mir Vorwürfe gemacht. Du könntest mich sonst irgend einem Verdachte aussetzen.“
Käthe erwiderte kein Wort.
Wieder verlor sie ihr Obdach über Nacht und wußte, daß sie wieder im Freien herumirren müsse.
Unwillkürlich schloß sie die Augen, wie beim Anblicke von irgend etwas Entsetzlichem, welches ihrer harre. Allmählich jedoch sammelte sie den Rest ihrer Kräfte und wankte nach der Tür.
Wodniecki sah in ihrer Langsamkeit die Erwartung der ihr mit Recht zukommenden Bezahlung und rief ihr nach mit herablassender Handbewegung: „Hör einmal, du, nach acht Tagen oder nach vier Wochen kannst du wieder zu mir kommen. Dann werd’ ich dir ein paar Gulden geben. Na, wirst du kommen?“
In diesem Augenblicke bedauerte er sie wirklich aufrichtig, diese zerlumpte, barfüßige Bettlerin, die in solchem Hundewetter in die Welt gehen mußte ohne einen Pfennig Geld und ohne sicheren Verdienst.
Diesen Morgen war er nur, wie er sich ausdrückte, selbst vollständig abgebrannt, weil seine Flotte noch nicht eingelaufen sei. Wäre er irgend bei Kasse gewesen, unzweifelhaft hätte er der Ärmsten etwas gegeben, die jetzt vor der Tür stand und mit Tränen in den Augen vor sich hin starrte.
„Vielleicht finde ich für dich noch irgend eine Beschäftigung“, fügte er hinzu mit eigentümlichem Lächeln: „Wenn du nur nicht schon so aus der Form geraten wärest!“
Alles übrige ergänzte sein Blick.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 403. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/403&oldid=- (Version vom 1.8.2018)