gelöst. Manch interessante Parallele blitzt dabei auf, zum Beispiel die, zwischen Eroberer und großer Dirne, die beide als Gottesgeißeln empfunden werden. Köstlich ist die Verwicklung in die eigenen gewundenen Fäden zum Beispiel dort, wo über die Treue gesprochen wird:
Ist nämlich die Frau untreu, so ist sie es, weil sie überhaupt »kein der Zeitlichkeit entrücktes Ich hat«, daher »ganz gedankenlos« ist und ohne »Verständnis für die bindende Kraft eines Vertrages«.
Ist aber der Mann untreu, so ist er es nur, weil er sein intellegibles Ich nicht hat zu Worte kommen lassen! (Und wo bleibt sein »Verständnis für die bindende Kraft eines Vertrages«? Es schlief wohl gerade?)
Ist er treu, so ist er es eben seines intellegiblen Wesens halber.
Ist sie aber treu, so ist sie es aus »Hörigkeitsinstinkt« – »hündisch nachlaufend … voll instinktiver, zäher Anhänglichkeit«!
Preisfrage: Wie soll sie also sein, treu oder untreu, um weniger verächtlich zu erscheinen?
Eine erstaunlich tief verwurzelte Konfusion im Kopfe eines Dreiundzwanzigjährigen, ein wahres Phänomen von einem Rattenkönig! So selbstsicher wird oft das genaue Gegenteil von der Wahrheit vorgetragen, daß man erst durch die ins Auge springende Absurdheit zur Widerlegung veranlaßt wird. Der Mythos von Leda wird als Beweis angeführt, daß die Frau zur Sodomie mehr Neigung habe als der Mann! Was beweist aber der Mythos gegenüber der Wirklichkeit? Wer benützt heute noch – im Orient ist dies an der Tagesordnung – Ziegen, Stuten, Hennen zu geschlechtlichem Mißbrauch, – Mann oder Weib?!
Nach der Einleitung einer Beweiskette wird diese gewöhnlich mitten drin abgebrochen und unbewiesen wird der »Schluß« angehängt, während man die entscheidende
Grete Meisel-Heß: Weiberhaß und Weiberverachtung. Die Wage, Wien 1904, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Weiberhass_und_Weiberverachtung.djvu/51&oldid=- (Version vom 1.8.2018)