ohne weiteres zuzustimmen. Wir sind, möchte ich behaupten, vielmehr genöthigt, bei jeder Angabe des Chronisten, die er über Ereignisse und Personen macht, welche vierhundert Jahre hinter ihm zurückliegen, auf seine Quellen zurückzugehen und diese wo möglich aus seinem Berichte herauszuschälen, eine Arbeit, die uns Tubingius selbst sehr leicht gemacht hat, denn er gibt seine schriftlichen Vorlagen zum Theil wörtlich wieder oder hat dieselben doch nur durchsichtig in seine Erzählung verwoben. Es sind dieser schriftlichen Vorlagen, was den Bericht des Tubingius über die fragliche Familie von Ruck betrifft, indessen wenige genug. Derselbe hatte nämlich auch nicht eine Urkunde vor sich, in der dieselbe erwähnt gewesen wäre, sondern benützte lediglich zwei alte Aufzeichnungen über die Stifter seines Klosters, welche er nach seiner Angabe einem alten Kodex entnahm, die Nekrologien von Blaubeuren und als leitende Quelle ganz besonders jene Inschriften, welche an den Gemälden der Stifter und Hauptwohlthäter seines Klosters in der alten, 1457 abgebrochenen Kirche angebracht waren. Alle seine Mittheilungen aber, welche wir nicht auf diese wenigen schriftlichen Quellen zurückleiten können, (und dieselben bilden den ungleich gröszeren Theil seiner Erzählung über die Edeln von Ruck) sind der mündlichen Ueberlieferung des Klosters Blaubeuren entnommen[1] und für uns sämmtlich unbrauchbar.
So hat, um diese Behauptung mit einem flagranten Beispiele zu stützen, diese Familie von Ruck nach der Darstellung des Tubingius an der Stiftung des Klosters Blaubeuren selbst hervorragenden Antheil genommen. Namentlich hat derselben zufolge Graf Siboto von Ruck dem Kloster bei dessen Verlegung von Egelsee nach Blaubeuren die an letzterem Orte bereits bestehende, starkbesuchte Johanniskirche als eigentliche Klosterkirche eingeräumt und zugleich den Ort Seiszen übergeben. Von dieser Kirchenschenkung aber wissen die schriftlichen Vorlagen des Tubingius kein Wort, sondern nach den oben erwähnten Inschriften z. B., die wir genau kennen, da sie theils von Tubingius wörtlich mitgetheilt, theils von Sürlin an dem unvergleichlichen Blaubeurer Chorgestühle wiederholt sind,[2] hat Siboto nur Seiszen dem Kloster Blaubeuren vergabt, und dieses Schweigen der Inschriften findet seine völlige Rechtfertigung in der päbstlichen Bestätigungsurkunde von 1099[3], die gewisz ein anderes Ansehen beanspruchen darf, als die mündliche Ueberlieferung des Klosters, denn nach derselben hat der Vater der Grafen Hugo und Heinrich, den wir aus andern Quellen als den Grafen Anshelm von Tübingen kennen, die Kirche Blaubeuren von Grund auf erbaut. Somit dürfen wir ohne allzugrosze Kühnheit behaupten, dasz jene Kirchenübergabe von Seiten Sibotos niemals stattgefunden hat, sondern dasz dieselbe von der Klostertradition, die unbeirrt von anderweitigen Nachrichten, um den Glanz des Gotteshauses zu mehren, demselben zahlreiche vornehme Stifter beilegen wollte, ersonnen worden ist. Nicht besser steht es mit der Angabe, dasz die von Ruck im eigentlichen Sinne des Wortes Mitstifter des Klosters Blaubeuren gewesen seien, denn nach den schriftlichen Vorlagen des Tubingius sind dieselben nur als Wohlthäter des bereits gestifteten Gotteshauses zu erkennen, womit wieder übereinstimmt, dasz die päbstliche Bestätigungsurkunde die von Ruck gar nicht erwähnt, sondern Blaubeuren von den Grafen
- ↑ Für die Annahme, dasz etwa Tubingius selbst dieselben kombinirt habe, spricht nichts; er erscheint im Gegentheile durchaus als ehrlicher Berichterstatter.
- ↑ Dieselben sind gedruckt in den Schriften des württemb. Alterthumsvereines II, 2. Heft, S. 48 ff. und in der Beschreibung des Oberamtes Blaubeuren S. 103, Anmerkung.
- ↑ Wirtemberg. Urkundenbuch I, 313–314.
[[]]: [[]]. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Jahrgang I. H. Lindemann, Stuttgart 1878, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:WuerttVjhhLG_Jhg_01.djvu/087&oldid=- (Version vom 26.9.2016)