kurz die Staatsgeheimnisse bekannt machte. Das wagte er; freilich mit Aufopferung seines guten Namens, und zu Erbeutung eines allgemeinen Haßes.
B. Wie? Erfand er nicht selbst diese Bosheiten? räth er sie nicht an?
A. Er erfand sie nicht; er verrieth sie. Ein gar zu aufrichtiger Thor, der sich nicht schämte, herauszusagen, was andre nicht etwa nur denken, sondern woran sie glauben, wornach sie handeln.
B. Nur das hätte Machiavell gethan? und warum wird er denn so allgemein gehasset?
A. Das will ich dir sagen. Die Regenten hassen ihn, weil er ihre Künste entdeckt hat; die Räthe hassen ihn: denn er greift ihnen ans Herz; die Dienenden knirschen thöricht zuerst deßhalb, weil sie alles Uebel, das sie dulden, aus Machiavells Hirn entsprossen glauben, nachher ärgern sie sich, ihr Elend durch ihn in ein so helles Licht gesetzt zu sehen.
B. Und so wäre Machiavell unschuldig?
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Fünfte Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1793, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_V.djvu/115&oldid=- (Version vom 1.8.2018)