wiederholte Fragen nur hastig und unsicheren Blickes an die Wand starrend:
„Aus Gewohnheit nur tu’ ich’s, das ist das ganze Elend!“
Aus Gewohnheit! In diesem einzigen Worte lag die ganze Wahrheit ihres Lebens, klirrten all’ ihre ehernen Fesseln, die sie sich selbst auferlegt mit diesem sie nur ausbeutenden Manne.
Gewöhnt hatte sie sich an die täglichen Zänkereien, an die eigenen Klagen, an seinen Müßiggang, sein „Habanna“ rauchen, sein nervöses, abgelebtes Äußeres, an die allmorgendlich mit kleiner Münze gefüllte und allabendlich geleerte Schublade, sogar an das arme Weib mit den kleinen Kindern, dessen Gespenst sie täglich anklagte mit heiserer Stimme. Aus Gewohnheit! –
Befremdet heftete Käthe den Blick in das Antlitz der Freundin, deren Leidenschaft täglich zur selben Zeit auftrat wie ein Wechselfieber.
Sie konnte Rosa einfach nicht begreifen. Auf sie machte Felix, dieser häßliche, schon alternde Mann, geradezu einen widerlichen Eindruck. Dazu kam noch, daß dieser Faullenzer in wilder Ehe von der Arbeit einer Frau lebte. Sie selbst hätte kurzen Prozeß mit ihm gemacht und ihm Respekt beigebracht, indem sie ihn sofort zu Weib und Kindern und seiner Werkstatt jagte.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/037&oldid=- (Version vom 1.8.2018)