach dem gewöhnlichen Lauf der Gesetze nationale Gerechtigkeit bei einigen der hauptsächlichsten Verräther erwiesen, welche in Waffen gegen Seine Majestät erschienen. Allein dieser edle Lord, welcher sich während seines ganzen Lebens der überlegenen List in Ruchlosigkeit und seiner Geschicklichkeit rühmte, häufigen Verrath ungestraft zu begehen, hat sich vergeblich eingebildet, er könne als Hochverräther unentdeckt bleiben, wenn er nur seinen Sohn und seine Lehnsleute zum Prätendenten schickte und selbst zu Hause bliebe, um so die treuen Unterthanen Seiner Majestät zu täuschen. Er hoffte, wenn das Unternehmen gelänge, werde er für die Dienste seines Sohnes belohnt werden, wenn es mißlänge, werde sein Sohn allein der leidende Theil für seine Verbrechen sein. Eine teuflische List und eine scheusliche Gottlosigkeit!“ –

Auf letzteren Umstand konnte der Commissär des Unterhauses um so größeres Gewicht legen, da es sich ergab, daß der junge Mann durchaus abgeneigt gewesen war, sich für eine Sache zu opfern, für die er keine Sympathie hegte. Durch eine sclavische Erziehung an unbedingten Gehorsam gewöhnt, hatte er es nicht gewagt, sich seinem Vater in dieser Hinsicht zu widersetzen.

Lord Lovatt sah, daß er entdeckt sei und einer Verurtheilung nicht entgehen könne, da die Regierung zu deutliche Beweise über ihn in Händen hatte. Somit suchte er nur noch die erwähnte Volksstimmung zu benutzen, um die Masse der Nation über seinen Charakter und über seine Beweggründe zu betrügen und so einen Ruhm zu erwerben, den er in keiner Weise verdiente, vielleicht sich auch dadurch zu retten, indem die Regierung bei allgemeiner Aufregung nicht wagen möchte, seine [833] Hinrichtung vollziehen zu lassen. Er that dies mit der seiner Nation eigenen Schlauheit und blieb sich bis an sein Ende treu. Als er vor dem Oberhause erschien, sprach er nicht von Rechtfertigung, sondern nur von seinem Alter und der damit verbundenen Gebrechlichkeit, von seiner unglücklichen Stellung, erbitterten Feinden und einem ihn verfolgenden Hofe gegenüber u. s. w. Nach seiner Verurtheilung war jedes Wort und jeder Schritt in derselben Weise zur Erregung des Mitleids berechnet, bis zur allgemeinen Erbitterung der Volksmasse die Hinrichtung vollzogen wurde. Jene Aufregung nutzte ihm zwar nicht, allein seiner Partei, da die Verfolgungen von dort an unterblieben. Letzteren Zweck wird er jedoch wahrscheinlich nicht im Auge gehabt haben. Da er sein ganzes Leben lang nur an sich dachte und Andere zu betrügen suchte, so kann auch sein letztes Verfahren nicht anders erklärt werden.

Hogarth, der den Lord früher gekannt hatte, zeichnete dies Porträt in S. Albans, wohin er sich zu dem Zwecke begab. Das Porträt ist durch den Ausdruck, worin man den oben geschilderten Mann vollkommen erkennt, eines der trefflichsten Werke des Künstlers. Hogarth hat den Mann noch genauer durch den Zug bezeichnet, daß er wenige Tage vor seinem Tode dasitzt und an den Fingern abrechnet, was ihm wohl den größten Vortheil jetzt noch bringen könnte. – Ireland meint, Hogarth habe darstellen wollen, wie Lord Lovatt die Streitkräfte der Rebellen an den Fingern abzähle und sich des glücklichen Erfolges derselben im Voraus freue. Diese Erklärung scheint jedoch nicht die richtige. – Vor ihm liegen seine Memoirs, worin er eben so die Nachwelt zu belügen suchte, wie er es bei seinen Zeitgenossen gethan hatte. Sie sind im Jahre 1795 herausgegeben worden.

Lord Lovatt wurde übrigens 1746 mit einer in Schottland schon früher gewöhnlichen Fallmaschine, welche den Namen Maiden (Jungfrau) führte, enthauptet, einem Instrument, welches Aehnlichkeit mit der französischen Guillotine besaß.