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Seite:Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein.djvu/89

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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

der Scheiterhaufen mindestens verzehnfacht werden müssen; unmöglich wären dann grosse Gebiete, so namentlich Jülich-Kleve-Berg, von der geistigen Seuche ungefähr ganz verschont geblieben.

Manche Umstünde veranlassten, dass auch im Kölnischen die Hexenprozesse bald nach 1632 seltener wurden. Das Beispiel Kleves und Jülich-Bergs, die immer mehr sich Bahn brechende Ueberzeugung, dass die vervollkommneten Folterungsarten so ziemlich in jedem Falle ein seinem Kern nach wertloses Geständniss erzwingen könnten, wahrscheinlich auch in etwa die Mahnungen von Spees Cautio criminalis, dies Alles trug mit dazu bei, den Hexenprozessen ihr Grab zu bereiten. Freilich fällt die Wirksamkeit Buirmanns in der Sieggegend in die zweite Hälfte der dreissiger Jahre des 17. Jahrhunderts, auch lassen sich anderweitig im Niederrheinischen bis zur letzten Hexenverbrennung in Gerresheim (1738) noch einige vereinzelte Verfolgungen nachweisen, aber im allgemeinen war am Niederrhein nach 1632 die Kraft der Hexenprozesse gebrochen.

Aachen sah die letzte Verbrennung einer „Hexe“ in seinem Gebiet im Jahre 1649,[1] Köln dasselbe Schauspiel sogar noch im Jahre 1655.[2] In beiden Fällen handelte es sich um Mädchen von nur zwölf bis dreizehn Jahren. Das Kind in Köln war schon im Alter von kaum zehn Jahren infolge seines Bekenntnisses, sich am Hexentanz beteiligt zu haben, im Jahre 1653 auf den Turm gebracht worden, konnte aber nicht eher, als im Februar 1655 hingerichtet werden, weil die Schöffen sich weigerten, über dasselbe vor Erreichung des zwölften Lebensjahrs zu „judicieren“.[3] Man enthauptete es vor der Verbrennung, während man in Aachen sechs Jahre vorher das verurteilte dreizehnjährige Mädchen ohne Gewährung der Gnade des Schwertes verbrannt hatte.[4]


Ernst von Bayern, in seiner Jugend der Magie ergeben gewesen. Vielleicht haben somit auch Familien-Erinnerungen die Anschauungen des Kurfürsten Ferdinand ungünstig beeinflusst.

  1. Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins Bd. V, S. 295 ff.
  2. L. Ennen a. a. O. S. 801 f. und Düsseldorfer Staatsarchiv. Kurköln-Stadt Köln, Hohes Gericht ad No. 6 Fascic. II.
  3. Düsseldorfer Staatsarchiv in den in der vorigen Anmerkung gen. Akten.
  4. Selbst P. Binsfeld hatte in seinem Commentarius pag. 524 (beigefügt der Kölner Ausgabe von 1623 des Tractatus de confession. maleficor.) dringend davor gewarnt, die Todesstrafe bei Anklagen wegen Zauberei gegen Personen zu verhängen, die das 16. Lebensjahr nicht erreicht hätten: Non auderem unquam consulere iudici [223] in conscientia, ut in hoc enormissimo crimine arbitrium extenderet ad ultimum supplicium, ante decimum sextum annum competum, nisi maximae circumstantiae accederent.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/89&oldid=- (Version vom 1.8.2018)