in ihrem späteren Leben begeisterte Anhänger des Militarismus »bleiben« werden.
Nur wahrhafte Blindheit für alle sozialen Zusammenhänge konnte auch die unglaublich naive Frage stellen, warum denn beim Weibe die Brautnacht eine so viel größere Rolle spiele als beim Manne der erste geschlechtliche Akt. Dio mio! Es soll ein Beweis der absoluten, alles andere ausschließenden Sexualität von »W« sein, daß die Brautnacht der Frau – ihre Defloration durch den Einzigen, dem sie voraussichtlich angehören wird, mit dem sich ihr ganzes Schicksal eng verbindet, – daß diese Nacht, die ein aufwühlendes physisches und psychisches Erlebnis bringt, nachdem schon der vorangegangene Tag ihr eine ganz neue soziale Stellung, eine Umwälzung ihrer wirtschaftlichen Existenz bezeichnete, – der Frau mehr bedeutet, als dem Manne der Fall in die Arme der ersten Dirne, mit der ihn eine Stunde später keine noch so flüchtige Beziehung mehr verbindet! Und trotzdem wird auch dieses Erlebnis von feinfühligeren Männern als aufwühlendes, aufregendes und lange nachwirkendes Geschehnis empfunden, – weil eben physiologische Veränderungen jeden Organismus auch psychisch erschüttern.
Unsinn auf Unsinn wird mit Tiefsinn vorgetragen: nur beim Weibe sei die Sexualität »diffus« ausgebreitet über den ganzen Körper, jede Berührung an welcher Stelle immer errege sie sexuell. Ist das nicht gerade umgekehrt beim Manne der Fall – und die Möglichkeit, sexuell erregt zu werden, bei »M« nichts weniger als »streng lokalisiert?!«
Da das Weib durch und durch Sexualität ist, kenne es natürlich überhaupt keine andern Begriffe; ja es könne überhaupt keinen Begriff bewußt erfassen, es fehle ihm die Bewußtheit, es könne nur in verschwommenen Vorstellungen, »in Heniden« denken – daher sei ihm selbst ein »intellegibles Ich« abzusprechen, – eine Seele! »Darum«
Grete Meisel-Heß: Weiberhaß und Weiberverachtung. Die Wage, Wien 1904, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Weiberhass_und_Weiberverachtung.djvu/35&oldid=- (Version vom 1.8.2018)