Zum Inhalt springen

Seite:Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde - Band IV.djvu/278

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Dr. W. Mannhardt (Hrsg.): Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band IV


zu Stargard sagt: bringt ein kind zähne mit auf die welt (wie M. Curius Dentatus, Cn. Papyrius Carbo, der jetzige könig in Frankreich Ludovicus XIV. und wie mir selbst nebst 2 kindern widerfahren ist) und stirbt ein solch gezähntes kind bald nachher, so soll die pest kommen.

In Deutschland sind es meist gegenden ehemals slavischer bevölkerung, wo der vampyrglaube auftaucht, doch zeigen sich auch in landschaften rein germanischer abkunft sichere spuren oder zeugnisse. in einer schlesischen stadt entleibte sich im jahr 1591 ein schuhmacher. die familie gab vor, er sei am schlagfluß gestorben und verschaffte ihm ein ehrliches begräbniß. nach 6 wochen erschien aber der geist des schusters den einwohnern der stadt bei tage sowohl, wie bei nacht, legte sich auf die betten und drückte die schlummernden, so daß sie blaue male davontrugen. als der spuk fortdauerte, grub man 1592 die leiche auf und fand sie noch unverwest. man schnitt das haupt und die übrigen glieder ab und vergrub sie auf dem schandplatz, den rumpf aber verbrannte man [1]. Martin Luther berichtet [2]: es schrieb ein pfarrherr Georgen Rörer gen Wittenberg, wie ein weib auf einem dorfe gestorben wäre und nun wie sie begraben wäre, fresse sie sich selbst im grabe. darumb wären schier alle menschen im selben dorfe gestorben. wahrscheinlich aus der gegend von Chemnitz rührt die angabe der rockenphilosophie her: wenn eine leiche im gesicht roth aussehe, so sterbe ihr jemand in der freundschaft nach [3]. hiermit stimmt die angabe myth. CI, 728: erseufzt der leichnam noch einmal, bleibt er weich, zieht er dem mund nahe bänder, zipfel und tücher ein, oder öffnet er die augen noch einmal, so folgt ihm bald einer aus der verwandtschaft. – zu Alsfeld hörte man 1730 ein schmatzen aus den gräbern. die bauern


 abergläubischer albertäten als der weiten welt allgemeinen götzens. Frankfurt und Leipzig 1713. s. 185.
  1. Joan. Franc. Pici strix seu de ludificatione daemonum. I. III. ed. Weinr. Argent. 1612 in prooem. p. 1. J. W. Wolf, d. m. s. 226.
  2. Tischreden. Leipzig, Voigt 1621 cap. IX fgg.
  3. Myth. LXXXI, 368.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. W. Mannhardt (Hrsg.): Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band IV. Dieterische Buchhandlung, Göttingen 1859, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_deutsche_Mythologie_und_Sittenkunde_-_Band_IV.djvu/278&oldid=- (Version vom 1.8.2018)