Wilhelm Spitta: Grammatik des arabischen Vulgärdialectes von Aegypten | |
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Vorwort. | IX |
ist, was ich mit eigenen, allerdings jahrelang geübten,
Ohren gehört habe, und dass in den wenigen Fällen, wo
ich mich auf fremde Autoritäten stütze, dieses stets bemerkt ist.
Der Titel dieses Buches ist daher streng genommen zu weit gefasst;
ich hätte schreiben sollen: „Grammatik des in ‚Kairo gesprochenen
arabischen Vulgärdialectes“. Allein wie man es
nicht übel nehmen wird, wenn jemand in einem Lehrbuche der
französischen Sprache sich besonders auf den pariser Dialect
stützt, ebenso wird man es zugestehen, dass ich kurzweg
das kairiner Arabisch auf ganz Aegypten ausdehne. Ich weiss
sehr wohl, dass der Oberägypter sich in seiner Sprache vom
Unterägypter unterscheidet, dass besonders, einige Striche und
Ortschaften sehr merkliche Eigenthümlichkeiten haben; allein,
auch wenn ich mehr davon gekannt hätte als ich wirklich
kenne, ich hätte es doch nicht in diese Arbeit aufnehmen
können, eben so wenig als die Dialecte der einzelnen Stadtviertel
Kairos hier Platz gefunden haben: und doch traue ich
mir zu, in längerem Gespräche einen Bewohner der Saijide
Zênab von einem Bûlâqer oder einem, beim Bâb eśśa‘ryje
Wohnenden unterscheiden zu können. Hier handelt es sich
darum, überall nur das allgemein Gültige zu geben, und zu
diesem Zwecke ist der Dialect von Kairo als der ägyptischen
Hauptstadt der geeignetste. Ich halte daher meine Aufgabe
für gelöst, wenn es mir gelungen sein sollte, diesen in seinen
wesentlichsten Partien vollständig und richtig darzustellen.
Aegypten d. h. das Nilthal von Aṣwân bis zum Meere wurde im Jahre 19 d. H. (640 Chr.) von den Arabern erobert und damit gezwungen die von diesen gesprochene Sprache zu erlernen. Zwar wohnten seit uralten Zeiten in der Wüste zwischen dem Nilthale und dem Rothen Meere semitisch redende Stämme; doch hatten diese Beduinen ebensowenig Einfluss auf den gebildeten Ackerbauer wie es, heutzutage dem Fellâḥen einfällt sich die Ausdrucksweise seiner unstäten östlichen Nachbaren anzueignen. Vielmehr wurde überall in Aegypten als Landessprache nur das koptische gesprochen, und die einfache und klare Bauart desselben machte es auch in hohem Grade zum Verkehrsmittel geeignet. Es fragt sich, ob der tiefer stehende arabische Eindringling dem höher gebildeten Kopten keinen Einfluss auf seine Sprache gestattete und ihm,
Wilhelm Spitta: Grammatik des arabischen Vulgärdialectes von Aegypten. J. C. Hinrichs, Leipzig 1880, Seite IX. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_Spitta_-_Grammatik_des_arabischen_Vulg%C3%A4rdialectes_von_Aegypten_(IA_grammatikdesara00spitgoog).pdf/21&oldid=- (Version vom 4.6.2022)