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Seite:Vollmondzauber.djvu/108

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einer Trauerweide vorüberspaziert, so steckt die Trauerweide alle Äste in die Höh’.“

Der Oberst lächelte; er fragte nach allem möglichen, besonders wo und wie Annie erzogen worden sei, welcher Art ihre Eltern gewesen wären. Im Laufe der Fahrt rückte Swoyschin mit der ganzen Biographie seiner herzigen Cousine heraus.

Annies Eltern waren ihrer Zeit die zwei schönsten Menschen in Österreich gewesen, aber um ihren Hausstand zu gründen, hatten sie nichts gehabt als ihre herzliche Liebe und ein Gut in Südtirol, das dem jungen Ehemann gehörte, und von dem die beiden gehofft hatten, daß es etwas tragen würde. Es hatte nichts getragen, wenigstens nicht viel, nur gerade genug, um sich ungestört lieben und ein halbes Dutzend Kinder in die Welt setzen zu können. Die Kinder wurden von einem alten Engländer erzogen, der, im Lauf seiner Reisen eines Tages zufällig von den Schönheiten des cypressenumstandenen Schlößchens gefesselt, sich darin eingemietet hatte. Da ihm die Luft sehr gut bekam, blieb er in dem Eulennest bis an sein seliges Ende. Anstatt Kostgeld zu zahlen, unterrichtete er die Kinder. Infolgedessen waren sie samt und sonders ungewöhnlich gebildet. In den Sommermonaten waren sie vielfach barfuß gelaufen, aber sie hatten alle den Shakespeare in der Originalsprache gelesen. Das Barfußgehen hatte ihnen übrigens nicht

Empfohlene Zitierweise:
Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 1, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/108&oldid=- (Version vom 1.8.2018)