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Seite:Walter Benjamin Einbahnstrasse.pdf/53

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Blumen ungebunden und zerstreut uns entgegenhebt, während die spätere Kunst strenger die Mienen schürzt, gleich dem Erwachsenen, der mit schneidenden Gräsern den dauernden Strauß flicht.

FLORENZ BAPTISTERIUM. Auf dem Portal die „Spes“ Andrea de Pisanos. Sie sitzt und hilflos erhebt sie die Arme nach einer Frucht, die ihr unerreichbar bleibt. Dennoch ist sie geflügelt. Nichts ist wahrer.

HIMMEL. Im Traume trat ich aus einem Hause und erblickte den Nachthimmel. Ein wildes Glänzen ging von ihm aus. Denn, ausgestirnt wie er war, standen die Bilder, nach denen man Sterne zusammenfügt, in sinnlicher Gegenwart da. Ein Löwe, eine Jungfrau, eine Waage[WS 1] und viele andere starrten, als dichte Sternhaufen, auf die Erde herunter. Kein Mond war zu sehen.


OPTIKER

Im Sommer fallen die dicken Leute auf, im Winter die dünnen.

Im Frühling gewahrt man bei hellem Sonnenwetter das junge Laub, im kalten Regen die noch unbelaubten Äste.

Wie ein gastlicher Abend verlaufen ist, das sieht an der Stellung der Teller und Tassen, der Becher und Speisen, wer zurückblieb, auf einen Blick.

Grundsatz der Werbung: sich siebenfach machen; siebenfach sich um die stellen, die man begehrt.

Der Blick ist die Neige des Menschen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Wage
Empfohlene Zitierweise:
Walter Benjamin: Einbahnstrasse. Rowohlt, Berlin 1928, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Walter_Benjamin_Einbahnstrasse.pdf/53&oldid=- (Version vom 12.6.2018)