sterben! Dies wäre eine schwere Sünde, und sie hörte sogar einmal, daß solche nackte Menschen der Teufel holt!
Jene Magd mußte geradezu eine Verworfene sein! Keine andere ließe sich ein auf solch eine Art von Verdienst!
Und in ihren sonderbaren Begriffen von Moral, die so weit in den niederen Volksschichten verbreitet sind, fühlte Käthe kaum noch den eigenen tiefen Fall, warf aber das Verdammungsurteil auf das Haupt derjenigen[WS 1], die sich nachbilden ließ aus Lehm, ohne jede Hülle, so wie sie Gott geschaffen.
Mit unbeschreiblichem Ekel und Widerwillen entfloh sie diesen Mauern, zu denen zurückzukehren das Schicksal sie doch vielleicht noch zwingen wird…
Als sie die breiten Steintreppen hinabeilte, war es ihr, als komme sie aus einem Leichenhause, in dem sie den eigenen totenstarren, nackten Körper liegen sah neben dem jener anderen im Fischernetze, so abschreckend, wie der einer Verdammten.
Überall hin folgte ihr jenes weiße Gipsweib und streckte die nackten Arme nach ihr aus, als verhöhne es ihre Entrüstung, und als brüste es sich schamlos mit seinem Körper, wie mit einer billigen Ware oder einem neuen Kleide.
Vergebens rieb Käthe sich die Augen, um jenes Gespenst zu verscheuchen.
Unwillkürlich stellte sie eine Magd sich vor, ebenso gekleidet, wie sie selbst, in zerrissener Jacke und
- ↑ Vorlage: derjengien
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/312&oldid=- (Version vom 1.8.2018)