Unaufhörlich rauschte im Winde das Laub der Kastanienbäume und der Staub wehte herab auf das von Pomade glänzende Haar dieser Weiber oder auf das auf jedem Tische in Drahtkörbchen aufgetragene Schwarzbrot.
Noch immer stand Käthe an der Pforte und wagte sich keinen Schritt vorwärts.
Deutlich sah sie, wie Rosa im Garten mit gewohnter Aufdringlichkeit zwei Herren bediente, die ihre Milch aus hohen, engen Gläsern tranken. Schon deshalb wagte sie nicht, in den Garten einzutreten. Bald aber kam ihr der Zufall zu Hilfe.
Rosa blickte nämlich nach der Pforte hin und bemerkte dort die Freundin. Sofort eilte sie auf sie zu und stieß dabei mit dem Stuhl einen Damenschirm um und außerdem eine Bank, die ihr im Wege stand.
„Geh in die Küche!“ flüsterte sie Käthe zu. „Weißt, dort durch die zweite Tür! Ich komm gleich!“
Dann trat sie im Vorübergehen vor die schwarze Wandtafel mit der Inschrift: „Preise der Speisen und Getränke“ und beobachtete in aller Ruhe die Dame, die ihren Schirm von Staub zu säubern bemüht war.
„Wozu legt diese Fratze mir ihren Staat in den Weg!“ murmelte sie mit dem ganzen Haß eines armen, eifersüchtigen Mädchens.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/032&oldid=- (Version vom 1.8.2018)