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Seite:Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen.pdf/295

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die dieses verursacht haben könnte, mußte bei einer solchen Höhe – ungefähr zwanzig Meter über dem Niveau des Tigris – eine kleine Sündflut gewesen sein. Andrerseits kann man aber auch kaum annehmen, daß diese zerreibbare Schicht durch irgend einen launenhaften Einfall ihre Stelle bei der Erbauung er halten habe, und wenn man dieses auch noch durchgehen läßt, so läßt es sich aber auch schlecht erklären, daß die horizontale Lage bei dem Einstürzen nicht beschädigt worden ist. Ich glaube, daß man am sichersten als Grund dieser Erscheinung eine Überschwemmung, eine wahre Sündflut, annimmt. Auf diese Weise finden wir auch einen Anhaltspunkt für die große Überschwemmung, die einen Teil der Wälle Ninives zerstörte und die Stadt den medischen und babylonischen Eroberern auslieferte.

Eine armselige, viereckige Festung, ohne irgend eine Thür, nimmt den Gipfel des Schutthaufens Kujundschik ein; es ist dies das britische Museum, das ohne Zweifel im Innern leer ist, aber in sofern von Bedeutung ist, als es gleichsam die Besitzergreifung des Landes durch die Engländer andeutet.

Von der Höhe Kujundschiks aus bietet Mosul einen sehr schönen Anblick.

Das „Dorf des Propheten Jonas“ – Nebi-Junes, zu türkisch Yumes Peïgamber – liegt auf dem zweiten erwähnten Erdhaufen und hat seine Häuser um die Moschee gruppiert, wo der Prophet begraben liegt (?). Ohne Zweifel ist diese Moschee eine alte, armenische Kirche.

Nebi-Junes, von Mosul aus gesehen.

„Die Einwohner“, so erzählte Mgr. Croupperie, „zeigten mir eine dicke Steinplatte aus rötlichem Granit und sagten mir ganz ernsthaft: Auf diesen Stein wurde Jonas durch den Fisch. der ihn verschlungen hatte, wieder ausgespieen, und seit jener Zeit besitzt dieser Stein die Kraft, Rheumatismusfälle jeder Art zu heilen. Es genügt, bloß das kranke Glied mit dem Stein in Berührung zu bringen, und sofort befindet sich der Kranke wohler. Diese Gunst verdanken wir dem heiligen Propheten, dessen Asche wir besitzen. Ich sagte zu ihnen: Ihr besitzt hier einen großen Schatz, hütet ihn gut, worauf sie mir antworteten: Alle Einwohner dieses Ortes würden lieber sterben als dulden, daß man den Stein wegnehme. Von allem diesem ist so viel wahr, daß im vierten Jahrhundert von Schülern des hl. Antonius hier ein Kloster errichtet wurde. Die frommen Mönche errichteten in Mesopotamien und Assyrien solche Einrichtungen, wie sie in Ägypten gesehen hatten, und der Gründer gab dem Kloster den Namen Jonas zu Ehren des hl. Propheten, der hier als besonderer Patron verehrt wird“.[1]

  1. Mgr. Coupperie, Prop. de ia foi III. 126 und IV. 45. Da ein Mönch Jonas in derselben Zeit mehrere Klöster in Mesopotamien und Assyrien gründete, ist es möglich, daß er auch dieses hier gegründet hat und sein Grab mit dem des Propheten Jonas identifiziert wird.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 271. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/295&oldid=- (Version vom 1.8.2018)