in allen Farben schillernde Körperteile und in hermetisch verschlossenen Büchsen wurden unter Glyzerin oder Spiritus sorgfältig präparierte Hände und Füße aufbewahrt.
Mitten im Saale standen noch immer die Studenten und plauderten.
Mit der Arbeit hatten sie es nicht eilig. Mehr oder minder verlebt und fast lebensüberdrüssig, erzählten sie sich allerlei Schnurren.
In der Ecke des Saales schien ein bestaubtes Frauenskelett vornübergebeugt diesen Schnurren, meist Liebesgeschichten, zu lauschen, die in dieser Stätte des Todes so seltsam klangen.
Jahrelang schon stand dies Gerippe dort und hörte so manches und bog sich, längst vergessen, immer mehr aus den Drähten und lachte mit dem Totenköpfen eigentümlichen Grinsen über diese mit ihren Eroberungen sich brüstenden Männer, oder über sich selbst, und seinen früheren Leichtsinn…
Plötzlich verstummten die Plaudernden.
Hinter der Wand erschallte ein Glöckchen, so hell und rein, als rufe es im Kloster zur Frühmette oder Vesper.
Sofort veränderte sich vollständig der Gesichtsausdruck der Studenten und jede Spur von Abspannung oder Leichtfertigkeit verschwand.
Das Glöckchen rief sie aus dem Bereiche ihrer Kneipenliebschaften zur Arbeit und zur Wirklichkeit.
Als es zum zweitenmal erschallte, vernahm man ein dumpfes Geräusch hinter der Wand und einer
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 469. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/469&oldid=- (Version vom 1.8.2018)