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Seite:Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin II.djvu/164

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unglücklich, die chinesische Herrschaft wurde unter Strömen von Blut stets wieder hergestellt, während Chokand, was es wünschte, immer bedeutendere Handelsvortheile in Kaschgar zugestanden erhielt.

Sehr verschieden von dem Verhalten der sechs westlichen Städte Türkestans war das der östlichen: Kutscha, Karaschar, Kuni-Turfan und Chamil. Diese haben zwar größtentheils auch eine muhamedanische Bevölkerung, nahmen aber an den Streitigkeiten der Chodschi und ihren Aufständen gegen China niemals Theil, weil sie, näher dem eigentlichen China gelegen, weit mehr unter dem Einflusse der chinesischen Civilisation standen. Muhamedanische Soldaten aus diesen Städten und Dungenen dienten in den kaiserlichen Armeen, welche die Aufstände der sechs westlichen Städte niederschlugen. Andererseits mordete die fanatische Bevölkerung der letzteren ohne Unterschied Dungenen, Mandschuren und Chinesen.

So zerfallen die muhamedanischen Bewohner des chinesischen Türkestan in drei scharf geschiedene Theile: die Weißmützen, die Schwarzmützen und die Osttürkestaner. Das divide et impera bot sich der chinesischen Politik von selbst dar, erhielt sie bis jetzt aufrecht und – mag sie vielleicht noch fernerhin aufrecht erhalten.

Im Sommer 1864 nahmen die Dungenen nach Ueberschreitung des Thian-Schan die Richtung gegen Kutscha. Nachdem sie die in der dortigen Gegend stationirten muhamedanischen und dungenischen Soldaten zu sich herübergezogen hatten, bemächtigten sie sich der Stadt und hieben wiederum alle Mandschuren nieder. Die muhamedanische Bevölkerung mußte sich nothgedrungen ihnen anschließen. Zum Befehlshaber der Stadt und ihres Gebiets wurde ein Chodscha aus der Dynastie der Schwarzmützen eingesetzt, Chan-Chodscha.

Bedeutend verstärkt, wandten sich die Dungenen nun gegen Aksu, schlugen hier eine kaiserliche Truppenabtheilung und setzten sich in den Besitz der Stadt und ihrer Citadelle. Aksu ist ein wichtiger strategischer Punkt, weil sich die Straßen von Kuldscha, Kaschgar, Jarkand, Chotan und Kutscha hier kreuzen. Auch diese Stadt wurde dem Chan-Chodscha untergeordnet und darauf der Marsch nach Jarkand, welches stets zu den Schwarzmützen hielt, angetreten. Es wurde genommen.

Wahrscheinlich würden nach Heinz auch Kaschgar und Chotan[1]


  1. Ueber den Stand der Dinge in Chotan kommen unverhofft Nachrichten von englischer Seite, die wir, obwohl sie zunächst nur in dürftiger Gestalt vorliegen, hier anschließen. Mr. Johnson, Beamter bei der großen trigonometrischen Vermessung von Indien, machte in der Zeit vom Juli bis 1. December 1865 eine Reise von Leh, der Hauptstadt von Ladakh, nach Chotan hin und zurück, bei welcher er sich 16 Tage in der letzteren Stadt, die seit dem vorigen Jahrhundert kein Europäer [150] wieder besucht hat, aufhalten konnte. Ueber diese Reise hat Sir Henry Rawlinson in der Sitzung der Londoner geographischen Gesellschaft vom 12. November 1866 Mittheilungen gegeben, die sie als eine außerordentlich wichtige, namentlich in Hinsicht auf astronomische Ortsbestimmungen in jenen so wenig bekannten Gegenden erscheinen lassen. Wir entnehmen dem Slip of Meeting of the Roy. Geogr. Soc. of 12th Nov. 1866 folgende, unseren Gegenstand betreffende Angaben Johnson’s, in denen übrigens eine gewisse schiefe Auffassung der Dinge außerhalb Chotans leicht zu erkennen ist. Johnson berichtet, Jarkand, die Nachbarstadt Chotans, sei in einem Zustande der Anarchie, und erzählt von einem Anerbieten der vornehmsten Einwohner derselben, die Stadt unter englischem Schutz zu stellen. Vom Jaxartes und aus Chokand sei auf der Flucht vor den Russen eine große Menge Volks über das Gebirge gekommen, habe sich in den Besitz von Kaschgar und Jarkand gesetzt und kürzlich auch einen Versuch gemacht, sich Chotans zu bemächtigen. Hier herrscht ein Chan, den eine siegreiche Rebellion im Jahre 1863, welche mit gänzlicher Vertreibung resp. Vernichtung der Chinesen endigte, auf den Thron erhoben hat. Chotan habe zuerst sich des chinesischen Joches entledigt und seinem Beispiele seien Jarkand, Aksu u. a. Städte gefolgt. Zur Zeit der Anwesenheit Johnson’s war aber der Chan von Chotan in großer Besorgniß vor den chokandschen und russischen Truppen, welche letzteren jeden Tag näher an Jarkand und Chotan heranziehen sollten! Wichtig ist hier nur, daß man Chotan unter seinem Chan eigner Wahl eine unabhängige Stellung einnehmen sieht. Die astronomische Position der Stadt hat Johnson zu 37° 8′ nördl. Br. und 79° 25′ östl. Lg. v. Gr. bestimmt, bei einer Höhe von 4329 engl. Fuß über dem Meeresspiegel.
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Verschiedene: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Zweiter Band. Dietrich Reimer, Berlin 1867, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_II.djvu/164&oldid=- (Version vom 1.8.2018)