sich heute auf das Fest zu schleppen. Im Laufe des Vormittags fühlte sie eine leichte Besserung; gegen zwölf Uhr aber stellte sich das Leiden mit verdoppelter Gewalt ein, so daß sie den Kampf aufgeben mußte. Vollständig von ihrer Migräne besiegt, taumelte sie auf ihr Bett nieder, ohne daß ihr irgend ein andres Bewußtsein übrig geblieben wäre, als das ihrer Schmerzen.
Es war eine gräßliche Migräne diesmal, eine von jenen Migränen, die einem langsam alle Glieder lähmend den Rücken hinaufschleicht und sich triumphierend mit den tückischten Martern im Kopf festnistet, so daß dieser sich nicht anders fühlt, als ein riesiger hohler Zahn, in dem tausend Kobolde mit glühenden Eisen herumstechen, ein Zustand, in dem jeder Gedanke Wahnsinn, jede Bewegung tödliche Übligkeit zur Folge hat.
Emma Ginori hatte aufgehört, zu denken, und versuchte nicht mehr, sich zu bewegen. Sie lag auf ihrem Bett wie erschlagen und merkte es kaum, wenn die Kammerjungfer das nasse Tuch auf ihrer Stirn wechselte.
Nach und nach verfiel sie in eine Art dumpfen Schlaf, einen Schlaf, der keine Erquickung brachte, sondern in dem ihre Schmerzen deutlich fortfuhren, sie zu peinigen; sie schlief fester, immer fester, aber böse Träume plagten sie. Immer wieder verfolgte
Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 2, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/162&oldid=- (Version vom 1.8.2018)