Siemens und Halske
[739] Siemens und Halske. Am 12. Oktober feierte die weltberühmte Firma Siemens und Halske ihr fünfzigjähriges Jubiläum. Nicht nur die Tausende von Arbeitern, die das Haus beschäftigt, vereinten sich mit ihren Leitern zu einer erhebenden und fröhlichen Feier; auch das deutsche Volk nahm im Geiste teil an diesem Gedenktage der Arbeit, denn das Jubiläum der Firma Siemens und Halske war ungleich ein Jubiläum der so mächtig aufgeblühten Elektrotechnik. Unvergeßlich sind die Verdienste, die sich Werner Siemens, der Gründer des heutigen Welthauses, um diesen so wichtigen Industriezweig im Laufe eines an Forschen und Arbeit reichen Lebens erworben.
Im Jahrgang 1892, S. 868[WS 1], der „Gartenlaube“ haben wir unsern Lesern ein Lebens- und Charakterbild dieses berühmten Erfinders geboten, heute möchten wir nur kurz an die Hauptleistungen des von ihm gegründeten Unternehmens erinnern. Vor einundfünfzig Jahren gelang es Werner Siemens, der damals ein preußischer Artillerieleutenant war, einen neuen Zeigertelegraphen mit Selbstunterbrechung zu erfinden, der alle bis dahin vorhandenen telegraphischen Apparate bei weitem übertraf. Siemens verband sich nun mit dem jungen begabten Mechaniker J. G. Halske und gründete am 12. Oktober 1847 eine kleine Telegraphenwerkstätte, aus der in rascher Entwicklung das weltberühmte Haus Siemens und Halske hervorgehen sollte. Während Halske den technischen Betrieb mit größter Umsicht leitete und verwaltete, gab Siemens stets neue und befruchtende Anregungen. Schon im Jahre 1846 hatte er in der Guttapercha das vorzüglichste Isoliermittel für unterirdische und unterseeische Telegraphenleitungen entdeckt. Dank diesen Errungenschaften konnte die junge Firma in der Anlage der Telegraphenlinien „zu Lande und zu Wasser“ eine führende Stellung einnehmen. Sie war es auch, welche die erste größere Telegraphenlinie Europas von Berlin nach Frankfurt a. M. baute und später das weite russische Reich mit einem Telegraphennetz überzog. Bahnbrechend ging sie zugleich vor auf dem Gebiete der Tiefseekabellegungen.
Werner Siemens war es aber vorbehalten, noch Größeres zu leisten – eine neue Aera der Elektrotechnik zu eröffnen; denn im Jahre 1866 entdeckte er das dymamo-elektrische Prinzip und baute die erste Dynamomaschine. Von nun an sollte die Elektricität auf allen Gebieten der Arbeit als Gehilfin des Menschen auftreten, zur Licht- und Wärmeerzeugung und zu allerlei Arbeiten verwendet werden. Die Firma Siemens und Halske war es auch, welche die erste elektrische Straßenbahn in Lichterfelde bei Berlin im Jahre 1881 dem Verkehr übergab.
Der treue Mitarbeiter Siemens J. G. Halske, trat bereits im Jahre 1868 von dem Geschäfte zurück, er starb im Jahre 1890. Werner Siemens führte inzwischen mit seinen Brüdern das Unternehmen weiter fort. Im Laufe der Jahre war es zu einem Welthause geworden, das in Berlin Tausende von Arbeitern beschäftigte und in Petersburg, London, Wien und Chicago Zweigniederlassungen errichtete.
Die Verdienste Werner Siemens’ wurden überall gewürdigt und es fehlte ihm nicht an äußeren Auszeichnungen. Schon im Jahre 1860 hatte ihn die Berliner Universität zum Doctor philosophiae honoris causa ernannt, und Kaiser Friedrich verlieh ihm bei seiner Thronbesteigung den erblichen Adel. Am 6. Dezember 1892 schied der große Elektrotechniker aus seinem arbeitsreichen Leben.
Das von ihm gegründete Welthaus wird von den Erben weiter in seinem Geiste geleitet. Eins seiner schönsten Merkmale ist das gute Einvernehmen, das sich zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern bestand. Dasselbe gelangte bei dem Jubelfest der Firma in glänzender Weise zum Ausdruck. Die Besitzer des Hauses haben der Pensionskasse für die Witwen und Waisen ihrer Angestellten eine neue Zuwendung in der Höhe von einer Million Mark gemacht.
In dem großartigen Berlin-Charlottenburger Werke der Firma Siemens und Halske werden heute an 6000 Arbeiter beschäftigt das Wiener Haus zählt 1900, das Petersburger 1000 Arbeiter, während in dem Kupferbergwerk im Kaukasus 600 Mann wirken. Die Zahl der Beamten beträgt über 2000.*
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: S. 878